Über 23 000 Fans haben die 25. Ausgabe des zehnstündigen Open-Air-Festivals im Bodenseestadion gefeiert. Foto: Andreas Maier

Jubiläums-"Rock am See" im Wetterglück: Regen erst mit Schlussakkorden der Toten Hosen.

Konstanz - Ein Jubiläum mit viel Licht und wenig Schatten: Das Festival Rock am See feierte 25. Geburtstag, und 25000 Fans verwandelten das Konstanzer Bodenseestadion in eine einzige Fankurve. Die zum fünften Mal angetretenen Toten Hosen und fünf weitere Bands sorgten für Stimmung, lediglich der Auftritt von The Kooks ist ausgefallen.

Eine klasse Party ist das. Vor der Bühne hüpft eine pogende Menge mit so viel Bewegungsfreiheit wie in einem überfüllten Fahrstuhl rhythmisch auf und ab. Auf der Bühne starten Campino und Co. den erfolgreichen Versuch, Fans zwischen 16 und 56 ins Leben auf der Überholspur zu integrieren.

Auslöser für dieses Happening ist natürlich laute Musik, und die stammt an diesem Abend nicht nur von den Toten Hosen. Während das Finale von Punkrock geprägt ist, sind für die Aufwärmphase drei Bands zuständig, die sich eher dem Indierock zugehörig fühlen. Die US-Band State Radio und die fünf schwedischen Waldschrate von Friska Viljor eröffnen das Festival mit schrägem Gitarrenpop, der bei beiden Bands durch ein üppiges Klangbild gekennzeichnet ist.

Die britische Indiepop-Hoffnung Kate Nash gebärdet sich im Anschluss als kreischende Punkgöre und kann auf der großen Festivalbühne nur mit ihren beiden Hits "Foundations" und "Mouthwash" punkten. Zu diesem enttäuschenden Auftritt passt die späte Ankündigung des Veranstalters, der Gitarrist von The Kooks habe sich den Finger gebrochen und könne deshalb nicht auftreten. Als Entschädigung schlurft Leadsänger Luke Pritchard auf die Bühne und gibt ein leises 25-minütiges Solo-Set.

Dann endlich nimmt das Festival Fahrt auf: die britische Band Skunk Anansie mit ihrer Power-Frontfrau Skin und die fünf Jahre nach ihrer Auflösung wiedervereinten Punkrocker von Wizo stehen für aufs Skelett geschälten Rock'n'Roll und Spaßpunk in Reinkultur. Während Skin wie eine tollwütige Raubkatze über die Bühne hechtet, beweisen die drei Spaßpunker aus Sindelfingen, dass sie nichts von ihrer provokanten Lässigkeit eingebüßt haben. Aber was ist das alles gegen die Hosen. Sie wirken ausgelassener und trainierter als je zuvor und liefern eine bis zum Anschlag ausgereizte Zwei-Stunden-Show, bei der bis in die hintersten Ecken lautstark mitgesungen wird. Etwa bei "Cocane in my Brain", "Bonnie & Clyde" oder "Hier kommt Alex!".

Immer wieder schaffen es die Fans, einen Refrain komplett an sich zu reißen, da kann Campino mal ein bisschen Luft schnappen. Nicht dass der das nötig hätte, der 48-jährige Leadsänger zeigt trotz seines schon etwas reiferen Alters ein großes Laufpensum, artistische Handhabung des Mikrofons und viel souveränen Überblick - ein großer Spielmacher, der keine Halbzeitpause braucht.

Am Ende, nach drei langen Zugabenblocks, gibt es Schlachtgesänge auf den Rängen. "Vielen Dank für einen geilen Abend", schreit Campino mit heiserer Stimme ins Publikum. Das Kompliment kann man getrost zurückgeben. Für die Hosen wird wohl auch in zehn Jahren noch das Prinzip gelten: Einmal Punk, immer Punk.