Mit Sousaphon: Rocknacht im Affalterbacher Bürgerhaus Foto: Ralf Poller//Avanti

Bei der 14. Rocknacht im Affalterbacher Bürgerhaus wirbeln die Schlagzeugschlägel und die Keyboardtasten.

Es ist ein beschaulicher Winterabend in Affalterbach. Ein Mann führt seinen Hund aus in der verschneiten Altstadt. Nur vor der historischen Kelter brennt ein sorgsam gehütetes Feuer, aus den Fenstern leuchtet warmes Licht. Eine vorweihnachtliche Feier mit Glühwein und Weihnachtsliedern? Der Eindruck täuscht: Drinnen tobt und tanzt der Bär.

„Nach der Zwangspause findet endlich unser Event wieder statt“, freuen sich die Organisatoren. Sie haben ausgerechnet, dass die besondere Jahreszahl durch Corona erst in zwei Jahren wird gefeiert werden. Heuer ist es das 14. Mal, dass die Rocknacht im Bürgerhaus stattfindet. „Eigentlich sollte unser Baby heute schon 16 sein, dann könnte es endlich Bier trinken.“

Die Jüngsten sind im Grundschulalter

Die Besucher an den Bistrotischen dürften aber eigentlich viel jünger sein als 16, denn viele haben ein Apfelschorle oder Wasser vor sich stehen. Und die beiden Jüngsten im Publikum sind tatsächlich noch im Grundschulalter. Die meisten scheinen aber in den Dreißigern zu sein, und einige sind tatsächlich in einem Alter, dass sie die Originale der gecoverten Titel noch im Ohr haben.

Wie könnte man einen Abend in der Weihnachtswoche besser beginnen als mit Engeln? Tatsächlich ist da auf der Bühne ein Wesen mit goldenen Flügeln. Der Engel bläst allerdings in keine goldene Trompete, sondern in ein mächtiges Sousaphon-Ungetüm. Safir, die erste Band des Abends, hat sich tatsächlich ein Lied mit „Engel“ im Titel ausgesucht. Das ist aber sicher das einzig Engelsgleiche am Abend, denn prompt dröhnt „Engel“ von Rammstein von der Bühne. Schon ab dem ersten Ton gehen die Zuhörer voll mit. Ein Glück, dass es von vornherein keine Sitzplätze gab, die hätte ohnehin niemand mehr gebraucht. Gleich treten einzelne Kopfnicker in Aktion, die Jüngeren rocken mit, und manch Älterer erinnert sich an wilde Disco-Nächte aus der Jugend. Mitsingen ist angesichts der tiefen Stimmlage des Titels nicht ganz einfach. Aber was soll’s. Dann spricht oder ruft man einfach mit.

Eine rotzfreche Rocknummer

Die siebenköpfige Band aus Ludwigsburg bezeichnet sich selbst als „Coverband“. Das ist aber eine gelinde Untertreibung, denn schon aus dem A-Cappella-Titel der Prinzen „Alles nur geklaut“ macht Safir rotzfrech eine Rocknummer, bei der die Schlagzeugschlägel nur so wirbeln und die Tasten des Keyboards mitzutanzen scheinen.

Die Affalterbacher Kelter hat eine Galerie im ersten Stock, auf der inzwischen die beiden Gitarristen von „TwoBadix“ aufgebaut haben. Die beiden lassen trotz ihrer Minibesetzung vergessen, dass hinter ihnen gar keine Band Platz gehabt hätte. Auch sie haben rotzfrech bekannte Titel für sich adaptiert, wie Led Zeppelins „Whole lotta love“. Wie der Lump am Stecken tanzt ein weiblicher Clown mit kecken Zöpfen und Herzchenbrille durch die Menge und erinnert mit ihrem Clown-Partner daran, dass dieser Benefizabend der Aktion „Humor hilft heilen“ zugutekommt, bei dem Clowns im Krankenhaus Schwerkranken eine Freude bereiten.

Nahtlos geht’s weiter auf der Hauptbühne mit Redhouse Habit, einer Rockband aus Heilbronn. Die Tanzbegeisterten vor der Bühne kommen buchstäblich nicht zum Verschnaufen, denn zum Beispiel bei „In the midnight hour“ spielt der Schlagzeuger mit seinen Beats lässig Drummer aus älteren Aufnahmen an die Wand. Es ist noch nicht das Ende des Abends ...

Draußen liegt Affalterbach in friedlicher Winterruhe. Doch in der Kelter tanzt und tobt bis Mitternacht der Bär.