Fritz Kuhn hat dem Filmbüro und dem Rocker 33 noch einen Aufschub verschafft Foto: dpa

Nach Intervention von Oberbürgermeister Fritz Kuhn dürfen die Zwischenmieter jetzt noch zwei Monate länger im ehemaligen Amerikahaus an der Friedrichstraße bleiben. Bei der Neubebauung des Grundstücks wünscht die Stadt schönere Fassaden und nebenan mehr Wohnungsbau.

Stuttgart - Der Club Rocker 33 und diverse Vertreter der Kreativwirtschaft wie der Verein Filmbüro Baden-Württemberg werden jetzt doch nicht so schnell obdachlos wie befürchtet. Am Freitag hatte die Kündigung der Zwischennutzung im ehemaligen Amerika- und späteren Filmhaus auf Ende November die Subkultur alarmiert – am Dienstag gab OB Kuhn (Grüne) Entwarnung, was den Zeitpunkt angeht: Er habe bei der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) erreicht, dass das Gebäude noch bis Ende Januar 2014 genutzt werden dürfe. Nun kann das Filmbüro noch ungestört die 19. Filmschau Baden-Württemberg im Dezember über die Bühne bringen.

OB Fritz Kuhn im Interview mit StuggiTV

Es war Kuhns zweiter Streich, nachdem er im Frühjahr die Verlängerung des Mietvertrags bis Ende November erreicht hatte. Ende Januar sei aber unweigerlich Schluss, sagt Kuhn. Trotzdem bedeutet dies eine vorläufige Entspannung. Noch am Dienstagmorgen waren im Rathaus weiße Hasen aufmarschiert, um gegen den Wegfall des Ortes für Kunst- und Kulturförderung zu protestieren. Die Aktivisten White Rabitts, die weißen Hasen, werden dann aktiv, wenn die Subkultur heimatlos wird. Dass die Zwischennutzung endlich ist, war zwar klar. Die Nutzer hatten aber trotzdem noch mit mehreren weiteren Monaten geplant. Grund: Man habe sie am Schluss lang im Glauben gelassen, dass es länger gehen würde.

Was die LBBW-Immobiliengruppe nach der Zwischennutzung des alten Amerikahauses auf dem Areal vor hat, stößt im Grundsatz auf Wohlwollen bei den Fraktionen. Aber sie forderten auch Verbesserungen, als die LBBW am Dienstag im Technik-Ausschuss nicht-öffentlich ihr Vorhaben vorstellte. Sie will Teile des Areals zwischen der Kronenstraße und der Kneipe Palast der Republik teilweise neu bebauen, teilweise Häuser sanieren. Die Gebäude bei der Kneipe sind nämlich Denkmale und müssen erhalten werden: der Komplex Lautenschlagerstraße 22 und 24 (ein ehemaliges Verwaltungs- und Geschäftshaus der Industriehof AG von 1936/1937) und das Haus Friedrichstraße 23 B (ehemaliges Verwaltungsgebäude der Königlichen Eisenbahn von 1899). Neben dem Gebäude Lautenschlagerstraße 22/24, das als Zeugnis für den monumentalen Klassizismus in der Zeit zwischen den Weltkriegen gilt und wo die LBBW außer Büros Gastronomie plant, ist auch ein angrenzendes Gebäudeteil aus den 1950er Jahren geschützt. Ein weiteres Nebengebäude, in dem das Stadtmessungsamt ist, darf aber abgerissen werden. Die LBBW hat hier auf Ende September 2014 gekündigt.

Verhindern könnte die Stadt das Vorhaben nicht. Die LBBW, die wohl noch im November einen Bauantrag stellen und Mitte 2014 mit dem Bauen beginnen wolle, halte sich an die vorgegebenen Regeln, sagt Städtebaubürgermeister Matthias Hahn (SPD). Die Dimensionen der zwei geplanten Bürohäuser – eines Ersatz fürs Amerikahaus, das andere ein Pendant an der Lautenschlagerstraße – würden nicht kritisiert. Anders als Bauinteressenten in früheren Jahren respektiere die LBBW jetzt die charakteristischen Kulturdenkmale.

Die LBBW plant bisher nur rund 350 Quadratmeter Wohnungen sowie 2300 Quadratmeter Einzelhandel in den Erdgeschossen der Neubauten, ansonsten auf dem Gesamtareal aber 10 000 Quadratmeter Büros. Das gefällt den Fraktionen nicht. Die Lautenschlagerstraße habe sich gut entwickelt, dort sei mehr Wohnen sinnvoll. Außerdem wünscht man sich eine kulturelle Nutzung. Die angekündigten Fassaden der Neubauten, besonders des Ersatzbaus für das Amerikahaus, gefallen auch nicht. Die Fraktionen haben klare Erwartungen an die LBBW, in welche die Stadt als Trägerin der Bank Milliardengelder gepumpt hat: Sie müsse in dieser zentralen Lage eine städtebauliche Aufwertung ermöglichen – zumal sie jüngst im Nordbahnhofviertel viele Wohnungen verkaufte und vor vielen Jahren den Ausgang des Talkessels mit einem monumentalen Neubau zustellte. Die Grünen-Fraktion wird jetzt ein Schreiben an die LBBW entwerfen, das die anderen Fraktionen unterschreiben sollen.