Rosamunde Pilcher, die Grand Dame der leichten Unterhaltungsliteratur, feiert am kommenden Montag ihren 90. Geburtstag. Foto: dpa

Von den Kritikern belächelt und trotzdem millionenfach verkauft: Die Bücher von Rosamunde Pilcher sind vor allem in Deutschland ein großer Erfolg. Und vielschichtiger als mancher Kritiker glauben würde.

Von den Kritikern belächelt und trotzdem millionenfach verkauft: Die Bücher von Rosamunde Pilcher sind vor allem in Deutschland ein großer Erfolg. Und vielschichtiger als mancher Kritiker glauben würde.

„Das Taxi, ein alter Rover, in dem es nach abgestandenem Zigarettenqualm roch, rumpelte gemächlich die leere Landstraße entlang.“ Mit diesem ersten Satz stellte sich die Autorin Rosamunde Pilcher bei ihren deutschen Lesern 1990 im Roman „Die Muschelsucher“ vor. Seitdem stieg sie weltweit zu einer der erfolgreichsten Autorinnen auf, am kommenden Montag feiert sie ihren 90. Geburtstag.

Über die Bedeutung eines ersten Satzes ließe sich trefflich streiten. Zumindest aber gab er in diesem Fall einen erstaunlich präzisen Vorgeschmack auf die 17 Pilcher-Romane, die ihm folgen sollten: Die ländliche Idylle Großbritanniens gepaart mit einer alles in allem gemächlich dahinrumpelnden Handlung.

Ein Rezept, das in der Belletristik keineswegs neu, aber doch immer wieder enorm erfolgreich ist. Allein im deutschen Rowohlt-Verlag konnte Pilcher bis dato an die 15 Millionen Bücher verkaufen – Buchclub-Ausgaben nicht mitgerechnet. Weltweit soll die Zahl bei mehr als 60 Millionen liegen. Die Verfilmungen des ZDF, das sich die weltweiten Filmrechte am Pilcher-Werk sicherte, lockten auch im laufenden Jahr im Schnitt mehr als sechs Millionen Zuschauer vor die Schirme. An diesem Sonntag mit „Anwälte küsst man nicht“ mit Esther Schweins. Laut ZDF sind die meisten Zuschauer – wenig überraschend – weiblich und über 50 Jahre alt.

Von der Kritik belächelt

So groß der Erfolg von Pilcher war und ist, so gering ist die Aufmerksamkeit, die der intellektuelle Literaturbetrieb für sie übrig hat. Gerne wird das Familienidyll Pilchers als kitschig und unzeitgemäß bezeichnet. Doch die Romane nur als seichte Schnulzen abzutun griffe zu kurz. Immerhin gelang es Pilcher, ihre Figuren stets um die großen Lebensfragen kreisen zu lassen: Liebe, Lüge, verletztes Ehrgefühl, Vorurteile. Dies alles in einer Sprache, die recht genau den bevorzugten Landschaften der Autorin mit ihren sanften Hügeln gleicht. Und, ja, immer in ein harmonisches Ende mündend.

Erfolge feierte die 1924 in Lelant/Cornwall geborene Pilcher keineswegs auf Anhieb. Als ihr 1987 der internationale Durchbruch mit „Die Muschelsucher“ gelang, sah sie mit 63 Jahren schon ihrem Rentenalter entgegen. Mit dem Schreiben begann sie im Alter von 15 Jahren. Zunächst Kurzgeschichten, später immer häufiger auch Romane, die zunächst unter dem Pseudonym Jane Fraser erschienen. Das Ende des Zweiten Weltkriegs erlebt Pilcher als Sekretärin im britischen Außenministerium in Sri Lanka. 1946 heiratet sie den Textilunternehmer Graham Pilcher, die beiden ziehen in die Nähe der schottischen Großstadt Dundee. Dort lebt sie bis heute, fürs Schreiben fühlt sie sich allerdings seit drei Jahren zu alt.

Wie Rosamunde Pilcher ihren Geburtstag feiern wird, ist nicht bekannt. Den britischen Verdienstorden Officer of the Order of the britisch Empire verlieh ihr die Queen bereits 2002. Eine weitere Ehrung erfährt Pilcher dieser Tage in Bude, Cornwall. Dort würdigen Kunsthandwerker und Künstler die Schriftstellerin auf einem Festival und  feiern zugleich den 25. Geburtstag ihres ersten Romans – dieser und alle weiteren lockten vor allem aus Deutschland unzählige Touristen nach Cornwall. (jps)