Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) in der ARD-Talkshow „Maischberger“: „Keine klassische Insolvenz“. Foto: dpa/Oliver Ziebe

Robert Habeck (Grüne) wollte in einer Talkshow seine Erfolge präsentieren. Das gelang ihm so lange, bis Moderatorin Sandra Maischberger hartnäckig wird.

Eigentlich war Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am späten Dienstagabend in der ARD-Talkshow „Maischberger“ auf der Straße der Gewinner. Er hatte kleine Erfolge im Kampf gegen eine gigantische Herausforderung präsentiert: Durch „vorbereitetes und auch energisches politisches Handeln“ nähere sich der Füllstand der deutschen Gasspeicher Anfang September der 90-Prozent-Marke. Ein flüchtiges Lächeln.

Gefüllt worden seien die, obwohl kein Gas mehr aus Russland komme. Der Vizekanzler erklärt den Erfolg damit, dass es einen milden Sommer gegeben habe und weil deutsche Unternehmen ihre Produktionen gedrosselt hätten. „Es wird ein harter Winter, es wird ohne Frage politisch anspruchsvoll werden. Es wird Zumutungen geben, mindestens preisliche für die Bevölkerung“, fährt der Wirtschaftsminister fort. Falle der Gasverbrauch in Deutschland insgesamt 20 Prozent unter den sonstigen Durchsc hnitt“ habe das Land eine Chance, diesen Winter zu ü berstehen.

Hartnäckige Sandra Maischberger

Dann aber will Moderatorin Sandra Maischberger wissen, ob die Bundesregierung mit allen ihren Entlastungspaketen den Mittelstand im Stich lässt. „Energiepreisdämpfungsprogramme“ sollen auch für den Mittelstand geöffnet werden, sagt Habeck. Auch wenn das noch genau ausgearbeitet werden müsse. Betriebe wie Bäckereien hätten nun hohe Energiekosten, der Weizenpreis sei enorm gestiegen. Die Lage sei ein Tropfen, der „das Fass in vielen Branchen zum Überlaufen“ bringe. Es müsste geschaut werden, wer wirklich Hilfe braucht. „Wenn man nur über die Energieanteile am Umsatz geht, erwischt man diese Branchen gar nicht, weil andere Kosten sehr viel höher sind.“ Deshalb dürfe die Regierung kein Programm machen, bei der sie denke, sie habe es gut gemacht, aber in Wahrheit die eigentlich Betroffenen nicht erwische.

Maischberger hakt nach: „Rechnen Sie mit einer Insolvenzwelle am Ende dieses Winters?“ Nein, tue er nicht, sagt Habeck. „Ich kann mir vorstellen, dass bestimmte Branchen einfach erst mal aufhören zu produzieren. Nicht insolvent werden, aber . . . ich meine . . .“

Der Wirtschaftsminister will Mitleid: „Im Moment komme ich nicht mal mehr dazu, Brötchen einzukaufen, geschweige denn, morgens in Ruhe zu frühstücken.“ Er wisse jedoch, dass die Brötchen beim Bäcker im Vergleich zu denen bei Discountern „ungefähr doppelt so teuer sind“.

Läden, die darauf angewiesen seien, dass Menschen Geld ausgeben wie Blumenläden, Bioläden und Bäckereien werden Probleme haben, weil es Kaufzurückhaltung gebe. „Und dann sind die Betriebe nicht insolvent, automatisch, aber sie hören vielleicht auf zu verkaufen . . .“ Maischberger grätscht rein: „Wenn ich aufhöre zu verkaufen, dann verdiene ich kein Geld mehr. Dann muss ich Insolvenz anmelden nach zwei Monaten. Wenn ich das nicht getan habe, habe ich Insolvenzverschleppung“, stellt sie irritiert fest.

Die richtige Antwort fehle noch

„Man würde dann insolvent werden, wenn man mit der Arbeit ein immer größeres Minus macht“, sagt Habeck. Maischberger: „Ja, aber wie wollen Sie denn kein größeres Minus machen, wenn Sie Leute bezahlen, aber nichts mehr verkaufen?“ Es werde nicht automatisch eine Insolvenzwelle geben, sagt Habeck daraufhin: „Aber es kann sein, dass sich bestimmte Geschäfte nicht mehr rentieren und die dann eingestellt werden. Vielleicht werden sie später wiederaufgenommen, dass kann ja sein. Das ist dann ja keine klassische Insolvenz.“

Es könne sein, dass Bäckereien, Handwerksbetriebe „dieses Jahr die wirtschaftliche Betätigung einstellen“, wenn politisch keine Abhilfe geschaffen werde. Maischberger fasst zusammen: „Die sind dann pleite, weil sie nicht mehr arbeiten können, melden aber nicht Insolvenz an.“ Sie glaube, den Punkt müsse man sich noch mal überlegen. „Ich habe das Gefühl, die richtige Antwort ist da noch nicht gefallen bei Ihnen.“