Noch immer werden junge Russen als Soldaten eingezogen – obwohl die Mobilisierung vor kurzem beendet wurde. Foto: IMAGO/SNA/IMAGO/Vitaly Nevar

Russlands Gesellschaft ist gespalten, viele Russen verzweifeln. Der Angriff auf die Ukraine kann nicht mehr verleugnet werden, die Mobilisierung hat Präsident Putin zwar für beendet erklärt, doch der Ruhe glauben die wenigsten. Immer mehr gehen ins Exil.

Muss Petja in den Krieg?“ Der Gedanke geht Rita seit Monaten nicht aus dem Kopf. Auch nachdem Russlands Präsident Wladimir Putin die Mobilisierung vor einigen Tagen für beendet erklärt hatte, weicht er nicht von ihr. „Nein, Petja geht nicht in den Krieg“, hat Rita beschlossen. Wie sie auch beschlossen hat, dass sie als Familie ihrem Land den Rücken kehren. „Endgültig.“ Und so steht die Ärztin, die ihren Nachnamen aus Sicherheitsgründen nicht nennen will, an diesem Herbsttag im Moskauer Dom Knigi, dem einzigen staatlichen Buchladen der Stadt und sucht nach Lehrbüchern für Hebräisch. „Ich will nicht unvorbereitet auswandern. Ich will mich wenigstens ein bisschen mit der Sprache beschäftigen.“ Sie blättert durch die dünnen Seiten, sieht sich die russische Umschrift der hebräischen Buchstaben an. Es gibt nicht viele Hebräischbücher hier.