Redaktionshund Rudi will jetzt publizistisch tätig werden. Foto: Stoppel

Nach knapp acht Jahren als Hund für Alles gewährt Rudi Einblicke in den Redaktionsalltag der Rems-Murr-Redaktion.

Waiblingen - Fast acht Jahre lang hat er geschwiegen. Jetzt will Rudi, der schon jetzt wohl für alle Zeiten dienstälteste Praktikant der Stuttgarter Zeitung, sein Schweigen brechen. Exklusiv auf der Facebook-Seite der Rems-Murr-Redaktion (Rems-Murr-Report) will er nun in unregelmäßigen Abständen ausplaudern, was er unter den Schreibtischen der lokalen Zeitungsmacher aufschnappt.

Wer jetzt an Monica Lewinski oder ähnliche unappetitliche Überlieferungen denkt, sollte sich schämen. Rudi sitzt gerne unter dem Schreibtisch, denn er ist ein Hund – natürlich ein ganz besonderer.

Von Apulien zur Stuttgarter Zeitung

Über die Kindheit des vierbeinigen Mitarbeiters mit Migrationshintergrund ist wenig bekannt. Einfach ist sie sicher nicht gewesen, denn sie führte in ein staatliches „Tierheim“ im italienischen Apulien, wo Streunern in der Regel nur eine kurze Lebensdauer zugebilligt wird. Dank einer humanitären Schleuserin wurde er in eine Asylunterkunft nach Filderstadt gerettet und gelangte so in die Arme und das Herz einer späteren Kollegin, die ihre Einstellung in der Rems-Murr-Redaktion der Stuttgarter Zeitung von eben jenem Praktikum ihres Gefährten abhängig machte.

Das war im März des Jahres 2009. Seither ist Rudi über seine lernende Rolle längst hinausgewachsen. Seine Qualitäten als Motivator, Streitschlichter oder Therapeut werden nicht nur intern geschätzt.

So hat er es mit nur zwei Sitzungen, wohldosiert über zwei Jahre hinweg, geschafft, einer hoch gestellten Verwaltungspersönlichkeit wieder mehr Selbstvertrauen einzuimpfen. Das Stadtoberhaupt aus dem Remstal – so viel sei an dieser Stelle verraten, weitere Enthüllungen folgen auf Facebook – litt eigenen Eingeständnissen zufolge an Angstzuständen im Umgang mit vierbeinigen Kommunikationspartnern. Auf Drängen von Rudi beschloss er, seiner Phobie aktiv entgegen zu wirken. Seither stellt er sich einmal im Jahr, immer vor Weihnachten, einer Raubtierfütterung – mit Saitenwürstle und durchaus wachsendem Selbstbewusstsein.

Saitenwürstle als Therapiemittel

Dass er den Rathauschef bereits gänzlich austherapiert hat, das will sich Rudi nicht anmaßen. Dafür sind zwei Sitzungen für eine offenkundig tief sitzende Psychose sicherlich nicht ausreichend – und Saitenwürstle für einen mehr als unterbezahlten Therapeuten zugegebenermaßen ein nicht zu unterschätzendes Zubrot.

Doch jetzt will Rudi beruflich ohnehin zu neuen Ufern aufbrechen, seine zweite Karriere starten und publizistisch tätig werden. Nicht nur Rathauschefs, auch die Kollegen werden sich warm anziehen müssen, denn Rudi will – wie könnte er auch – bei seinen Beiträgen keine Hand vor den Mund nehmen.