Mit dem Schriftzug „Maria“ aus Kerzen wurde vor fünf Jahren auf den ungewöhnlichen Vermisstenfall hingewiesen. Foto: dpa

Fünf Jahre war sie untergetaucht und ist vor wenigen Tagen aufgetaucht. Nun hat die heute 18 Jahre alte Maria H. aus Freiburg der Polizei berichtet, wie sie sich durchgeschlagen hat.

Freiburg - Die fünf Jahre vermisste Maria H. aus Freiburg ist am Mittwoch von der Freiburger Polizei befragt worden. Die heute 18-jährige junge Frau war im Mai 2013 gemeinsam mit dem 40 Jahre älteren Elektriker Bernhard Haase offenbar nach Polen gereist. In Gorlice sei das ungleiche Paar nur kurz zusammen geblieben und habe dann getrennte Wege eingeschlagen, teilte die Polizei mit. Mit einem Fahrrad und einem Zelt fuhr Maria H. nach eigenen Angaben alleine durch mehrere osteuropäische Länder und kam nach etwa drei Monaten in Italien an, wo sie seitdem wohnte.Sie habe sich mit Gelegenheitsjobs wie Fensterputzen oder Hilfe im Haushalt über Wasser gehalten. Vor etwa zwei Jahren habe sie in Italien eine Wohnung bezogen. Ihren Lebensunterhalt habe sie weiterhin durch Jobben finanziert.

Aussagen werden von Ermittlern als glaubwürdig eingeschätzt

„Ja, das scheint möglich zu sein“, antwortet die Freiburger Polizeisprecherin Laura Riske auf die Frage, wie eine Minderjährige jahrelang durch Europa ziehen kann, ohne irgendwie aufzufallen. Offenbar haben weder Arbeitgeber noch Vermieter jemals einen Ausweis sehen wollen. Italienisch soll das Mädchen nicht gesprochen haben. „Wir nehmen ihre Angaben zur Kenntnis und gehen davon aus, dass sie die Wahrheit sagt“, so die Polizeisprecherin

Offenbar ist die Polizei selbst erstaunt über diese Wendung der Geschichte. Unausgesprochen sind wohl alle, die jahrelang nach Maria H. gesucht haben, ob polizeiliche oder selbsternannte private Ermittler, davon ausgegangen, dass das Paar gemeinsam in Osteuropa untergetaucht war. Spekulationen aller Art kursierten, von einer ungewöhnlichen Liebesbeziehung bis hin zu Entführung, Mord und Totschlag. Über den Verbleib von Bernhard Haase wisse sie nichts, hat Maria H. in der Befragung erklärt. Weil der Haftbefehl wegen des Verdachts auf Kindesentziehung und sexuellen Missbrauchs gegen Haase weiter besteht, will die Polizei nicht bekanntgeben, welche Angaben Maria H. über ihre Beziehung zu Haase gemacht hat.

Am 31. August war Maria H. zu ihrer Mutter nach Freiburg zurückgekehrt. Zuvor hatte sich die junge Frau bei ihrem Vater gemeldet, der dafür gesorgt hatte, dass die Vermisste in Mailand abgeholt wurde. „Sie hat vermutlich erst jetzt so richtig realisiert, wie dringlich die Suche nach ihr war“, sagte die Polizeisprecherin. Anscheinend hat das Mädchen auf ihrer Europa-Tour nicht mitbekommen, dass ihre Mutter mit Hilfe eines Unterstützerkreises im Internet und auf sonstigen Kanälen Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt hat, um mit ihrer Tochter wieder in Kontakt zu treten. Von einen „konkreten Heimweh“ habe Maria H. aber nicht gesprochen, eher habe sie den Eindruck gehabt, dass nun genügend Gras über die Angelegenheit gewachsen sei, so dass sie wieder Kontakt mit der Familie aufgenommen habe. Überraschenderweise mit dem Vater, der in der ganzen Suchaktion bislang öffentlich keine Rolle gespielt hat.

Polizei kündigt an, dass weitere Befragungen folgen

Die Befragung von Maria H. wird fortgesetzt, wann, ist aber noch nicht bekannt. Auch nicht, ob es seitens der Polizei darüber noch einmal eine Mitteilung geben wird. Weil Maria H. keiner Straftat verdächtigt wird und keiner Bedrohung ausgesetzt ist, ist sie auf freiem Fuß und steht nicht unter Polizeischutz.

Über Facebook hat Maria H. kurz nach der Befragung eine eigene Erklärung verbreitet, in der sie angibt, in Gorlice von Haase geflohen zu sein, nachdem sich sein Verhalten ihr gegenüber „täglich verschlechtert“ habe. Sie habe jedoch Angst gehabt, in ein Kinderheim gesteckt zu werden, und sei daher weiter geflüchtet, ohne jemals ins Internet zu schauen. Erst als Volljährige habe sie – aus schlechtem Gewissen – den Mut gefunden, sich wieder zuhause zu melden.