Mehr als 2500 Menschen feiern beim Rockxplosion in Leonberg-Warmbronn an drei Tagen ein Open Air nach Maß. Da ist so ein bisschen Regen am Samstag völlig egal.
Dass Peter Trinkle zu den entspannteren Zeitgenossen zählt, ist nicht erst seit heute bekannt. Der Mann mit den langen Dreadlocks sorgt beim Warmbronner Open Air schon seit Ewigkeiten am Mischpult für klaren, druckvollen Sound. In all den Jahren hat er schon alles erlebt, auch wettermäßig. Also konnte den Soundmann auch so ein bisschen Wasser von oben nicht erschüttern. Am Samstag entledigte er sich einfach seines T-Shirts und ging mit freiem Oberkörper weiter in aller Ruhe seiner Tätigkeit nach. So wurde das Kleidungsstück bei den vielen prüfenden Gängen vor die Bühne im teils massiven Regen wenigstens nicht nass.
Wetter am Freitag wunderbar, dann kommt der Regen
Dabei hatte am Freitag wettermäßig alles wunderbar angefangen – warm, trocken, das Gelände mit laut Veranstalter über 1000 Menschen mehr als nur gut gefüllt. Die Stimmung unter den Besucherinnen und Besuchern war bestens, vom Opener Project Helix bis zu den Haupt-Acts Mavis und Our Promise. Zufrieden waren auch die Macher vom Jugendhausverein Leonberg. „Der Platz war voll und es ist auch viel getrunken worden“, brachte es Niklas Keenan vom Organisationsteam im Laufe des Samstags auf den Punkt. Ein sehr wichtiger Punkt, da es sich um ein Festival mit freiem Eintritt handelt, ist der Getränkeverkauf die wichtigste Einnahmequelle des Vereins. Und auch der Samstag an sich sei, was die Besucherzahlen angehe, in Ordnung – in Anbetracht des doch ziemlich ausbaufähigen Wetters.
Das machte vielen nichts aus. Dass zum Beispiel nach dem Gig der Punkrocker von Gaffa der Platz direkt vor der X-Tension-Stage aussah wie eine Suhlgrube – geschenkt. Dass es pünktlich zum Auftritt der vorletzten Band Lumbematz tatsächlich anfing, wie aus Kübeln zu gießen – kann einen Rockfan nicht erschüttern. Allerdings waren Regenponchos sowie Plätze unter Regen- und Sonnenschirmen doch ziemlich gefragt. Als es wieder nachgelassen hatte, unternahmen die beiden Lumbematz-Violinisten sogar Ausflüge durch die Publikumsreihen.
Familienprogramm am Sonntag kommt gut an
Das änderte sich am Sonntag wieder. Das Wetter hatte sich wieder gefangen. Trotz des matschigen Bodens strömten bei Sonnenschein viele Familien auf den Platz. „So viel los war hier zu so früher Stunde noch nie“, gab Sarah Keenan, beim Rockxplosion für die Pressearbeit zuständig, zu Protokoll. Beim Bananenfuchs-Auftritt zum Beispiel drängten viele Kinder vor die große Bühne. Gegen später ging es mit Bands weiter, bis die Headliner Our Promise und Treptow den Deckel auf ein gelungenes Festival schraubten. Und ein sehr gut besuchtes Open Air war es dazu. Am Ende schätzten die Organisatoren, dass über drei Tage mehr als 2500 Besucherinnen und Besucherinnen vorbeigeschaut hatten.
Der neue Campingplatz wird gelobt – und stark frequentiert
Neu in diesem Jahr war bei der Rockxplosion dann doch einiges – angefangen beim einigermaßen großen sogenannten „FOH“-Turm für die X-Tension-Stage. FOH bedeutet in diesem Zusammenhang „Front of House“, darin sind die Bedienelemente für Licht und Ton für die Bühne untergebracht. Und dann wäre da noch das Gelände an sich, das sich weitläufiger als in den Jahren zuvor präsentierte. Das lag daran, dass die Besucherinnen und Besucher nicht mehr auf dem Waldsportplatz campen durften. Den Campingplatz verlagerten die Veranstalter vom Jugendhausverein in diesem Jahr nach draußen, in die Nähe des Besucherparkplatzes am Warmbronner Friedhof.
Das klappte gut, wie zum Beispiel Elias Tollmann und Alisa Stele bestätigten. Das Paar aus Heilbronn hat das Rockxplosion zum ersten Mal besucht – und sich gleich fürs Campen entschieden. „Die Stimmung auf dem Campingplatz ist gut“, betonte der 21-Jährige. Seine 19-jährige Freundin, für die es das allererste Festival überhaupt war, fügte hinzu: „Nur nachts hätte ich mir ein bisschen mehr Ruhe gewünscht. Es lief bis sechs Uhr morgens laut Musik.“ Das Open Air an sich sei aber toll. Besonders die Band Mavis hatte es den beiden am Freitagabend angetan. Am Samstag freuten sie sich vor allem auf Venues.
Feeling eines größeren Festivals entsteht
„Wir mussten den Campingplatz gleich am ersten Tag erweitern, weil so viele Leute kamen“, sagt Sarah Keenan, beim Rockxplosion für die Pressearbeit zuständig. Die jetzige Lösung sei sehr gut angekommen. „Es vermittelt jetzt das Feeling eines größeren Festivals“, freut sie sich. Auch viele Bands, die beim Open Air aufgetreten seien, hätten vor Ort gecampt.
Splitter rund ums Festival
Project Helix
machten den Start am Freitag um Punkt 17.30 Uhr. Die Gästeschar war zwar schon einigermaßen zahlreich, für eine sogenannte „Wall of Death“ reichte es dann aber doch noch nicht ganz. Dabei teilt sich nach Aufforderung der Band das Publikum in zwei Hälften und rennt dann auf Kommando wieder ineinander. Bei Project Helix machten genau zwei Leute mit. Zum Dank klatschte Sänger Tim Gallion sofort danach mit beiden ab.
Am Pizzastand
mussten die Gäste ab und zu einige Minuten warten – und konnten sich die Zeit mit einem eigens aufgebauten Old-School-Videospiel vertreiben. Dafür war das, was unter anderem Gunnar Weber vom Treff Warmbronn und die anderen Helferinnen und Helfer auf die Teller zauberten, stets superfrisch und lecker.
Schnell eingesprungen:
Die für Skeleton Pit eingesprungenen Metalcoreler von Defocus offenbarten am Freitag ein Faible für 90er-Jahre-Eurodance. Textsicher animierten sie ihr Publikum mit den Zeilen „Eeeeeyooo, Captain Jack, bring me back on the railroad track“ aus dem Song „Captain Jack“ der gleichnamigen Combo.
Starke Cocktails
Was unter anderem die Jugendhaus-Urgesteine Jon Lukács und Andreas Kovacs sowie Ex-Grünen-Stadtrat Fabian Strecker am Wochenende am Cocktailstand zusammenbrauten, dürften manche noch tags darauf gespürt haben. „Schmeckt nach Knockout“ war nur einer der Sätze aus der umstehenden Runde.
Apropos Cocktails:
Der Jugendhaus-Cocktail-Wohnwagen gab unmittelbar vor dem Festival seinen Geist auf. Mike Bruster, Rockxplosion-Projektleiter: „Jetzt wollen wir ihn der Feuerwehr spenden, die können damit üben.“
Für die großen Posen
Nachbardach hatten am Samstag ihr ganz eigenes, nun ja, Nachbardach auf die Bühne geschleppt. Da stand plötzlich ein massiver, beleuchteter Holzgiebel, den Sänger Philipp Austen intensiv für die großen Posen nutzte.
Tierisches Pogo
Beim Auftritt der Punkrocker Gaffa mischten sich am Samstag kurzerhand ein Dinosaurier und etwas, das aussah wie ein Pferd, unter das pogende Volk.
Neu in diesem Jahr:
Der massive Traversenbau, in dem die Mischpulte für die X-Tension-Stage untergebracht waren. Kombiniert wurde das mit einer Rampe und Platz für Menschen, die einen Rollstuhl benötigen.
Besuch aus Stuttgart
Am Freitag war der Stuttgarter Metalclub „Schwarzer Keiler“ mit einem Stand inklusive Tombola auf dem Gelände zugegen. Und auch wenn Geschäftsführerin Simone Heinold die eher traditionelle Schiene des Heavy Metal bevorzugt, fand sie es wunderbar. Die Hauptgewinne, Tickets für ein Konzert der US-Black-Metal-Band Cloak, waren dann auch schnell weg.
Fast leer getrunken
Gutes Signal am Sonntag: Das Festival war so gut besucht, dass die Getränkevorräte schon am Mittag gegen 14 Uhr zur Neige gingen. Das Organisationsteam musste sich um weitere Lieferungen kümmern.