Ein Blick auf die Rosensteinbrücke vor ihrer Sperrung. Die künftige Neckarquerung wird auf jeden Fall breiter werden, da unter anderem die Stadtbahnhaltestelle „Rosensteinbrücke“ auf die neue Brücke verlegt werden soll. Links ist die Wilhelmsbrücke zu sehen. Foto: Manfred Storck

Bis die neue Brücke über den Neckar in Bad Cannstatt steht, werden noch viele Jahre vergehen. Der Abbruch des maroden Bauwerks beginnt noch 2023 und ist im Sommer 2024 abgeschlossen.

Am 12. Mai 2022 ist die Rosensteinbrücke für Autos, Lastwagen sowie für die Busse und Bahnen der Stuttgarter Straßenbahnen AG gesperrt worden. Der Grund: Die Stahlbetonkonstruktion hat gravierende Mängel, zahlreiche Drähte im Inneren des Bauwerks sind korrodiert oder gar gebrochen. Nach weiteren Untersuchungen stand nur wenige Wochen später fest, dass die wichtige Neckarquerung aus dem Jahr 1953 nicht mehr zu retten ist. Seitdem arbeiten Stuttgarts Stadt- und Verkehrsplaner an einer neuen Rosensteinbrücke.

Stadt muss viele Themen berücksichtigen

Nun wurden im Rahmen einer Bürgerinformation im Kleinen Kursaal erste konkretere Pläne und Zeitschienen der Öffentlichkeit vorgestellt. Dabei wurde den knapp 80 Besuchern auch verdeutlicht, dass das Projekt mehr als nur eine neue Brücke darstellt. Denn die Stadt will die Chance nutzen, um verkehrlich und in etlichen Bereichen auch städtebaulich in Stuttgarts größtem Stadtbezirk aufzuräumen. Eine Herkulesaufgabe, denn neben dem neuen Verkehrstrukturplan für Bad Cannstatt und dem Klimamobilitätsplan spielt auch das Thema „Stadt am Fluss“ eine tragende Rolle. Wir haben die Eckpfeiler zusammengetragen.

Die Ausgangslage

Klar ist, dass die marode Brücke ersetzt werden muss. „Doch nicht nur das Aussehen muss geklärt werden, auch ihre künftige Funktionalität spielt eine gewichtige Rolle“, sagte Stephan Oehler, der Leiter der Abteilung Verkehrsplanung und Stadtgestaltung. Immerhin gab es im Gemeinderat schon erste Stimmen, die neue Brücke autofrei zu gestalten. „Die neue Rosensteinbrücke ist jedoch ein zentrales Element der Stadt am Fluss und des Verkehrsstrukturplans Bad Cannstatt mit herausragender Bedeutung für den Umweltverbund", betonte Oehler. Die Planung der Brücke müsse daher mit den angrenzenden Knotenpunkten und Freiflächen gedacht werden. „Sie soll die Umsetzung des Ideenwettbewerbs Neckarknie und das zukünftige Fuß- und Radwegenetz ermöglichen“, so Oehler.

Der Rückbau

Der Abbruch der Brücke ist komplex. „Wir müssen die Neckarschifffahrt berücksichtigen und sind dabei auf ein kurzes Zeitfenster im kommenden Jahr angewiesen“, saget Bastian Limberg vom Tiefbauamt. Die Abrisspläne werden derzeit ausgearbeitet. Die ersten Maßnahmen sollen im Herbst 2023 erfolgen. „Mit dem Abschluss des Rückbaus ist jedoch frühestens im Juli oder August 2024 zu rechnen“, so Limberg. Bis eine neue Neckarquerung an alter Stelle wieder zur Verfügung stehe, werde es grob geschätzt 2028.

Die neue Brücke

Die Verwaltung plädiert für eine Bogenbrücke. „Eine Bogenbrücke – wegen des Gewichts werden drei Bögen benötigt – ergibt Sinn, da so der Abstand zur Wasseroberfläche erhöht werden kann und größere Schiffe verkehren können“, sagt Martin Hasenäcker vom Amt für Stadtplanung und Wohnen. Berücksichtigt werden müssen jeweils die geplanten neuen „Neckarbalkone“ bei der Rillingmauer und beim Theaterschiff sowie die Anbindungen an das Rosensteinufer und an den Seilerwasen. Zudem soll die SSB-Haltestelle (U13 und U16) von der Pragstraße auf die neue Brücke verlegt werden. Der Vorteil: Die Anbindung der Altstadt an den ÖPNV werde in diesem Bereich extrem verbessert.

Verkehrliche Anforderung

Von der Größe her wird die neue Brücke mit rund 31 Metern sicher etwas breiter als die alte. Allein fünf Meter nehmen jeweils die beiden Gehwege in Anspruch. „Unser Ziel ist ein – was eine mögliche Nutzung angeht – flexibles Bauwerk“, so Andreas Hemmerich, Verkehrsplaner beim Stadtplanungsamt. Ob Autos über die neue Brücke fahren werden, muss der Gemeinderat in Absprache mit den Verkehrsbehörden entscheiden. Gesetzt ist jedoch die ÖPNV-Nutzung. „Die neue Brücke muss wieder eine direkte Führung der Stadtbahnlinien U13 und U16 sowie der Buslinien 52 und 56 ermöglichen“, so Hemmerich. Was der Gemeinderat bei seiner Entscheidung beachten sollte: Die Stadt muss zum Beispiel auf eine Sperrung des Rosensteintunnels reagieren können. „Und sollte die Sanierung der König-Karls- oder der Reinhold-Meier-Brücke anstehen, müssen wir den Verkehr ebenfalls entsprechend umleiten können“, so Hemmerich. Vor dem Hochbunker plant die Stadt im Bereich der Badstraße mit einem Kreisverkehr, was eine flexible Nutzung der neuen Rosensteinbrücke ermöglicht, auch für Radfahrer. Denn der Verlauf der Hauptradroute verläuft über die neue Brücke und dann weiter über die einmal zurückgebaute Pragstraße.

Visionen

Die Stadt will in den kommenden Jahren mit einem neuen Verkehrsstrukturplan Cannstatts Straßennetz neu sortieren, umstrukturieren und bündeln. Ziel der Stadt- und Verkehrsplaner ist ein „Straßenring“ zu installieren, der durchaus vergleichbar ist mit dem City-Ring in der Stuttgarter Innenstadt. Je weniger Verkehr in Richtung Altstadt rollt, um so größer ist die Chance, dort Straßen zurückzubauen und umzunutzen. Zum Beispiel die Überkinger Straße, die einmal zur Fahrradstraße umgebaut werden könnte.

Um dieses Ziel zu realisieren, müsste die Schmidener Straße „unterbrochen“ werden. „Das ist erst möglich, wenn die verkehrliche Voraussetzung am Augsburger Platz – also der Umbau zu einem Vollknoten – geschaffen wird“, erklärte Verkehrsplaner Hemmerich. Das Thema steht zwar oben auf der Agenda und spielt eine entscheidende Rolle im neuen Verkehrsstrukturplan, ein Ausbau ist jedoch erst in sieben bis acht, wenn nicht sogar erst in zehn Jahren realistisch. Das gleiche Zeitfenster prognostizierte der Verkehrsplaner auch für einen ins Gespräch gebrachten Altenburgtunnel, der zwischen Mahle unter der Altenburg in Richtung Münster die Neckarvorstadt weiter vom Verkehr entlasten soll.