An der Börse geht es rund – Firmen nutzen den Anlagenotstand, der durch niedrige Zinsen entstanden ist, um ihre Aktien zu platzieren. Doch Anleger sollten einen kühlen Kopf bewahren Foto: dpa

An den Börsen tut sich was – mit dem Händler Zalando und Rocket Internet, dem Starthelfer für Online-Firmen, streben gleich zwei coole Firmen an die Börse.

An den Börsen tut sich was – mit dem Händler Zalando und Rocket Internet, dem Starthelfer für Online-Firmen, streben gleich zwei coole Firmen an die Börse. Doch Privatanleger sollten vorsichtig sein.

Frankfurt - Es erinnert an den Jubel um Internet-Unternehmen zur Jahrtausendwende. „Das klingt ja fast wie bei EM.TV“, sagte ein Experte nach der Präsentation des Börsengangs der Berliner Rocket Internet vor wenigen Tagen in Frankfurt. Der Fernsehrechte-Vermarkter EM.TV war nach dem euphorisch gefeierten Börsengang 1997 und einem märchenhaften Kursanstieg der Aktie vier Jahre später faktisch pleite. Die schönen Kursgewinne waren wie bei anderen vielen Internet-Aktien in dieser Zeit weg. Nicht nur das mahnt Anleger zur Vorsicht.

Nun will Rocket Internet, der Betreiber von fast 70 Internet-Händlern, -Marktplätzen und -Kreditvermittlern vor allem Russland, in Asien, Lateinamerika und Afrika Milliarden einsammeln. Die Chancen seien riesig, sagt Firmenchef und Unternehmensgründer Oliver Samwer. Allerdings wird das Unternehmen noch auf Jahre rote Zahlen schreiben. Anlegerschützer warnen. Rocket Internet und auch der Online-Modehändler Zalando, der heute auf das Börsenparkett strebt, seien „reine Hoffnungswerte“, sagt Jürgen Kurz von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW).

Anlegerschützer Kurz rät zum Abwarten. Das gilt auch für die Aktie von Alibaba, die hierzulande indirekt über ein Zertifikat über jede Bank oder Sparkasse erworben werden kann – wie auch andere in den USA gelistete Unternehmen. Wer dies etwa beim Börsengang von Facebook beherzigt hat – wobei allerdings deutsche Privatanleger wie auch jüngst beim chinesischen Online-Händler Alibaba keine Möglichkeit hatten, die Emissionen beim Börsengang zu zeichnen –, hat die Aktie Monate später erheblich günstiger bekommen und profitiert heute vom deutlichen Anstieg der Facebook-Aktie in der Zeit danach.

Oliver Roth, erfahrener Börsenhändler beim Handelshaus Close Brothers Seydler, hält die Aktien von Zalando und Rocket Internet für interessant und sieht auch keine Übertreibungen. „Schließlich macht niemand Kasse, und das Geld bleibt in den Unternehmen.“

Die DSW bietet Anlegern mit Blick auf Börsengänge eine Check-Liste, anhand derer sie selbst bewerten können, ob eine Zeichnung neu angebotener Aktien sinnvoll ist. Wichtig zum einen: Verkaufen die bisherigen Aktionäre ihre Aktien und machen damit durch den Börsengang Kasse? Oder geht es tatsächlich um eine reine Kapitalerhöhung, so dass dem Unternehmen frisches Geld zufließt? Das wäre positiv.

Bei Zalando und Rocket Internet ist dies der Fall. Zum anderen rät die DSW, darauf zu achten, in welchem Börsensegment die Aktien notiert werden soll. Rocket Internet etwa strebt in den Entry Standard der Frankfurter Börse. Dort gelten geringere Transparenzanforderungen als etwa im Prime Standard. So sind Quartalsberichte nicht vorgeschrieben. „Es gibt also“, sagt Kurz, „nur rudimentäre Informationen über den Geschäftsverlauf.“ Wichtig auch: Hat sich das Geschäftsmodell in der Vergangenheit bewährt, gab es Gewinne. Wenn nicht, rät die DSW zur Vorsicht. „Verlustbringer gehören in den Bereich des Risikokapitals und sind für Privatanleger ungeeignet.“

Schließlich gilt es auch auf die Bewertung von Börsenneulingen zu achten. Zalando und Rocket Internet mit 5,6 und 6,2 Milliarden Euro werden so hoch eingestuft wie etwa Lufthansa. Dabei rechnen Banken den aktuellen Umsatz mit einem bestimmten Faktor hoch, ziehen Vergleiche mit ähnlichen Unternehmen heran oder fragen Großinvestoren vorab, welchen Preis sie bereit wären zu zahlen. Ob ein Unternehmen tatsächlich so viel wert ist, zeigt erst die Zukunft. Auch deshalb raten Anlegerschützer erst einmal zur Zurückhaltung. „Generell“, sagt Kurz, „sollte jede Neuemission wie jede andere Aktie auch zur Risikoneigung und der Strategie des jeweiligen Anlegers passen.“

Das bedeutet: Wer schon einen Großteil seines Geldes in Internetaktien gesteckt habe, für den sei es nicht empfehlenswert, weitere Unternehmen aus diesem Bereich ins Depot zu holen.