Die schwarzen Sturmtruppen geben den Ton an: Sie wirken viel bedrohlicher als die altvertrauten weißen Klonkrieger. Foto: Walt Disney

Möge die Macht mit uns sein: Der Sternenkrieg wird härter. Zum ersten Mal erzählt ein Film nicht von den zentralen Helden, sondern von Nebenfiguren. Am Donnerstag startet „Rogue One: A Star Wars Story“ in den Kinos.

Stuttgart - Als Gott vor dem Paradies Engel mit Flammenschwertern postierte, war das ein Technologie-Overkill ersten Ranges. Bis eben noch hatten Adam und Eva im Garten Eden mit seinem Vollversorgungsangebot gelebt. Sie kannten weder Werkzeuge noch Kleidung und schon gar keine Waffen. Mit den Flammenschwertern wollte Gott klarmachen: „Nun wird’s ernst, ich kann auch anders!“

Als George Lucas zum Start seiner „Star Wars“-Saga in den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts seine Jedi-Ritter mit Lichtschwertern ausstattete, waren die zwar ein bewusstes Zitat der himmlischen Heerscharen, lieferten mit ihrem bizarren Anachronismus aber die klare Ansage: „Jetzt wird’s bunt, ich kann nicht anders!“

Denn „Star Wars“ war eine große Wundertüte, in die Lucas steckte, was ihm Spaß machte, Ritter, Roboter, Drachen, Raumschiffe, Prinzessinnen, Waldwichtel, Beduinenkrieger und Schrottautobastler. Der neueste Kinofilm der Reihe könnte da Vorfreude auf noch mehr wirklichkeitsfernen Spaß wecken: „Rogue One: A Star Wars Story“ lautet der Titel, der einen Kurswechsel benennt. Bislang erzählten die Kinofilme aus dem Zentrum des Ringens um die Macht. Diese quasi staatstragende Reihe soll auch fortgesetzt werden. Aber „Rogue One“ ist das erste Spin-off, ein Film, der von Nebenfiguren des Kosmos und deren Abenteuern erzählt.

Nicht mehr so verschieden: Rebellen und Imperium

Die Steckbriefe des Personals klingen buntscheckig genug: Da ist die junge, ungebärdige Individual-Rebellin Jyn Erso (Felicity Jones), die sich auch einer Befreiungsarmee nicht anschließen will; der fanatische Widerständler Saw Gerrera (Forest Whitaker), der überall Verrat wittert; die umprogrammierte, menschenähnliche Kampfmaschine K-2SO, die nüchterne Strategieanalysen mit Pessimismus und Sarkasmus würzt; der blinde Kampfkunst-Mönch Chirrut Imwe (Donnie Yen), der imperiale Sturmtruppen mit seinem High-Tech-Wanderstab von den Beinen prügelt.

Mit diesen und ein paar anderen Figuren ließe sich klassischer Lucas-Schabernack treiben. Aber „Rogue One“ will kein quietschbuntes Abenteuer sein. Der Film fängt düster an und geht düster weiter. Es sind oft dreckige, klaustrophobische, kahle Umgebungen, in denen die Figuren sich aufhalten, Bunker, Katakomben, Hangare, von militärischer Notwendigkeit statt von exotischer Folklore geprägt.

Ziemlich früh machen das Drehbuchteam Chris Weitz („Twilight“) und Tony Gilroy („Die Bourne-Identität“) sowie der Regisseur Gareth Edwards („Godzilla“) Schluss mit der Illusion, die Rebellen seien eine knuddelige, grundedle Multikulti-Truppe. Hier begegnen sie uns als verhärtete Pragmatiker, für die auch Mord in den eigenen Reihen ein zulässiges Mittel ist, dem Sieg zuzuarbeiten. Die Frage, ob sie sich da noch vom Imperium unterscheiden, wird zumindest gestreift.

Krieg gegen den Terror

Ein schöner Ort wird uns zwar auch geboten. Aber diese sonnige Inselwelt des Planeten Scarif – für die das Laamu-Atoll in den Malediven genutzt wurde - ist der Standort einer imperialen Garnison. Das Paradies wird zum Schauplatz einer Boden- und Raumschlacht, das Postkartenidyll zum Massengrab.

Noch provokanter ist „Rogue One“, wenn er die Kultur auf dem Mond Jedha zeigt, eine Heilige Stadt, in deren engen Gassen sich Ganzkörperverschleierte mit hageren Wüstenkriegern mischen. Deren Gewänder, Dolche und Gewehre lassen sie wie afghanische Stammeskrieger wirken. Wenn dann ein Kampfpanzer des Imperiums, begleitet von Infanterie, durch dieses für ihn gefährliche Gelände rollt, drängt sich der Vergleich mit Amerikas verquerem Krieg gegen den Terror auf.

Man muss nicht lange warten, bis die erste Sprengladung hochgeht, bis vermeintliche Zivilisten Waffen unter ihren Kutten hervorziehen, bis die Sturmtruppen auf Kombattanten und Nichtkombattanten schießen, weil sowieso keine Zeit zur Unterscheidung bleibt. Dass nun die Schurken im Fantasieuniversum Hollywoods den US-Soldaten der Realität ähneln, sagt viel über die Unbeliebtheit des Afghanistan- und Irak-Engagements in den USA aus.

Der Verlust an Menschlichkeit

Ein wenig ist dieses erste Spin-off noch mit dem Strang der Hauptfilme verknüpft. Jyn Erso und ihre Mitstreiter versuchen, die Konstruktionspläne jenes Todessterns zu beschaffen, der 1977 in „Star Wars: Eine neue Hoffnung“ zerstört werden musste. Aber mehr sollte man über die Handlung gar nicht wissen, sollte unbedingt spoilernde Kritiken meiden, denn seine Spannung bezieht „Rogue One“ aus der Frage, was er seinen Figuren noch zumuten, wie weit er seinen Ernst treiben wird. Der von allen mit Furcht genannte Rebell Saw Gerrera begegnet uns als Kämpfer, der aus Prothesen, Lebenserhaltungsapparaten und Wahnsinn besteht, als Veteran, dessen Körper und Geist vom fortschreitenden Verlust an Menschlichkeit im Krieg erzählen.

Von hier aus scheint alles möglich, und tatsächlich kommt ein Opfertodpathos auf, das in dieser Dichte so neu ist für „Star Wars“ wie die explizite Italo-Western-Gewalt mancher Szenen. Noch immer bemühen sich einige Dialoge um Heiterkeit, noch immer ist das Design mancher Kriegswaffen eher an Kinderspielzeug als an Vernichtungsmaschinen orientiert. Aber so wie die härteren Einheiten der Sturmtruppen in schwarzen Uniformen das weißgepanzerte Fußvolk wie eine relativ harmlose Reservistentruppe aussehen lassen, so kreisen auch andere Bild- und Tonelemente diese Spaßreste bedrängend ein. „Rogue One“ ist für ein Publikum gedreht, dessen Erwartungen an Fantasiewelten von Serien wie „Game of Thrones“ mit geprägt wird. Auch in einer Galaxis weit, weit weg von hier brechen härtere Zeiten an.

Sehen Sie hier den Trailer:

Rogue One: A Star Wars Story. USA 2016. Regie: Gareth Edwards. Mit Felicity Jones, Diego Luna, Donnie Yen, Ben Mendelsohn, Forest Whitaker, Mads Mikkelsen, Riz Ahmed. 134 Minuten. Ab 12 Jahren.