In der Dissertation von Franko Röckel geht es unter anderem um den roten Riesling Foto: /Frank Eppler

Im Rahmen seiner Doktorarbeit hat sich Franko Röckel mit dem Roten Riesling beschäftigt. Dieser ist nicht nur eine Besonderheit, sondern genießt nun den Status als eigenständiger Klon.

Weinbau - Der rote Riesling – Mutation des Weißen Riesling“, so lautet die Überschrift eines Fachbeitrags, den Franko Röckel über eine Rebsorte geschrieben hat, die es in Württemberg ausschließlich im Weinberg des Großheppacher Weinguts Ellwanger gibt. Der Mann, der auch seine Doktorarbeit über rote Farbmutanten weißer Weinsorten geschrieben hat, hat dabei nebenher nachgewiesen, dass es sich bei jenem roten Riesling aus dem Remstal tatsächlich um einen eigenständigen Klon handelt. Sprich: um eine Mutation mit für die Klassifizierung ausreichend vielen sicht- oder messbaren genetischen Einzelmerkmalen.

Ganz einzigartig ist der Ellwangersche rote Riesling allerdings nicht. Auch das haben die entsprechenden Nachforschungen des Aromagenetikers am Julius-Kühn-Institut bei Landau ergeben. In der Pfalz gibt es denselben Gentypus offenbar ebenfalls – aber nur ein weiteres Mal.

Der erste Mutant findet sich zufällig im Geradstettener Wengert

Im Remstal ist die Riesling-Mutation mit der für die weiße Rebsorte absolut untypischen rötlichen Beerenfarbe vor gut 25 Jahren in einer alten Rebanlage bei Geradstetten entdeckt worden, berichtet Sven Ellwanger. Ein Rieslingstock ist dort dem Seniorchef Bernhard Ellwanger aufgefallen, mit roten Trauben, eine ganz besondere Mutation. Im Großheppacher Weingut ist der Sonderling mit den fleischfarbenen Trauben damals nach und nach weitervermehrt worden. Zunächst standen zwei Reihen des Roten Rieslings in Geradstetten. Seit 2005 sind in der Großheppacher Lage Steingrüble zwölf Ar mit 600 Reben der speziellen Rieslingsorte bestockt worden, heute wächst der rote Riesling auf etwa einem halben Hektar. Der 2008er war der erste Jahrgang, der zunächst mit einer entsprechenden Sondergenehmigung des Regierungspräsidiums in den Verkauf durfte – als Spätlese, gelesen mit 92 Grad Öchsle Mostgewicht.

Die Identifizierung genetischer Merkmale und ihre Lokalisierung in den Zellen ergeben wichtige Erkenntnisse auch für die Züchtung von Sorten, zum Beispiel für eine verbesserte Resistenz bei veränderten Klimabedingungen, erklärte jetzt der Rebengenetiker beim Besuch im Weingut mit dem roten Remstalriesling. Mutationen wie der rote Riesling seien eine wichtige genetische Ressource.

Ein Wein mit ganz eigener Geschmacksausprägung

So weit seien seine Überlegungen natürlich längst nicht gegangen, als er jenen mutierten Rebstock vor gut 25 Jahren im Geradstettener Wengert entdeckt habe, räumte Bernhard Ellwanger bei der an den Besuch im Wengert anschließenden Weinprobe mit weißem und rotem Riesling ein. „Ich fand’s einfach interessant und freue mich, wenn ich so was sehe.“

Zum Unterschied bei der Beerenfarbe kommt bei der ganz speziellen Remstäler Rieslingart nach dem Ausbau im Weinkeller auch eine ganz eigene Geschmacksausprägung. Anstelle der lebhaften Spritzigkeit eines weißen Rieslings kommt hier eine deutlich kräftigere Aromenstruktur zur Geltung, bei dezenter, stärker integrierter Säurestruktur. Viel Schmelz und eine facettenreiche Struktur bescheinigt Sven Ellwanger seinem 2018er roten Riesling. Und der Rebengenetiker vom Julius-Kühn-Institut hält sich beim Lob für den seltenen Remstäler aus den lachsfarbenen Beeren nicht zurück. „Erdig, phenolisch und angenehm kraftvoll“ sei der Tropfen.

Ach ja und nebenbei sei inzwischen auch die zunächst strittige Frage geklärt, wer denn nun einst zuerst da gewesen ist, der weiße oder womöglich doch der nun dann eben wiederentdeckte rote Riesling. Es sei tatsächlich der weiße Riesling gewesen, hat Röckel nachgewiesen, aus dem dann in unterschiedlichen Weingegenden rote Mutationen hervorgegangen seien.