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Mit 77 Jahren stellte sich Hollywood­legende Robert Redford einer Aufgabe, die man ihm nicht mehr zugetraut hätte. In „All Is Lost“ erleben wir den US-Schauspieler, Regisseur und Produzent als einsamen Segler, der auf dem Ozean auf sich allein gestellt ist.

Mit 77 Jahren stellte sich Hollywoodlegende Robert Redford einer Aufgabe, die man ihm nicht mehr zugetraut hätte. In „All Is Lost“ erleben wir den US-Schauspieler, Regisseur und Produzent als einsamen Segler, der auf dem Ozean auf sich allein gestellt ist.
 
Mr. Redford, wie verloren kamen Sie sich während der Dreharbeiten zu „All is Lost“ nun wirklich vor?
Die Umgebung, die Regisseur J.C. Chandor für mich geschaffen hat, fühlte sich so echt an, dass ich mir wirklich so vorkam wie meine Figur im Film. Ich habe selten eine so gute Vorbereitung auf einen Film erlebt. Es war bereits alles vorhanden, als ich ans Set kam. Ich musste also nur noch seinen Regieanweisungen folgen, wozu ich gern bereit war. Es blieb nur noch eine Frage die offen: Werde ich das hinkriegen?
Weil es vor allem eine körperliche Herausforderung für Sie war?
Ganz ehrlich, ich wusste anfangs wirklich nicht, wie viel ich aushalten werde und versprach J.C. Chandor nur, das ich alles geben werde, was ich kann. Das ist schließlich meine Verpflichtung als Schauspieler, aber sicher war ich mir nicht. In bin in einer Phase meines Lebens, in der man für so eine intensive Arbeit eigentlich schon zu alt ist. Ich habe mich einfach auf einen Regisseur verlassen.
Haben Sie eine Leidenschaft zum Segeln entwickelt?
Nein, obwohl ich mir schon vorstellen könnte, dass es mir gefallen würde, aber ich habe einfach keine Erfahrung mit Segelschiffen. Mit Wasser schon. Als Kind bin oft gesurft. Ich bin eine Zeit auch ziemlich professionell geschwommen und auch schon Wasserski gelaufen. Klar war ich auch schon öfters auf Segelbooten, aber ich bin nie wirklich selbst gesegelt, weshalb ich mich da auch nicht so auskenne wie mein Regisseur von „All is Lost“, der das Segeln wirklich mal erlernt hat und mir viel beibringen konnte.
„All is Lost“ wirkt wie ein klassischer Abenteuerfilm, der nicht viel braucht, um im höchsten Maß Spannung zu erzeugen...
Genau das reizte mich daran. Die Actionszenen fühlen sich wirklich echt an, weil sie auch so gedreht wurden. J.C. ist mit Filmen wie „Indiana Jones“ und „Star Wars“ groß geworden, die ihn sehr geprägt haben. Ich war davon damals weniger beeindruckt, weil ich das alles schon kannte, und zwar aus meiner Kindheit kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs. Damals gab es vor dem Hauptfilm noch Cartoons, Wochenschauen und Abenteuerserien wie „Flash Gordon“ oder „Tarzan“ zu sehen. Das waren meine Helden, während ich Indiana Jones nur als Kopie von ihnen empfunden habe.
War nicht alles schon mal da gewesen und ist „All is Lost“ dementsprechend nicht auch nur eine Kopie?
Eben nicht! In Bezug auf das Actionkino hat er hier etwas völlig Neues geschaffen.. Zumindest empfand ich es als Herausforderung, nach der ich gesucht habe, ohne es wirklich gewusst zu haben. „All is Lost“ vermittelt wieder ein neues Kinoerlebnis, weil der Film kaum Effekte hat und noch nicht mal in 3-D gedreht wurde. Nicht das Sie mich falsch verstehen: Das ist bestimmt alles sehr anziehend und unterhaltsam, aber für mich bestand der Reiz eben darin, dass „All is Lost“ das alles nicht braucht. Selbst Dialoge sind auf ein Minimum reduziert. Das macht diesen Film so anders und führt die Zuschauer direkt zu meiner Figur.
Sie bleiben die einzige Figur im Film. Waren Sie damit nicht einem zusätzlichen Druck ausgeliefert, eine Handlung völlig allein ausfüllen zu müssen?
Als Schauspieler habe ich diese Herausforderung sehr geschätzt. Ich bin im Film permanent anwesend, und das hat mir letztendlich viel Spaß gemacht. Der Rest war eher einfach, weil ich nur den detaillierten Anweisungen im Drehbuch nachgehen musste. Die Situation verschlimmert sich für meine Figur zusehends – je mehr, desto größere Konzentration war erforderlich, sowohl für meine Figur als auch für mich als Schauspieler.
Es ist nicht das erste Mal, dass Sie auf der Leinwand einen Überlebenskampf ausfechten...
Tatsächlich gibt es Parallelen zu dem Trapper-Film „Jeremiah Johnson“, den ich 1972 drehte, was mir aber auch erst kürzlich aufgefallen ist. Es geht in beiden Filmen um die pure Existenz, beiden Figuren werden im Laufe der Handlung alles genommen, Jemeriah sogar die Familie. Das führt zur gleichen Frage: Warum weitermachen, wenn alles verloren scheint? Weil man dazu noch in der Lage ist, und das ist der einzige Grund, der beide Männer bis zum Schluss noch antreibt. Denn es gibt nichts mehr anderes als dieser eine Grund. Man geht weiter, weil man noch kann. Ich kann mir das gut vorstellen und mag diesen Gedanken.
Waren Sie denn schon mal in einer lebensgefährlichen Situation?
Mit meiner Frau saß ich mal in einem Flugzeug von Mexiko nach Kalifornien, als um 22 Uhr beide Motoren ausfielen. Es waren nur neun Minuten, aber sie kamen uns wie eine Ewigkeit vor. Es war Zeit genug, um über sein bevorstehendes Ende nachzudenken.
Was dachten Sie in diesem Moment?
Hoffentlich überlebe ich das, um das in einem Film zu verarbeiten (lacht).