Der KSV sagt, der TSV wolle den Erfolg der Ringer verhindern. Foto: Baumann/Hansjürgen Britsch

Beim Ringerstreit in Musberg (Landkreis Esslingen) geht es vor allem um Geld. Doch der Streit spaltet längst auch den Ort. Ob das Urteil des Landgerichts Stuttgart Ruhe reinbringen kann?

Musberg - Es hätte vergangene Woche eine Entscheidung fallen können im Streit zwischen dem TSV und dem KSV Musberg. Nach sechs Stunden Zeugenvernehmungen entschied sich der Richter aber dafür, die Flut an Informationen erst einmal in Ruhe zu sortieren, bevor er eine Entscheidung verkündet. Auch die beiden Vereine haben dadurch nun Zeit, zu den Zeugenaussagen Stellung zu nehmen. Der Richter will sein Urteil am 11. Februar fällen.

Und um diese Frage geht’s: Hätten die Musberger Ringer eine Ablöse an ihren alten Verein zahlen müssen, als sie vom TSV zum KSV gewechselt sind? Damit beschäftigt sich das Landgericht, nachdem der TSV Musberg den KSV verklagt hatte. Etwa 16 700 Euro seien dem TSV verloren gegangen, weil eben jene Gebühr nicht bezahlt worden sei. Diese Summe fordert der Verein nun mit rechtlichen Mitteln ein.

Bei der Auslegung dieser Regelung helfen

In welchen Fällen welche Ablöse an den alten Verein zu zahlen ist, regelt die Finanzordnung des Deutschen Ringerbunds. Darin heißt es, dass diese Kosten entfallen, wenn der alte Verein oder die Abteilung aufgelöst ist. Das Gericht hatte einen Zeugen geladen, der bei der Auslegung dieser Regelung helfen sollte. Er sagt, dass die entsprechende Landesorganisation über die Vereins- oder Abteilungsauflösung informiert werden müsse, um als aufgelöst zu gelten. Verlassen alle Sportler einer Abteilung den Verein, müsse es in der Vereinssatzung geregelt sein, ob diese dann als aufgelöst gilt oder nicht.

Insgesamt ist der Zeuge jedenfalls der Ansicht, dass ein Verein keinen Kostenersatz braucht, wenn er faktisch keine Ringer mehr hat. Denn das Geld sei dafür gedacht, weiterhin in die Sportart zu investieren – es soll also in die Abteilung und nicht in den Gesamtverein fließen. Schließlich koste es Geld, einen Sportler auszubilden und ihn zu Meisterschaften zu schicken. Wenn also ein Ringer einen Verein verlässt, sollte der Verein den Kostenersatz dafür nutzen, einen neuen Ringer auszubilden.

TSV: Ringerabteilung besteht bis heute

Zum Jahreswechsel 2017/18 sind zahlreiche Ringer vom TSV zum KSV gegangen. Ein Zeuge, der Mitglied in beiden Vereinen ist, berichtet, dass solche Vereinswechsel schon immer in Eigenregie der Abteilung abgewickelt werden. Deshalb sei der Hauptvorstand nicht über die Wechsel informiert worden. Es laufe in der Regel so ab, dass der neue Verein den alten informiere und nach der Höhe des Kostenersatzes frage. Der Zeuge war in der Ringerabteilung des TSV unter anderem dafür zuständig, aufgrund solcher Informationen Rechnungen an die neuen Vereine der Sportler zu stellen. Er sagt: „Für mich war klar, dass der Wechsel kostenfrei ist, wenn die Abteilung nicht mehr existiert.“ Schon seit Beginn des Streits pocht der TSV allerdings darauf, dass die Ringerabteilung bis heute besteht.

Auch ein Vertreter des Württembergischen Ringerverbands (WRV) sagt: „Von unserer Seite war niemals die Rede von einer Auflösung der Abteilung.“ Er sagt aber auch, dass die Wechsel „formal vollkommen korrekt“ abgelaufen seien – aus Sicht des Verbands. Die Pässe der Sportler seien korrekt auf den neuen Verein, also den KSV Musberg, ausgestellt worden.

Einen Platz in der Oberliga blockiert

Ein wesentlicher Punkt im Ringerstreit ist außerdem die Einschätzung des KSV, der TSV wolle den Erfolg der Ringer verhindern. So habe der TSV seine Ringermannschaft im Jahr 2018 beim Württembergischen Ringerverband nicht abgemeldet, obwohl die Ringer den Verein bereits verlassen hatten. Damit habe der TSV sozusagen einen Platz in der Oberliga blockiert. „Wenn sich der TSV rechtzeitig abgemeldet hätte, hätten wir entscheiden können, ob wir die Oberliga nur mit acht Mannschaften machen oder ob ein Verein aus der Verbandsliga nachrückt“, sagt der Vertreter des WRV.

Im Ringerstreit geht es zwar vor allem um Geld. Doch längst spaltet er den Ort, weil er sich ausgeweitet hat. So gerieten TSV und KSV auch öffentlichkeitswirksam aneinander, als es um den Trainingsort ging. Der TSV hatte den Ringern den Zutritt zum Ringerraum in Musberg verweigert. Denn auch als die Ringer KSV-Mitglieder waren, hat weiterhin der TSV die Nutzungsgebühr für die Halle an die Stadt gezahlt. Vor Gericht fordert der TSV deshalb nun gut 500 Euro vom KSV.

Was der Richter durchblicken lässt

Die Nutzungsgebühr richtet sich nach dem Belegungsplan des TSV, es werden also nur die Stunden berechnet, die der Verein für sich reserviert. Die Anwältin des KSV fragt eine Zeugin, ob die Miete geringer gewesen wäre, wenn der TSV einfach weniger Stunden bei der Stadt angemeldet hätte. Ja, sie selbst sei aber nicht darüber informiert worden, dass der Raum vom TSV seltener genutzt wurde als früher.

Der Richter lässt am Ende der Zeugenvernehmung durchblicken, dass er die Auflösung der Ringerabteilung des TSV nicht mehr gegeben sieht. Von der Gesamtsumme, die der TSV vom KSV verlangt, zieht er aber auf jeden Fall 1500 Euro ab – 500 Euro für jeden Ringer, dessen Wechsel nicht nachvollzogen werden kann. Mit den Kosten für den Ringerraum geht es nun also noch insgesamt um 15 700 Euro. Die beiden Vereine haben bis Ende Januar Zeit, Stellung zu nehmen.