Der frühere Rennrodler Georg Hackl ist heute Botschafter des Fachverbands Biogas. Für einen Imagefilm war er nach Hemmingen gekommen. Das Bild zeigt Georg Hackl (rechts) im Gespräch mit Bürgermeister Thomas Schäfer und Ulrich Ramsaier (von links). Foto: /Simon Granville

Der frühere Olympiasieger und Weltmeister, der ehemalige Rennrodler Georg Hackl ist am Freitag in Hemmingen zu Gast gewesen. Als Botschafter des Fachverbands Biogas wirbt er allerdings nicht allein für das erneuerbare Gas.

Ein kurzer Moment zwischen Frage und Antwort. Georg Hackl verzieht keine Miene, aber er schaut amüsiert. Natürlich kann auf die Frage, ob Hemmingen herausragt in der Vielzahl der Kommunen, die Biogas nutzen, an diesem Freitag nur ein klares Ja folgen. Schließlich ist er an diesem Freitag in der rund 8200 Einwohner-Gemeinde, um einen Imagefilm für die Naturenergie Glemstal zu drehen. Jenem Unternehmen also, das die Versorgung der Gemeinde mit erneuerbaren Energien verantwortet. Hackl schaut also kurz amüsiert, ehe er ebenso ruhig wie ernst sagt: „Hemmingen ist schon ein plakatives Beispiel dafür, wie eine regenerative Energieversorgung der Zukunft aussehen kann und muss.“ Und er führt aus, dass Sonne und Wind die Energieträger der Zukunft sein müssten und Biogasanlagen das Mittel der Wahl, „um in die Lücke sinnvoll einspringen zu können“.

In Hemmingen hat die Versorgung mit regenerativen Energien ihren Ursprung im Jahr 2006, mit dem Bau einer Biogasanlage. Die Energieversorgung wurde über die Jahre stetig erweitert. Nach dem Bau der Biogasanlage folgten die Energieträger Hackschnitel, Pellets und 2013 Biomethan. „Jetzt stehen wir wieder vor so einem Punkt“, sagt Naturenergie-Geschäftsführer Ulrich Ramsaier und denkt dabei weniger an Wasserstoff als an Großwärmepumpen. Ramsaier warb damals im Gemeinderat für die Biogasanlage, ist also von Anfang an dabei.

Inzwischen ist Hemmingen eines von landesweit 47 Bioenergiedörfern, die ihren Bedarf zu erheblichen Teilen aus regional nachhaltig verfügbarer Biomasse decken. „Rund sechs Millionen Kilowattstunden fehlen der Gemeinde zur rechnerischen Energie-Autarkie“, sagt Bürgermeister Thomas Schäfer. „Eine Windkraft-Anlage produziert 12 Millionen Kilowattstunden pro Jahr.“ Ein halbes Windrad also für die Gemeinde, die andere Hälfte für eine Energie-Partnerschaft von Land und Stadt.

Georg Hackl ist an diesem Vormittag nicht der Hackl Schorsch, der ehemalige Rennrodler, Olympiasieger, Weltmeister und aktuelle Trainer in Diensten der österreichischen Wettkampfsportler. Er ist vor allem Botschafter in Sachen Biogas. In dieser Eigenschaft ist er seit 2015 im Land unterwegs, in Hemmingen ist er das erste Mal. Er habe schon das Gefühl, dass man in Bayern ein wenig offener dafür sei, als in anderen Regionen Deutschlands, sagt Hackl. Offener für eine dezentrale Energieversorgung, offener für einen Energiemix. Das, so Unternehmer Ramsaier, könnte aber auch eine Mentalitätsfrage sein. Der Süden sei weniger von Energieriesen geprägt wie etwa die Mitte Deutschlands. Namen wie RWE und Eon fallen in diesem Zusammenhang.

Als Bayerns Ministerpräsident Markus Söder ihm vor wenigen Wochen den Verdienstorden verlieh, habe er Söder zugeraunt, man müsse das Biogas retten, erzählt Hackl. „Ich bin lästig“, fügt er an. Er nutzt auch den kürzesten Augenblick. Doch das allein hilft nicht auf die Schnelle, und auch nicht die Popularität des einst so erfolgreichen Wintersportlers aus Berchtesgaden, um das derzeit schlechte Image von Biogasanlagen zu polieren. Hackl weiß das. „Wir tun uns mit Abgeordneten schwer“, sagt auch Ramsaier über das Werben für Biogasanlagen, die an Ansehen gegenüber der Wind- und Sonnennutzung verloren haben.

Biogasanlagen laufen häufig nur noch bedarfsgerecht

Doch Hackl ist nicht allein gekommen, um eine Lanze für Biogasanlagen zu brechen. Das wäre auch nicht im Sinne Ramsaiers, selbst wenn er sagt, Biogasanlagen hätten sich weiter entwickelt, würden schon jetzt mehr als 60 Prozent Mist – auch Pferdemist – verwerten und eben nicht mehr nur Maissilage. Ramsaier und Hackl werben für einen Mix aus regenerativen Energien. „Das Energiesystem hat sich kolossal verändert“, sagt Ramsaier. Biogasanlagen etwa laufen zunehmend nur noch bedarfsgerecht.

Gleichwohl wird über manches noch intensiv diskutiert, etwa den Bau von Windrädern. Der Verband Region Stuttgart habe für die Änderung des Regionalplans so viele Einwendungen bekommen, dass die Beschlussfassung nun für Frühjahr 2025 geplant sei, sagt der Bürgermeister Schäfer. Derzeit sind die Gutachter gefordert, auch in Bezug auf den geplanten Hemminger Windpark.

Veränderungen rund umdie Biogasanlage geplant

Derweil wird sich der Hemminger Gemeinderat im September in einem anderen Punkt mit der Veränderung des Energiesystems befassen. Dann geht es um die baurechtlichen Rahmenbedingungen auf dem Gelände der Biogasanlage, unter anderem eine Freiflächen-Photovoltaikanlage, um den Eigenstromverbrauch von Biogasanlage und Wärmepumpen zu decken.

Die Räte werden entscheiden. Zugleich meint der Bürgermeister über seine Gemeinde sagen zu können, „dass Energiethemen hier mit einer großen Offenheit aufgenommen werden“. Der Slogan „Hemmingen hat Energie“ habe sich eingeprägt und soll künftig eine noch größere Rolle spielen.