Sitzt seit zwölf Jahren im Rollstuhl: Maria Kühn. Foto: dpa

Paralympics-Siegerin Maria Kühn konfrontiert Kinder mit den Problemen behinderter Menschen.  

Paralympics-Siegerin Maria Kühn konfrontiert Kinder mit  den Problemen behinderter Menschen.

Schorndorf - Geschickt umkurvt Maria Kühn (31) die Schüler auf dem Pausenhof der Kepplerschule in Schorndorf. Noch ein kleiner Hopser mit ihrem Rollstuhl über eine Stufe, und schon steht sie mit ihrem Gefährt neben den Viertklässlern zum Gruppenfoto – winkt und lacht in die Kamera. In solchen Momenten könnte man fast vergessen, dass die zierliche Blondine körperlich beeinträchtigt ist. Vor zwölf Jahren stürzte sie bei einem Reitausflug vom Pferd und ist seitdem vom vierten Brustwirbel abwärts gelähmt.

Maria Kühn, erfolgreiche Rollstuhlbasketballerin, kennt also beide Seiten: Als behinderter Mensch und als „Fußgänger“, wie sie sagt. Ihre Erfahrungen und Erlebnisse will sie als Schirmherrin des Projekts „Handicap macht Schule“ mit jungen Menschen teilen. Kühn hat an ihrem ehemaligen Gymnasium in Lorch schon selbst Rollstühle mitgebracht und Sportstunden für Jugendliche gehalten. Bei den von der Sportregion Stuttgart organisierten Veranstaltungen sollen Grundschüler anhand der Behindertensportarten Rollstuhlbasketball und Blindenfußball eine Idee davon bekommen, was es heißt, körperlich beeinträchtigt zu sein.

Unter professioneller Anleitung lernen die Kinder, sich im Rollstuhl zu bewegen und Ball und Stuhl gleichzeitig zu kontrollieren. Maria Kühn meint, sie habe, seit sie im Rollstuhl sitze, kaum negative Erfahrungen gemacht. Trotzdem glaubt sie, dass es beim Thema Inklusion und Integration sozial schwacher Menschen noch genug zu tun gibt. Der Ansatz, bereits Kinder mit den Problemen Behinderter zu konfrontieren, hält Kühn für richtig: „Kinder sind im Umgang mit behinderten Menschen überhaupt das Tollste. Sie sind immer total unvoreingenommen und gehen offen auf einen zu.“

Bei Erwachsenen ist das nicht immer so, weiß Kühn. „In meinem Job im Personalwesen habe ich viel mit Menschen zu tun. Man merkt das schon manchmal am Verhalten, wenn es Leute nicht erwarten und ihnen dann plötzlich eine Frau im Rollstuhl gegenübersteht.“

Kühn sieht sich nicht nur als Vorbild für Behinderte, sondern auch für vollkommen gesunde Menschen. „Ich glaube, ich kann ein Beispiel für alle sein. So ein Unfall kann jedem passieren. Aber wie man sieht, ist das Leben dann nicht vorbei. Man kann sich andere Ziele setzen und auch erreichen.“ Für die 31-Jährige eröffneten sich durch die Behinderung auch neue Perspektiven: „Ich wäre niemals eine so erfolgreiche Sportlerin geworden, wie ich es heute bin. Überhaupt hätte ich nie mit Basketball angefangen. Früher habe ich Ballsportarten gehasst“, erzählt Kühn.

Auch wenn die gebürtige Dresdnerin Rollstuhlbasketball als „Hobby“ bezeichnet, Erfolge gefeiert hat Kühn in den vergangenen Jahren einige. Der größte war zweifelsohne der Gewinn der Goldmedaille bei den Paralympics in London 2012 mit der deutschen Rollstuhlbasketball-Nationalmannschaft. Natürlich hofft Kühn, mit der Aktion an den Schulen auch ihren Sport ein bisschen ins Rampenlicht zu rücken. Die gleiche Intention hat auch Thomas Nuss, der Geschäftsführer des Württembergischen Behinderten- und Rehabilitationssportverbands (WBRS), der „Handicap macht Schule“ mitorganisiert: „Wir wollen mit der Aktion den Horizont der Kinder erweitern. Vielleicht kommt so jemand über drei Ecken zum Behindertensport, und wir entdecken die nächste Maria.“