Stets die Ruhe selbst: Charlie Watts, der Schlagzeuger der Rolling Stones Foto: dpa/Ursula Düren

Charlie Watts wird an diesem Mittwoch als erster Musiker der Rolling Stones achtzig Jahre alt. Seine Band und er machen unverdrossen weiter.

Stuttgart - Im Juni 2006 hätte Charles Robert Watts wie jeder seiner männlichen britischen Landsleute anlässlich seines 65. Geburtstags gemütlich in Rente gehen können. Das ging allerdings nicht, weil er noch ein paar berufliche Verpflichtungen hatte. Seine Band hatte mal wieder ein neues Album vorzustellen, der asiatische Teil der dazugehörigen Welttournee lag gerade hinter ihm, der europäische – unter anderem mit einem Konzert im Stuttgarter Stadion im Juli – noch vor ihm. Und so machte er halt noch ein bisschen weiter.

Keine Spur von Ruhestand

Fünfzehn Jahre, viereinhalb Tourneen und ein Album später macht Charlie Watts noch immer weiter – und macht das, was er seit dem 12. Januar 1963 tut: bei den Rolling Stones hinter dem Schlagzeug zu sitzen. Das ist bemerkenswert, schon weil es ein sehr seltenes Beispiel für Konstanz über bald sechs Jahrzehnte in einer vermeintlich doch ach so schnelllebigen Branche ist; zumal ihm dieses Durchhalten bei den Rolling Stones in einer buchstäblich ganz schön toxischen Umgebung gelungen ist. Aber das gilt für die anderen drei Mitglieder der heutigen Besetzung ebenso, die 77-jährigen Herren Mick Jagger und Keith Richards sowie das Nesthäkchen Ron Wood, der am Dienstag 74 Jahre alt geworden ist. Und so ist das eigentlich Bemerkenswerte vielleicht, dass der nun achtzig Jahre alte Charlie Watts und seine Veteranentruppe mittlerweile der (über)lebende Beweis dafür sind, dass die Popmusik als solche ihren Platz im Kanon der Künste weit jenseits einer jugendlichen Modeerscheinung längst gefunden hat – und dass ihre Protagonisten, auch wenn sie wie die Stones vergleichsweise steinalt sein mögen, gewiss nicht zum alten Eisen gehören.

Eigentlich wäre er unterwegs

Wenn Corona nicht dazwischengekommen wäre, würde sich der Sohn eines Londoner Lkw-Fahrers und studierte Grafikdesigner Watts wahrscheinlich sogar gerade auf Achse mit der Fortsetzung der aktuellen Stones-Tournee befinden, die pandemiebedingt abgebrochen werden musste. Denn Gedanken über den Abschied vom Tourneeleben wischte er zwar früher scherzend-kokett vom Tisch („das dachten wir schon nach unserer ersten Tour 1965“) und zuletzt selbstlos-bescheiden mit den Worten, die anderen könnten ja einfach ohne ihn weitermachen. Das indes hat sein Bandkumpan Ron Wood mit dem Satz „Charlie ist unser Motor, und ohne unseren Motor fahren wir nirgendwohin“ einstweilen ausgeschlossen.

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So wird das Konzert am 30. Juni 2018 im Stuttgarter Fußballstadion doch wohl bitte nur das einstweilen letzte Gastspiel der Stones auf deutschem Boden gewesen sein. Und ihr ruhigstes, von allen Bandmitgliedern mit Abstand als musikalischstes betrachtetes sowie nebenbei auch dezent skandalfrei lebendes Mitglied wird hoffentlich weiterhin stoisch und besonnen den Takt vorgeben – als der längst legendäre Schlagzeuger der bedeutendsten nach wie vor existierenden Band der Welt.