Das Amtsgericht Göppingen war viele Jahre lang Wolfgang Rometschs Arbeitsplatz. Foto: Horst Rudel

Wolfgang Rometsch verlässt das Göppinger Amtsgerichts und geht in den Ruhestand. Der Mann der eher leisen Töne verrät, warum er bis zum 68. Lebensjahr gearbeitet hat.

Göppingen - Ein Mann der eher leisen Töne verlässt die Stadt. Wolfgang Rometsch wirkte 18 Jahre lang als Direktor des Göppinger Amtsgerichts. Rometsch war Jugend- und Schöffenrichter, außerdem leitete er die Jugendarrestanstalt Göppingen, eine von lediglich zwei Einrichtungen landesweit. Bei einer Feierstunde im Märklinsaal der Göppinger Stadthalle verabschiedet der Ulmer Landgerichtspräsident Lutz-Rüdiger von Au den Juristen an diesem Montag in den Ruhestand. Zugleich wird sein Nachfolger Hermann Steinle ins Amt eingeführt.

Rometsch hat immer gerne in Göppingen gearbeitet

Eher mit einem weinenden als einem lachenden Auge lasse er seine Aufgaben hinter sich, beschreibt Rometsch seine enge Bindung an das Gericht. Er habe immer sehr gerne in Göppingen gearbeitet. Seine Freude am Beruf lässt sich auch daran ablesen, dass der Ulmer nun erst mit 68 Jahren seinen Abschied nimmt und damit die Lebensarbeitszeit für Richter maximal ausgefüllt hat. Das sei allerdings gar nicht ungewöhnlich, beteuert Rometsch, sondern typisch für seinen Berufsstand. Viele Richter arbeiteten deutlich über die Regelaltersgrenze hinaus; und das sei mit der hohen Berufszufriedenheit zu erklären. „Ich habe mir nicht eingebildet, dass ich mit meinem Urteil die Dinge grundsätzlich ändern kann“, sagt der scheidende Amtsgerichtsdirektor, der nach dem Studium in Freiburg berufliche Stationen als Zivilrichter beim Landgericht Ulm und als Leiter der Justizvollzugsanstalt Ulm absolvierte. Aber Anstöße habe er gerade als Jugendrichter schon geben wollen – auch wenn die Rückfallquote mit mehr als 50 Prozent bei den Delinquenten sehr hoch sei.

Die entscheidende Rolle der Elternhäuser

Rometsch erklärt dies mit der Vorgeschichte seiner Klientel. „Die Lebensläufe gleichen sich auf erschreckende Weise. Viele der jungen Leute, die vor Gericht landen, sind auf sich selbst gestellt“, berichtet er und beschreibt den Fall eines 17-Jährigen, der sich vor Gericht verantworten musste. Dessen Mutter teilte dem zuständigen Sozialarbeiter mit, dass sie umgezogen war. Ihre neue Adresse solle der Sohn aber nicht erfahren.

„Die Elternhäuser spielen eine ganz entscheidende Rolle“, meint Rometsch, der bei vielen jungen Straftätern immer wieder eine mangelhafte Sozialisation und ein schädliches Umfeld beobachtet hat. „Viele haben schon Probleme in der Schule und schaffen später keinen Berufsabschluss.“ Und so reihe sich eine schlechte Erfahrung an die nächste. Viele könnten den Kreislauf von Straftaten und Verurteilungen erst im Laufe der Jahre durchbrechen. Das daure häufig bis zum 40. Lebensjahr: „Dann haben sie irgendwann die Schnauze voll“, vermutet der Jurist.

Viele junge Straftäter haben Probleme mit dem Selbstwertgefühl

Die zunehmende Respektlosigkeit, die junge Delinquenten gegenüber der Polizei und den Behörden an den Tag legten, hat der erfahrene Richter bisher auf seine Weise gekontert: „Wenn ich dem Angeklagten meinen Respekt signalisierte, hatte ich damit am meisten Erfolg, denn das ist etwas ganz Generelles.“ Er habe damit auf die erheblichen Probleme reagiert, die jugendliche Straftäter häufig mit ihrem Selbstwertgefühl hätten. Und hier habe er eine andere Rolle einnehmen können als beispielsweise die Polizei. Einen wichtigen Part misst Rometsch auch dem Sozialdienst und der engen Zusammenarbeit mit dem Jugendamt und der Polizei zu.

Diese Kooperation sei sehr wertvoll, um die Verfahrenszeiten möglichst kurz zu halten. Man wolle die jungen Straftäter zeitnah zur Verantwortung ziehen und den Teufelskreis so früh wie möglich unterbrechen. Hier arbeite das 76 Mitarbeiter zählende Team am Göppinger Amtsgericht, in dem insgesamt 13 Straf-, Zivil- und Familienrichter wirken, sehr effektiv.