Mit üppigem Selbstbewusstsein: Models mit Übergröße beim Casting Foto: RTL

Jana Ina Zarrella ist als Model und Moderatorin dick im Geschäft: RTL 2 startet die zweite Staffel von „Curvy Supermodel“.

Stuttgart - Noch keine Sekunde der neuen Folgen von „Curvy Supermodel“ ist auf RTL 2 zu sehen gewesen, da beschenkte die „Bild“ den Privatsender bereits mit der ersten Schlagzeile: „Kein schöner Zug“ titelte das Blatt Ende Juni und empörte sich damit nicht etwa über RTL 2, sondern über die Bahn, die ein Kampagnen-Motiv von „Curvy Supermodel“ aus ihren Bahnhöfen mit der Begründung verbannte, die Damen auf dem Werbeplakat seien zu nackt. Die Hand vor der Brust sei als Bedeckung nicht ausreichend, so die Bahn.

Touché! Besser geht’s nicht für die Fernsehmacher aus München, die von diesem Montag an ihre – so die PR – „revolutionäre Castingshow“ mit enormem Werbeaufwand in die zweite Staffel schicken. Auch auf Litfaßsäulen und Häuserfassaden gibt es Aufmerksamkeit satt für die kurvigen Nachwuchsmodels, wobei es doch sehr erstaunt, mit wie – im wahrsten Sinn des Wortes – wenigen Mitteln sich noch immer Empörungswellen provozieren lassen.

Seit elf Jahren lässt Heidi Klum junge Frauen in Unterwäsche und manchmal auch nur von einem Farbklecks bedeckt vor der Kamera posieren, anfangs stets begleitet von viel Lärm und Schimpf. Fortwährend kritisiert werden allerdings weniger die nackten Tatsachen als der Umstand, dass „Germany’s Next Topmodel“ ein gefährliches Vorbild für Mädchen liefere. Sie würden durch die Sendung zum Hungern animiert – ein Vorwurf, den man dem RTL-2-Pendant, das im Prinzip nach denselben Regeln funktioniert, nun beileibe nicht machen kann.

Die Moderatorin präsentiert sich als „working mom“

Unter „Revolution“ versteht der Sender nämlich, dass bei „Curvy Supermodel“ Schönheit nicht mit dem Maßband gemessen wird. Auf die Modelmaße 90-60-90 werden hier ein paar Zentimeter mehr draufgepackt. Schön ist, was Kurven und idealerweise eine Sanduhrform hat. „Curvy Models können mehr essen als dünne Models“, fasst Jana Ina Zarrella zusammen.

Die ehemalige (1998!) „Miss Intercontinental“ ist als Jurorin zum Format neu hinzugestoßen. Überhaupt hat RTL 2 bis auf Angelina Kirsch, die als Übergrößenmodel international gefragt ist, die Jury von „Curvy Supermodel“ komplett ausgetauscht. Weil Motsi Mabuse wohl mit „Let’s Dance!“ (RTL) zu tun hat, darf jetzt Jana Ina Zarrella an ihrer Stelle ran. Und die schwärmt: „Bei der zweiten Staffel wird alles noch größer.“ Ihre eigenen Maße meint sie damit nicht. Mit 41 Jahren und zwei Kindern ist Jana Ina Zarrella als noch immer superschlankes Model dick im Geschäft: ein Fitness-Video hier, eine Schmuckkollektion dort, Laufstegjobs, Werbeeinsätze für Discounter und zwischendurch Auftritte in Shows wie „Paarduell“ (ARD) gemeinsam mit ihrem Mann Giovanni Zarrella. Warum aber ausgerechnet sie geeignet ist, um über Model-Aspirantinnen zu richten, die mindestens drei Kleidergrößen mehr tragen als sie selbst?

Um diese Frage mit Jana Ina Zarrella zu besprechen, brauchte es ein paar Anläufe. Den ersten Termin hatte sie, die sich in den sozialen Medien als „working mom“ präsentiert, prompt verschwitzt. Und beim zweiten Anlauf meldete sie sich mit fröhlicher Verspätung von einer Viertelstunde direkt von der Autobahn. Zeit ist nach brasilianischem Maßstab – und das ist kein Klischee, sondern gelebte Erfahrung – eben relativ.

Von wegen Dicke seien unglücklich

„Ein Model ist ein Model. Egal ob kurvig oder dünn“, sagt Jana Ina Zarrella energisch ins Autotelefon, als die Verbindung endlich steht. Die Anforderungen an den Job seien immer gleich. Erst kürzlich habe sie gemeinsam mit der Ko-Jurorin Angelina Kirsch auf demselben Catwalk Mode präsentiert. „Deshalb fällt es mir auch überhaupt nicht schwer, mich in die Lage unserer Mädels hineinzuversetzen.“ Mit ihrer über zwanzigjährigen Erfahrung im Model-Geschäft wolle sie den Nachwuchsmodels helfen, „einen guten Weg in diesen Beruf zu finden“.

Wie gut Zarrella das gelungen ist, lässt sich nicht sagen, da der Sender vorab kein Sendematerial an die Presse herausgab. Die erste Staffel „Curvy Supermodel“ jedenfalls, im vorigen Herbst ausgestrahlt, musste Kritik einstecken: Die Teilnehmerinnen würden (die Unterwäsche!) vorgeführt und bloßgestellt. Gar nicht gut kam an, dass einige Bewerberinnen ihre Klum-Schwestern im Geiste als „Hungerhaken“ schlecht redeten, um sich selbst „aufzuwerten“. Und weil eine junge Frau in Tränen ausbrach, als sie von Mobbing in der Schule erzählte, sah manch Kritiker das Klischee von der „unglücklichen Dicken“ bedient.

Spricht man Jana Ina Zarrella darauf an, wird sie ein bisschen fuchsig. „Die meisten Menschen, die auf die Model-Formate draufhauen, haben keine Ahnung vom Geschäft. Sie kritisieren, dass die Mädels nur nach ihrem Aussehen beurteilt werden. Ja, und? Models leben nun mal von ihrem Aussehen. Es ist eine oberflächliche Welt.“

Dem ist im Prinzip nichts hinzuzufügen.