Wie ein Kollege: Frank Melzer (links) und Christian Tarragona stellen den Cobot vor. Foto: Festo

Der Esslinger Automatisierungsspezialist Festo stellt eine Weltneuheit vor: einen kollaborativen Roboter mit pneumatischem Antrieb. Was ihn zur Weltneuheit macht? Der Cobot-Arm ist so nachgiebig wie der eines Menschen.

Ronja, der Cobot – das Festo-Entwicklerteam habe den Prototypen seiner Neuentwicklung menschliche Namen gegeben, erzählt Christian Tarragona, der Leiter der Abteilung Robotics bei dem Esslinger Automatisierungsspezialisten. In einem sogenannten Tech-Talk hat Festo seine Weltneuheit digital vorgestellt, die live bei der Hannover Messe Ende des Monats im Mittelpunkt stehen soll. Und es ist der erste marktfähige Roboter von Festo, ein Meilenstein. Zwar hatten die Esslinger immer wieder mit Entwicklungen aus ihrem Bionik-Labor Schlagzeilen gemacht, beispielsweise mit einer pneumatischen Roboterhand oder tierähnlichen Maschinen. Damit sollen Technologien ausprobiert werden, Inspiration für künftige Produkte gewonnen werden. Doch Anwendung in der Industrie haben diese Bionik-Projekte als solche bislang nicht gefunden. Im nächsten Jahr soll sich das mit dem Festo-Cobot ändern.

 

Wie ein neuer Kollege

Wie ein neuer Kollege im Team sei die Neuentwicklung, sagt Tarragona. Und die Moderatorin des Tech-Talks, Carmen Hentschel, demonstriert, was das zu bedeuten hat: Der Cobot – ein Kurzwort für einen kollaborativen Roboter, der ohne Schutzraum mit Menschen direkt zusammenarbeiten kann – schwenkt nach oben, stoppt aber an Hentschels Arm und weicht direkt zurück. Ohne starken Aufprall und Schmerzen zu verursachen, wie die Moderatorin betont. Was den Festo-Cobot zu einer Weltneuheit macht, ist sein pneumatischer Antrieb, der Druckluft einsetzt. Bislang seien nur Cobots mit elektrischen Antrieben auf dem Markt. Für die Pneumatik habe sich Festo überwiegend entschieden, weil es die Maschine nachgiebiger mache, erklärt Tarragona. „Die Kollision ist so sanft wie die mit einem Menschen.“ Die Gründe seien unter anderem eine geringe Masse, die pneumatischen Direktantriebe, die schwere Getriebe wie bei einem elektrischen Cobot ersetzen, sowie das Arbeitsmedium Luft.

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„Wir lassen den Roboter aus dem Käfig raus“, sagt Frank Melzer, Vorstand für Produkt- und Technologie-Management bei Festo. Mit der feinfühligen Maschine sollen menschliche Kollegen gefahrlos zusammenarbeiten können, ohne Schutzzaun. Darüber hinaus soll die Programmierung ohne große Schulung möglich sein – dadurch soll die Akzeptanz bei Mitarbeitern gesteigert werden.

Festo rechnet mit Wachstum für Mensch-Roboter-Kollaboration

Anwendung finden wird der Cobot in der Unterstützung „bei Aufgaben, die in vielen Betrieben – teils unter beschwerlichen Bedingungen – rein manuell durchgeführt werden“. Festo zufolge kann er beispielsweise Dreh- oder Fräsmaschinen bestücken, Etiketten auf Kartons anbringen oder Farbe aufsprühen. Ersetzt der Cobot menschliche Arbeitnehmer? Eigentlich sei er eher als „helfende dritte Hand“ für diese vorgesehen.

Der Cobot könne jedoch auch allein agieren und Mitarbeitern Freiräume für wichtige und komplexe Aufgaben schaffen. „Kaum ein industrielles Marktsegment wird in den nächsten Jahren so rasant wachsen wie die Mensch-Roboter-Kollaboration“, ist man bei Festo überzeugt. Ob dieses Wachstum durch Lieferengpässe bei Halbleitern und anderen Bauteilen und Rohstoffen gebremst werden könnte? „Momentan gehen wir – was die Produktion unseres Cobots betrifft – von keinen Engpässen aus“, teilt das Unternehmen mit. „Die letzten Jahre haben jedoch gezeigt, wie hoch sensibel und dynamisch die weltweiten Lieferketten reagieren können.“

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