Eins der umstrittenen Projekte ist der Annonay-Park an der Murr. Foto: Stoppel/Archiv

Das Regierungspräsidium Stuttgart prangert an, dass die Stadt Backnang gegen das Wasserhaushaltsgesetz verstoße. In der Kritik stehen ein Parkhaus direkt am Murrufer und der Annonay-Garten neben dem Feuerwehrgerätehaus.

Backnang - In zwei Fällen habe die Stadt Backnang rechtswidrig gehandelt. Mit diesem Satz beginnt ein dreiseitiges Schreiben des Regierungspräsidium (RP) Stuttgart an den Backnanger Oberbürgermeister, Frank Nopper (CDU), das aufhören lässt. Die Aufsichtsbehörde prangert an, dass in Backnang in Überschwemmungsgebieten gebaut worden sei. Wolfgang Reimer von RP findet deutliche Worte: Die Stadt Backnang weigere sich beharrlich und unter Verstoß gegen die grundlegenden Prinzipien des Verwaltungsrechts, „die fachaufsichtlichen Vorgaben der ihr im Rahmen des Wasserrechts weisungsbefugten Behörden zu folgen“. Das ist ziemlich starker Tobak.

Konkret geht es um den Bau eines Parkhauses direkt am Ufer der Murr sowie um den Bau des sogenannten Annonay-Gartens neben dem Feuerwehrgerätehaus. Örtliche Umweltschützer, speziell der Vorsitzende des Bunds für Umwelt und Naturschutz, Andreas Brunold, hatten immer wieder erklärt, dass Backnang aus ihrer Sicht gegen geltendes Recht verstoße. Bis dato hatten Nopper und seine Kollegen der Verwaltungsspitze gebetsmühlenartig erklärt: Im Falle des Parkhauses sei alles mit rechten Dingen zugegangen. Zum Thema Annonay-Garten sagte der Oberbürgermeister im Mai im Gemeinderat: „Asche auf unser Haupt. Ja, wir haben – formal betrachtet – einen Fehler gemacht.“ Einen Fehler indes, der den Bürgern und Anwohnern bei Hochwasser keinen Schaden zufügen könne. Zudem werde nachgebessert.

Zusätzliche Retentionsfläche beim Freibad

Die Stadt werde noch in diesem Jahr in der Nähe des Freibads zusätzliche Retentionsfläche schaffen, dort werde ein sogenanntes Überflutungsvolumen von rund 180 Kubikmetern entstehen. Damit, so die Einschätzung der Verwaltung, sei die Kommune aus dem Schneider. Wer den Brief des PR liest, könnte zu einem anderen Schluss kommen. Der Pressesprecher der Stadt erklärte am Dienstag auf Anfrage, dass die Kommune mit einer Stellungnahme zum aktuellen Schreiben der Aufsichtsbehörde mindestens bis Mittwoch warten wolle. Denn man stecke voll in den Vorbereitungen der Backnanger Wirtschaftsgespräche.

Die Stadt hatte früher argumentiert, dass die baurechtliche Genehmigung für das Parkhaus vor der Novellierung des Wasserrechts erteilt worden sei. Die Bauarbeiten hatten indes erst nach dem Stichtag begonnen. Auf diese Weise, so die Auffassung des Regierungspräsidiums, könne das Recht nicht ausgelegt werden.

Weitere umstrittenen Bauprojekte

Das RP erläutert das Wasserhaushaltsgesetz so: In Überschwemmungsgebieten „bedarf die Errichtung oder Erweiterung baulicher Anlagen grundsätzlich einer Genehmigung“. Zulässig seien Bauprojekte auf solchen Flächen nur, wenn „der Verlust von verloren gehendem Retentionsraum zeitgleich ausgeglichen wird“. Das Vorgehen der Stadt sei rechtswidrig. Reimer: „Wir behalten uns in Hinblick auf diesen Vorgang weitere rechtliche Schritte vor.“

Das RP hat jetzt vier weitere Bauprojekte aufgelistet, bei denen schnell geprüft werden soll, ob diese „im Lichte des Wassergesetzes rechtmäßig abgewickelt wurden“. Die Behörde erwarte dazu Erläuterungen von der Stadt – bis zum 15. Juli.