Hedi Ulmer ist auch mit über 80 flott auf ihrem Tretroller unterwegs. Foto: L. Schüler

Die Diskussion, die gerade über Elektro-Roller geführt wird, kann Hedi Ulmer nicht verstehen. Die 80-Jährige aus Leinfelden liebt ihren Tretroller, mit dem sie täglich unterwegs ist. Sie findet: Mit einer umsichtigen Fahrweise besteht keine Gefahr.

Leinfelden - „Ich war immer schon anders“, sagt Hedi Ulmer. Was andere darüber denken, dass sie in ihren Achtzigern – ihr genaues Alter verrät sie nicht – noch mit einem Tretroller unterwegs ist, ist ihr ganz egal. Kinder würden manchmal komisch gucken, erzählt sie. „Ich liebe es, schwerelos durch die Gegend zu fahren.“ Bis vor ein paar Jahren hat die Seniorin die meisten Wege per Fahrrad zurückgelegt, doch eine Knie-OP lässt das nicht mehr zu. „Da habe ich mir vor anderthalb Jahren von meinen drei Söhnen den Tretroller zum Geburtstag gewünscht.“ Mit einer Schleife umwickelt sei er dann vor der Tür gestanden.

Sport und Bewegung sind für Hedi Ulmer nicht aus ihrem Alltag wegzudenken. Seit 60 Jahren geht sie vom ersten bis zum letzten Öffnungstag ins Möhringer Freibad zum Schwimmen. Kein Wetter könne sie abhalten – „ich gehe ja nicht zum Hinlegen hin“. Eigentlich hatte sie sich vorgenommen, immer mit ihrem Roller ins Bad zu fahren, aber leider verträgt ihr Knie die zwei Kilometer lange Strecke nicht. Die Seniorin bedauert das, denn „ich habe immer ein schlechtes Gewissen, wenn ich alleine in meinem Auto sitze“.

Hinter ihrem Haus beginnt die Sauerkraut-Prärie

Also nutzt Hedi Ulmer ihr rollendes Gefährt nun für kurze Wege nach Leinfelden rein oder für kleine Spazierfahrten über die Felder. Gleich hinter ihrem Haus beginne schließlich die Sauerkraut-Prärie, wie sie mit einem Augenzwinkern meint. Je nach Tagesform nimmt sie die große, die kleine oder die ganz kleine Route. „Hauptsache ich schnappe mal frische Luft“, sagt sie. „Und man bewegt sich dabei vom großen Zeh bis zum Kopf.“

Allerdings gibt die Seniorin zu bedenken, dass ein Tretroller sicherlich nicht für jedermann geeignet sei. Man müsse schwindelfrei sein und die Balance gut halten können. „Das kann man – oder nicht.“ Sie selbst musste nur Erinnerungen aus ihrer Kindheit auskramen, um wieder ein Gefühl dafür zu bekommen. Damals habe sie ein Radelrutsch gehabt. Weil damit aber die Schuhe kaputt gingen, nahm es der Vater wieder weg. Es waren schließlich Kriegszeiten.

Kein Verständnis für die Diskussion

Die Diskussion, die gerade über Elektro-Roller geführt wird, kann Hedi Ulmer nicht verstehen. Die Verkehrsminister streiten derzeit darüber, ob E-Roller mit einer Höchstgeschwindigkeit von zwölf Kilometern pro Stunde auf Fußgängerwegen unterwegs sein dürfen. Gegner halten dies für zu gefährlich. Hedi Ulmer findet hingegen, dass mit einer umsichtigen Fahrweise keine Gefahr besteht. „Ich passe auf und fahre nicht rücksichtslos. Wenn mir jemand mit Kinderwagen entgegenkommt, dann schiebe ich geschwind“, sagt sie. Letztlich komme es auf eine vernünftige Selbsteinschätzung an. Beim Auto sei das schließlich nicht anders: „Wer schlecht fährt, sollte es besser stehen lassen.“

Beeindruckt war Hedi Ulmer bei einer Frankreich-Reise, die sie kürzlich unternommen hat. Dort habe sie gesehen, dass an jeder Ecke E-Roller verliehen werden. „Das wird dort viel mehr genutzt als hier und stört niemanden. Und hier wird so ein Theater gemacht.“