Das Nestlé-Gelände liegt direkt an den Gleisen in Ludwigsburg. Auf der anderen Seite befinden sich der Bahnhof und der Busbahnhof. Foto: Kuhnle/Archiv

Weil in Mainz ein Werk geschlossen wurde, muss in Ludwigsburg mehr Ersatzkaffee produziert werden. Dass Nestlé Flächen freiräumt für Unternehmen aus der Kreativbranche, ist damit vom Tisch. Für den Bau einer zweiten Bahnhofsunterführung gibt es aber einen Plan B.

Ludwigsburg - Lange haben das Rathaus und Nestlé verhandelt, und abgeschlossen sind die Gespräche noch nicht. Aber jetzt steht fest: Die ursprünglichen Pläne zur Umgestaltung des Fabrikgeländes am Ludwigsburger Bahnhof, auf dem das Unternehmen seit fast 150 Jahren Ersatzkaffee produziert, können nicht in Gänze umgesetzt werden. Weil Nestlé das Produktionsvolumen in Ludwigsburg nicht senkt, sondern nun sogar noch erhöht, wird der Standort weiterhin in vollem Umfang benötigt. „Wir brauchen den gesamten Platz“, bestätigt der Werksleiter Thomas Mathar auf Nachfrage unserer Zeitung.

Für die Stadt ist das ein Rückschlag. Zum einen, weil dies den Bau einer zweiten Unterführung vom Zentralen Omnibusbahnhof in Richtung Weststadt deutlich erschwert. Zum anderen, weil das Rathaus sich zuletzt dafür eingesetzt hatte, dass das Areal westlich der Gleise aufgewertet wird. Und daraus wird nun erst einmal nichts. „Dass wir Immobilien einer anderen Nutzung zuführen, ist vom Tisch“, sagt Mathar.

Das Rathaus hatte gehofft, dass sich weitere Firmen am Bahnhof ansiedeln

Noch im vergangenen Mai hatte sich der Oberbürgermeister Werner Spec optimistisch gezeigt. Die Stadt hatte zwar nie vor, Gebäude von Nestlé zu übernehmen. Aber sie hatte gehofft, dass auf dem Fabrikgelände Platz frei wird für Unternehmen aus der IT- oder Kreativbranche. Schließlich soll das gesamte Gewerbegebiet in der Weststadt langfristig in einen Kreativstandort umgewandelt werden, intern ist gar die Rede von einem kleinen Silicon Valley.

Das Rathaus verbindet damit die Hoffnung auf neue und vor allem zukunftsträchtige Arbeitsplätze. Er könne noch nicht auf Details eingehen, sagte Spec damals mit Blick auf die anstehenden Veränderungen bei Nestlé. „Aber es gibt eine Vielzahl von Optionen, die auch für die Stadt interessant sind.“ Man spüre, dass die Gegend zunehmend attraktiv für innovative Unternehmen werde.

Tatsächlich hat Nestlé bereits ein Gebäude auf dem Firmengrundstück an eine IT-Firma vermietet, aber dabei wird es erst einmal bleiben. Der Grund: Nestlé hat Ende 2017 ein Werk in Mainz geschlossen, und Teile des dort weggefallenen Produktionsvolumens müssen nun in Ludwigsburg gestemmt werden.

Welche Auswirkungen dies auf die Planung der zweiten Unterführung am Bahnhof hat, ist noch unklar. Vorgesehen war, die Gleise zwischen dem Bahnhofs-Hauptgebäude im Norden und der Fußgängerbrücke im Süden, dem sogenannten Franksteg, zu untertunneln. Denn die bereits existierende Unterführung ist völlig überlastet.

Am Zentralen Omnibusbahnhof (ZOB) müssten dafür mehrere Läden weichen, was aber keine gravierende Hürde darstellt, weil der ZOB in den kommenden Jahren sowieso komplett umgestaltet werden soll. Auf der anderen Seite der Schienen aber liegt das Nestlé-Grundstück, und das heißt zwangsläufig: Soll dort eine Unterführung verlaufen, ist die Stadt auf das Entgegenkommen des Lebensmittelkonzerns angewiesen. „Die Gespräche laufen positiv, wir sind optimistisch“, sagt der Ludwigsburger Chefstadtplaner Martin Kurt, und nutzt damit fast dieselben Worte wie noch im Mai der Oberbürgermeister. Gänzlich unbegründet ist der Optimismus nicht, denn Nestlé ist offenbar gewillt, eine Lösung zu finden. Es gebe auf dem Fabrikareal ein weitgehend leer stehendes Gebäude, auf das man vielleicht verzichten könne, sagt Mathar. „Das könnte man als Portal für die Unterführung nutzen.“ Noch sei das indes nicht entschieden, und einfach sei die Umsetzung sicher auch nicht.

Die Unterführung am Busbahnhof soll trotzdem gebaut werden

Das Rathaus und Nestlé werden sich also zu weiteren Gesprächen treffen, aber ob und wann es zu einer Einigung kommt, kann niemand wissen. Da die Verwaltung allerdings bald die Planung für die ZOB-Umgestaltung konkretisieren will, drängt die Zeit – und aus dem Grund hat Martin Kurt bereits einen Plan B in der Tasche. In dem Fall würde die Unterführung zunächst nur vom Busbahnhof bis zu den Gleisen gebohrt, also ohne Ausgang auf der Westseite. „Man könnte das so konzipieren, dass man den Durchstich zu einem späteren Zeitpunkt nachholt“, sagt Kurt. „Wenn dann mit Nestlé eine Lösung gefunden wurde.“