30 Prozent der Füchse in Baden-Württemberg sind vom Fuchsbandwurm befallen. Bei Menschen hingegen ist die Krankheit immer noch sehr selten. Foto: Fotolia

Füchse werden immer öfter in Städten gesichtet. Ob Menschen sich dadurch auch im eigenen Garten leichter mit dem Fuchsbandwurm anstecken können, ist unter Experten umstritten.

Ingolstadt - „Füchse haben gelernt, dass der Mensch nicht ihr Feind ist“, sagt der Wildbiologe Andreas König von der Technischen Universität München. Auf der Suche nach Nahrung schleichen sie deshalb nicht mehr nur durch den Wald. Sie strolchen auch durch Städte und Gärten. Das wäre nicht weiter schlimm, wäre da nicht die Sache mit dem Fuchsbandwurm.

Stichproben zeigen zwar, dass Stadtfüchse weniger oft vom Bandwurm befallen sind als Landfüchse. Allerdings leben in Wohngebieten auf engerem Raum mehr Tiere als im Wald. „Und je mehr Bandwurmeier in die Umwelt gelangen, desto höher ist auch das Risiko, sich anzustecken – auch im eigenen Garten“, sagt König.

Allerdings kommt es auch darauf an, wo dieser Garten liegt, denn die Unterschiede zwischen den einzelnen Städten sind sehr groß. Für Stuttgart geht der Parasitologe Thomas Romig von der Uni Hohenheim von einer Befallsrate von etwa 15 Prozent der Füchse aus. In München lag sie König zufolge im Jahr 2006 bei etwa 25 Prozent. Der Stadtkern von Berlin gilt bislang als „wurmfrei“. „Im sogenannten Speckgürtel Berlins, der zu Brandenburg gehört, haben wir aber infizierte Tiere entdeckt“, sagt Franz Conraths, Parasitologe vom FriedrichLoeffler-Institut für Tiergesundheit.

Er vermutet: Die Füchse finden mitten in Berlin so viel Futter im Abfall, dass sie keine Mäuse mehr jagen müssen. So bekommen sie auch keine Bandwürmer. Denn Nagetiere sind ein wichtiger Zwischenwirt im Lebenszyklus des Fuchsbandwurms (siehe Grafik).

Das sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Ansteckungsrisiko für den Fuchsbandwurm in Deutschland in den vergangenen Jahren gestiegen ist, sagt der Mikrobiologe Klaus Brehm von der Uni Würzburg. Seit die Tollwut ausgerottet wurde, gibt es mehr Füchse. Also findet der Wurm auch mehr potenzielle Wirte. Das spiegelt sich auch in der Zahl der Neuerkrankungen mit der sogenannten alveolären Echinokokkose beim Menschen wider: Für das Jahr 2003 wurden dem Robert-Koch-Institut 21 Fälle gemeldet. Im Jahr 2012 waren es 37. Grund zur Panik sieht Brehm deshalb aber nicht: „Da gibt es mehr Lotto-Millionäre in Deutschland.“

Garten fuchsfrei halten ist nie möglich

Auch wenn die Ansteckungsgefahr gering ist, sollten gerade Gartenfreunde vor dem Fuchsbandwurm auf der Hut sein. Der Wildbiologe König sagt: „Im eigenen Garten fühlt man sich sicher und meint, dass alles sauber sei.“ Doch Kompost, Fallobst und Tierfutter ziehen Füchse magisch an. Über ihren Kot – manchmal auch über ihr Fell – können Bandwurmeier in Erde, Gras oder Gebüsch gelangen.

„Einen Garten durch Zäune ganz fuchsfrei zu halten, schafft man nicht“, sagt König. „Wenn man draußen gewerkelt hat, sollte man sich deshalb immer die Hände waschen.“ Gleiches gilt für Obst, Gemüse und Salat, wenn sie roh verzehrt werden.

Allerdings gibt es bislang keine Belege dafür, dass der Bandwurm über Nahrung übertragen wird. Nachdem lange Jahre vor allem in Süddeutschland davor gewarnt wurde, ungewaschene Walderdbeeren zu essen, hat die Universität Ulm eine Studie in Auftrag gegeben. Darin wurde die Lebensweise von 40 Echinokokkose-Patienten mit 120 Kontrollpersonen verglichen. Das Ergebnis: Vor allem Landwirte sowie Halter von streunenden Hunden und Katzen sind gefährdet. Denn Hunde, die infizierte Nager fressen, werden selbst zu Überträgern. Auch Katzen können zum Wirt werden, aber deutlich seltener.

Zu Waldfrüchten fand sich dagegen kein Bezug. „Die Beerengeschichte haftet fest im Gehirn. Aber an ihr ist nichts dran“, sagt der Ulmer Infektiologe Peter Kern, der an der Studie beteiligt war. Er geht davon aus, dass Menschen sich erst nach mehrmaligem Kontakt mit Bandwurmeiern anstecken – etwa über ein befallenes Haustier.

Da eine Fuchsbandwurm-Erkrankung erst Jahre nach der Infektion entdeckt wird, ist die Befragung von Patienten aber schwierig. Kaum jemand kann sich genau daran erinnern, was er vor zehn Jahren gegessen und unternommen hat.