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Stuttgart-21-Demo: Stadt kann die beiden festgenommenen Stadträte nicht belangen.

Stuttgart - Die vorläufige Festnahme der Demonstranten Hannes Rockenbauch und Thomas Adler wird für die Stadträte gleichen Namens keine Konsequenzen haben. „Von der Stadt wird ihnen kein Ordnungsgeld auferlegt“, erklärte Hermann Karpf, Mitarbeiter von Ordnungsbürgermeister Martin Schairer (CDU) am Donnerstag.

Zu der Frage, ob Rockenbauch (SÖS) und Adler (Linke) belangt werden, hatten die beiden am Mittwoch Anlass gegeben. Sie waren über die Absperrgitter der Polizei vor dem Bauzaun beim Nordflügel des Hauptbahnhofs geklettert und vorübergehend festgenommen worden. „Das war eine polizeirechtliche Maßnahme zur Gefahrenabwehr, für eine strafrechtliche Relevanz haben wir zurzeit keine Hinweise. Nur dann würde es ein Ermittlungsverfahren nach sich ziehen“, sagt Claudia Krauth, Sprecherin der Staatsanwaltschaft Stuttgart. Das Überklettern der Absperrung sei allenfalls eine Ordnungswidrigkeit, ergänzt Rockenbauch.

Der Chef der fünfköpfigen Fraktion, die das Bündnis Stuttgart Ökologisch Sozial und die Linke im Gemeinderat repräsentiert, fiel nicht zum ersten Mal auf. Ende Juli war er unter den Stuttgart-21-Gegnern, die den Nordflügel des Hauptbahnhofs besetzten, weil sie den Abbruch verhindern wollten. Die Bahn AG erstattete Anzeige. Inzwischen läuft auch ein Ermittlungsverfahren gegen Rockenbauch wegen des „Verdachts des Hausfriedenbruchs“.

Schon nach der Besetzung hatte Verwaltungsbürgermeister Klaus-Peter Murawski (Grüne) geprüft, ob seitens der Stadt ein Ordnungsgeld fällig ist. Ein Stadtrat muss laut Gemeindeordnung „die ihm übertragenen Geschäfte uneigennützig und verantwortungsbewusst führen“ und kann bei gröblicher Verletzung der Pflichten vom Gemeinderat ein Ordnungsgeld von bis zu 500 Euro auferlegt bekommen. Rockenbauchs Rolle bei Demos und bei der Hausbesetzung hätten jedoch formal nichts mit dem Ehrenamt zu tun, erklärte Murawski. Die Sache werde daher wie bei jedem anderen Bürger beurteilt – und da müsse Rockenbauch mit einem Strafantrag wegen Hausfriedensbruchs und Sachbeschädigung rechnen. Hermann Karpf vom Ordnungsreferat haut nun in die gleiche Kerbe. Die Frage des Ordnungsgelds stelle sich gar nicht. Er erinnert sich auch nicht, dass in Stuttgart jemals ein Ordnungsgeld gegen einen Stadtrat verhängt worden wäre. Das Recht auf die Ausübung öffentlicher Ämter verliert man übrigens nur nach Verbrechen und einer mindestens einjährigen Freiheitsstrafe.

Auf einem anderen Blatt steht, dass Rockenbauch die moralische Verurteilung durch die Mehrheit im Gemeinderat riskiert. Sie hat wiederholt dem Bahnprojekt zugestimmt. Rockenbauch stört das wenig: Als Bürger halte er den zivilen Ungehorsam für ein notwendiges Mittel beim Versuch, den Tiefbahnhofbau zu verhindern.