Blutdruck in Ordnung – Roosa Koskelo kann wieder jubeln. Foto: Baumann

Die finnische Volleyballerin Roosa Koskelo von Allianz MTV Stuttgart wurde 14-mal untersucht, bis die Ärzte endlich eine Erklärung für ihre Blutwerte hatten.

Stuttgart - Sichtlich geschafft trabte Roosa Koskelo am späten Samstagabend ins Foyer der Scharrena. Der Applaus der Stuttgarter Fans nach dem knappen 3:2 (26:24, 21:25, 23:25, 25:21, 15:7)-Erfolg zum Saisonauftakt in der Volleyball-Bundesliga gegen den VC Wiesbaden zauberte aber schnell ein Lächeln ins Gesicht der neuen Libera der MTV-Frauen. „Die Intensität in der deutschen Liga ist viel höher, in jedem Spiel bist du gefordert“, sagte die Finnin, die im Sommer vom slowenischen Meister Branik Maribor an den Neckar wechselte. Das straffe Auftaktprogramm mit fünf Spielen in 17 Tagen ging an der Abwehrspezialistin – wie der gesamten Mannschaft – nicht spurlos vorbei.

Drei Tage nach dem 1:3 in der Champions League bei Volei Alba Blaj schickte Cheftrainer Giannis Athanasopoulos eine neue erste Sechs aufs Feld. Die ausgeruhten Sarah Wilhite, Pia Kästner und Micheli Tomazela Pissinato sollten dem Stuttgarter Spiel neue Frische geben. Ein Plan, der nicht aufging. Gegen hellwache Gäste fand der MTV nicht ins Spiel: durch technische Fehler in der Abwehr und im Angriff lief der Vizemeister im ersten Satz lange einem Rückstand hinterher. Mit einem Kraftakt drehten die müde wirkenden Stuttgarterinnen einen Vier-Punkte-Rückstand (14:18) noch zum Satzgewinn. „Wir haben gegen einen starken Gegner sehr schwer ins Spiel gefunden“, ärgerte sich Athanasopoulos, dessen Laune sich in den folgenden Sätzen nicht aufhellen sollte. Zu passiv und fehlerhaft agierte sein Team und überließ dem VC Wiesbaden die Spielkontrolle und die nächsten beiden Sätze (21:25, 23:25). „Das war unsere schwächste Leistung. Das lässt sich nicht durch die kurze Regenerationszeit entschuldigen“, sagte die sportliche Leiterin Kim Renkema.

3:2-Sieg gegen Wiesbaden

Dass die Stuttgarterinnen und die meisten der 1754 Zuschauer nach rund zweieinhalb Stunden doch noch jubeln durften, war dem Kampfgeist und den erfahrenen Kräften im Team zu verdanken. Angeführt von der Kapitänin Deborah van Daelen (14 Punkte), die die Auszeichnung der wertvollsten Spielerin erhielt, steigerten sich die Gastgeberinnen vor allem im Angriff. Mit viel Durchschlagskraft der Außenangreiferinnen Julia Schäfer (18 Punkte) und Jana Poll (17) zermürbte der MTV die Wiesbadenerinnen und drehte die Partie noch zum 3:2-Erfolg. „Durch einige Wechsel haben wir mehr Ruhe und Kontrolle ins Spiel bekommen. Das war der Schlüssel zum Sieg“, sagte Coach Athanasopoulos. Keinen Wechsel nahm der 40-Jährige auf der Libero-Position vor. Die Kleinste im Team hatte wieder die größten Spielanteile. Denn das Vertrauen der Verantwortlichen in die 1,64 Meter große Roosa Koskelo ist stark ausgeprägt. „Sie ist ein absoluter Volltreffer und hat unsere Erwartungen sogar noch übertroffen“, sagte Kim Renkema über die 27-Jährige. Dass die Finnin überhaupt das MTV-Trikot tragen würde, stand lange auf der Kippe. Bei den medizinischen Tests zum Beginn der Vorbereitung im August wurden Unregelmäßigkeiten des Blutdrucks diagnostiziert. Der Wechsel drohte zu platzen, sogar ein Karriereende stand im Raum. Nach fünf Wochen der Ungewissheit und 14 Untersuchungen bei Spezialisten in Finnland kam die erlösende Nachricht: Rosa is back! „Ich war immer optimistisch und durch die richtige Medikation bin ich voll belastbar“, sagt die Finnin.

Der starke Saisonstart der Nationalspielerin sorgte nicht nur bei Athanasopoulos, den Koskelo bei einem Trainingscamp In Deutschland überzeugte, für Erleichterung. „Sie hat uns das Gefühl gegeben, dass sie unbedingt nach Stuttgart will“, verrät Kim Renkema, „deshalb haben wir trotz aller Schwierigkeiten an Roosa festgehalten.“

Annie Cesar braucht Geduld

Trotz der verspäteten Ankunft hat die Abwehrspezialistin schnell ihre Rolle im Team gefunden. Gemeinsam mit Annie Cesar bildet Koskelo ein starkes Duo. „Die beiden sind auf einem ähnlichen Niveau“, sagt Athanasopoulos, wobei die Finnin wegen ihrer Erfahrung in den wichtigen Spielen zuletzt den Vorzug erhielt. Doch auch von der 20-jährigen Cesar ist er überzeugt: „Annie profitiert von der Konkurrenzsituation und wird bald ihre Spielzeit bekommen..

Bereits an diesem Dienstag (19 Uhr/Live im SWR-Stream) steht mit dem Rückspiel in der Champions-League-Qualifikation die nächste Partie in der Scharrena an. Koskelo würde sich nach dem intensiven Auftakt über eine Verschnaufpause freuen. Denn richtig angekommen ist der Sneaker-Fan in der neuen Heimat noch nicht. „Wenn wir sonntags mal frei hatten, haben alle Geschäfte geschlossen. Viel gesehen habe ich noch nicht.“ Könnte sein, dass sich das so schnell nicht ändert.