Will bei der WM in Taschkent jubeln: Ringer Frank Stäbler. Foto: dpa

Auf Ringer-Goldhoffnung Frank Stäbler wartet vor der Weltmeisterschaft in Taschkent eine Tortour: Er muss acht Kilogramm abnehmen - in zehn Tagen.

Auf Ringer-Goldhoffnung Frank Stäbler wartet vor der Weltmeisterschaft in Taschkent eine Tortour: Er muss acht Kilogramm abnehmen - in zehn Tagen.

Stuttgart - Wenn in eineinhalb Wochen alles vorbei ist, gibt’s Fleischbrühe mit Tafelspitz und Nudeln. Michaela Stäbler weiß, was zu tun ist: Sie wird in der nächsten Woche kochen, einfrieren und dann ein Paket schnüren, das mit ihrem Sohn im Flugzeug nach Taschkent reisen wird. Und in zehn Tagen dann, wenn Frank Stäblers Wettkampftag bei der Ringer-WM zu Ende ist, wird aufgetaut, und das Essen geht los.

Wenn man so will, hat der Musberger Ringer neben der Goldmedaille also noch ein weiteres großes Ziel vor Augen – und wer Frank Stäbler (25) so reden hört über die Entbehrungen, die davor auf ihn zukommen, der weiß, wie sehr er sich schon jetzt auf Mamas Fleischbrühe freut. 74 Kilogramm bringt Stäbler aktuell auf die Waage – das sind acht zu viel, weil der Griechisch-Römisch-Spezialist bei der WM in der Gewichtsklasse bis 66 Kilogramm an den Start geht. Im Klartext heißt das: Stäbler muss in den nächsten zehn Tagen acht Kilogramm abnehmen, und das als Leistungssportler.

In den ersten fünf Tagen reduziert der WM-Dritte von 2013 und EM-Dritte von 2014 die Nahrungsaufnahme nach und nach, und dann geht’s ans Eingemachte. Kein Essen mehr – und die letzten zwei Tage vor dem Wiegen, das einen Tag vor dem Wettkampf stattfindet, auch kein Trinken, das ist Stäblers Los. „Das Gute ist, dass es meinen Konkurrenten genauso geht“, sagt der Musberger, der in der Bundesliga für den ASV Nendingen aktiv ist. Das Schlechte ist die Tortour, die auf Stäbler zukommt. „Ich werde nachts nicht mehr schlafen können“, sagt er, „denn ohne Trinken hat man immer so einen verdammt trockenen Mund.“

So einfach, so traurig können Ringerschicksale sein. Dabei könnte Stäbler zumindest theoretisch auch in der bei Welt-und Europameisterschaften neu eingeführten Gewichtsklasse bis 71 Kilogramm an den Start gehen. Das will er aber nicht, denn bei den Olympischen Spielen gibt es die neue Klasse nicht – und Stäbler hat bei den Spielen in Rio im Jahr 2016 Großes vor. Deshalb legt er schon jetzt den Fokus auf die 66 Kilogramm, um im Rhythmus zu bleiben und den Körper weiter daran zu gewöhnen.

Schon bei der WM in Taschkent, die am 8. September beginnt, soll sich die Leidenszeit auszahlen. „Ich bin in der Form meines Lebens“, sagt Stäbler. Allerdings wird ihm bei den Titelkämpfen nicht nur das Abnehmen zuvor zu schaffen machen. Bei den deutschen Meisterschaften Ende Mai zog sich Stäbler Haarrisse im Schlüsselbein zu. „Eigentlich“, sagt der Musberger, „hätte ich pausieren müssen.“ Die WM-Vorbereitung ließ das aber nicht zu, in Taschkent muss nun eine Spritze her, um die Schmerzen zu lindern.

Erschwerend zur Goldmission hinzu kommen die Unwägbarkeiten, die der Austragungsort mit sich bringt. „Zuletzt hatte es in Taschkent 38 Grad“, sagt Stäbler, „dazu gibt es eine extrem hohe Luftfeuchtigkeit.“ Anstrengend wird es in Usbekistan, und das für Körper und Geist.

Weil Frank Stäbler so etwas wie die einzige deutsche Goldhoffnung ist, spürt er den „großen Druck“, der auf ihm lastet. „Das ist auch eine Kopf-Arbeit“, sagt er, „man muss sich immer wieder klarmachen, dass man das zuallererst nur für sich und für seine Familie macht.“ Nichts anderes hat Frank Stäbler vor, denn die Marschroute für die WM ist klar. „Mein Ziel ist es, ganz vorne zu landen“, sagt er.