Vor zehn Jahren eröffnete Stefan Dachale seine Rösterei Mókuska. Er bietet Specialty-Coffee an. Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Wie er seinen Kunden ständig teurer werdenden Kaffee schmackhaft machen kann, bereitet dem Stuttgarter Kaffeeröster Stefan Dachale zwar etwas Kopfzerbrechen. Er findet allerdings, dass die Entwicklung auch etwas Gutes hat.

Stefan Dachale hat gewusst, was auf ihn zukommt: Vor zehn Jahren eröffnete er seine Kaffeerösterei im Stuttgarter Westen, aber der Kaffeemarkt war schon damals kompliziert. Mittlerweile sind die aromatischen Bohnen so teuer wie noch nie. Dachale setzt mit seiner Marke Mókuska auf Qualität – und die Kunden.

 

Herr Dachale, wird Kaffee zum Luxusgut? Bei Mókuska kostet ein Kilo im Schnitt 40 Euro.

Bei den Preisen, die wir abrufen, müssen unsere Kunden gute Jobs haben. Das stimmt. Wir setzen auf Qualität. Bei uns steht auf der Packung, um welche Sorte es sich handelt, wer die Kaffeebohnen in welcher Lage produziert hat – wie beim Wein. Vieles stammt aus Bioanbau. Wir kaufen unseren Specialty-Coffee direkt bei den Produzenten und ausgewählten Zwischenhändlern ein und nicht an der Börse. Momentan bin ich noch in der komfortablen Situation, dass die Kunden unsere Qualität schätzen. Aber ich frage mich natürlich: Wann kommt der Punkt, an dem die Leute auf Kaffee verzichten?

Weil Kaffee noch teurer werden wird?

Die Preise gehen durch die Decke! In den vergangenen Monaten haben wir dramatische Sprünge erlebt. Vergangenes Jahr habe ich im Schnitt neun Euro für ein Kilo Rohkaffee bezahlt, dieses Jahr sind es 14 Euro und mehr. Angefangen habe ich bei einem Kilopreis von 5,50 Euro.


Schon bereut, dass Sie vor zehn Jahren Ihre Rösterei Mókuska mit dem Café im Westen eröffnet haben?

Die Prognosen für den Kaffeeanbau waren bereits damals negativ. Ich habe Kaffee zu meinem Beruf gemacht, weil es meine Passion ist. Ich bin ein Überzeugungstäter. Und ich denke immer positiv.

Die Rösterei befindet sich seit Januar 2018 in Feuerbach, das Café von Mókuska an der Johannesstraße im Westen. Dort verkauft Stefan Dachale Espresso, Capuccino, Cortado und andere Heißgetränke sowie seine Bohnen. Foto: Lichtgut/Julian Rettig/Julian Rettig

Was ist los auf dem Kaffeemarkt?

Kaffee war lange Zeit viel zu günstig. Er wächst in den ärmeren Regionen der Welt. Die Preise werden weltweit an der Börse festgelegt. Deshalb konnten sie auf Kosten der Produzenten und Arbeiter gedrückt werden. Wegen des Klimawandels gehen die Erntemengen nun stark zurück. Die Kaffeepflanze braucht stabiles Wetter: Stattdessen setzen ihr Hitze, Frost und ein Pilz zu. Das Verhältnis von Angebot und Nachfrage verschiebt sich dadurch. Die Produzenten können ihre gestiegenen Kosten für Energie oder Dünger und den Lohn jetzt aufschlagen. Die Kaffeepflücker bekommen auch mit, dass die Preise steigen und wollen ihren Anteil. Insofern hat die Entwicklung etwas Gutes.

Wird der Kaffeemarkt jetzt gerechter?

Bisher hatten alle Teuerungen nichts mit dem Ursprung des Kaffees zu tun, sondern vor allem mit der Logistik, also den Transport- und Herstellungskosten. Es ist das erste Mal in der Geschichte des Kaffees, dass die Produzenten von den Preissteigerungen einen Vorteil haben.

Trotzdem gibt es noch Kaffee für weniger als zehn Euro das Kilo.

Kaffee wird überall teurer, und der günstige wird schlechter. Billigkaffees werden industriell produziert, da redet kein Mensch von Qualität. Die Margen liegen im Centbereich, der Gewinn wird durch Masse generiert. Ich wünsche mir für Kaffee eine transparente Verpackung, dann könnte man den Unterschied sehen: In Billigkaffees sind zur Hälfte defekte Bohnen drin, unreife, überreife oder sogar verschimmelte. Mit Kaffee kann so viel passieren. Bei teurem Kaffee sind die Bohnen makellos und gleichförmig.

Und gleichzeitig ist die Kundschaft von Nespresso bereit, zwischen 80 und 100 Euro für ein Kilo Kaffee auszugeben.

Sie bezahlen für die Bequemlichkeit. Es geht allerdings noch teurer: Bei einer Auktion von Rohkaffee wurden schon 2000 Euro pro Kilo bezahlt. In einer Fancy-Bar in Korea oder Asien wurden dann 200 Dollar pro Tasse verlangt. Ich möchte weder der Barista sein, der diesen Kaffee aufbrüht, noch in diesen Bereich hinein. Wir wollen den Leuten tollen Kaffee bieten. Der hat seinen Preis, aber auch eine Geschichte und eine Herkunft.

Wann kommt der Punkt, an dem die Leute auf Kaffee verzichten?

Bei jeder Preiserhöhung muss ich hart mit mir ringen. Der Endkonsument hat in allen Belangen mit steigenden Preisen zu kämpfen. Ich denke, der Kaffeekonsum wird zurückgehen. Statt fünf Tassen Kaffee am Tag sollten wir lieber nur zwei trinken, dafür aber guten. In Deutschland ist Kaffee noch zu oft ein Mittel zum Zweck. Ein Wachmacher. Er sollte ein Genussmittel wie Wein sein. Der richtige Weg ist der bewusstere Konsum. Wir reden schließlich alle über Nachhaltigkeit, und dafür müssen die Produzenten besser bezahlt werden. Der Kaffeeanbau wird wegen des Klimawandels immer mühsamer – und in fünf Jahren werden vermutlich die heutigen Preise billig sein.

Angebot und Nachfrage

Rösterei
Im Winter 2014/2015 hat Stefan Dachale seine Kaffeerösterei Mókuska im Stuttgarter Westen eröffnet. Der 49-Jährige hatte jahrelang als Tonmeister in der Filmbranche gearbeitet und noch Medienwissenschaften studiert, bevor er sich eine Röstmaschine kaufte. Mókuska ist das ungarische Wort für Eichhörnchen.

Verbrauch
Im vergangenen Jahr lag der Pro-Kopf-Verbrauch in Deutschland bei rund 163 Litern. Kaffee gilt als das Lieblingsgetränk der Deutschen. Luxemburg führt allerdings die Verbrauchsstatistik mit der fast doppelten Menge an, gefolgt von den skandinavischen Ländern.