Auch Weltmeister Stäbler (rechts) muss mit reduzierten Traininszeiten klar kommen. Foto: AP

Nachdem der TSV Musberg Mitte April seine Ringer aus der Trainingshalle ausgesperrt hat, hat sich die Situation weiter verschärft. Empörte Eltern appelieren an die Stadt sich einzumischen.

Musberg - Gut drei Wochen nachdem der TSV Musberg die Ringer des neugegründeten Kraftsportverein (KSV) Musberg aus dem städtischen Trainingsraum verbannt und Doppel-Weltmeister Frank Stäblers Trainingsmöglichkeiten eingeschränkt hat, geht der jahrelange Streit um mehr finanzielle Autonomie für die Ringer in die nächste Phase. Am 17. Mai wird der KSV auf einer Mitgliederversammlung darüber entscheiden, ob er die Bedingung des TSV annimmt und am Ende der kommenden Saison den neuen Verein auflöst, um wieder komplett unter das Dach des TSV zurückzukehren.

Nach der Eskalation der vergangenen Woche wäre so eine Entscheidung aber ein Wunder, schließlich ist der KSV aus dem Streit heraus entstanden. Beide Seiten stehen sich weiter starr gegenüber, der Zwist hat längst die fachliche Ebene verlassen und die jahrelange, auch persönliche Fehde zwischen dem TSV-Vorstand Joachim Beckmann und den Ringern verschärft. Seit dem 16. April haben nun alle KSV-Mitglieder Hausverbot im städtischen Trainingsraum.

Der TSV kündigt auch dem Ringer Verband

Der Bann gilt auch für die große Zahl der Aktiven, die weiterhin auch Mitglied im TSV sind. Von denen halten sich freilich nicht alle daran. „Die sagen – wir zahlen unsere TSV-Mitgliedsbeiträge, also können wir auch die Trainingszeiten nutzen“, sagt Andreas Stäbler, Vorsitzender des KSV und Trainer von Frank Stäbler. Dem TSV-Chef Beckmann passt das nicht, das Verbot wird derzeit aber nicht kontrolliert. Beckmann bekam in diesen Tagen Unterstützung von vier anderen Mitgliedern des achtköpfigen TSV-Vorstands. In einer Mail an diese Zeitung erklären sie, dass die Hallensperre ein Beschluss des gesamten Vorstands und auch des Verwaltungsrats des Vereins sei.

Ein Beschluss, der auch TSV-Mitglied Frank Stäbler betrifft. Der darf zwar den Ringerraum weiter nutzen, laut seinem Trainer aber nur bis 16 Uhr. Alle anderen Termine sind anzumelden, maximal zwei Trainingspartner darf er mitbringen. „Ein Unding“, klagt Andreas Stäbler, „Frank profitiert im Training von der ganzen erfahrenen Truppe, und vor 16 Uhr hat sowieso keiner Zeit mit ihm zu trainieren.“ Für den Weltmeister hat sich auch der Württembergische Ringer Verband eingesetzt. Vizepräsident Günter Prexl erinnerte den TSV daran, dass es seit mehr als zehn Jahren eine Vereinbarung zwischen dem Verband und dem TSV über Stützpunktraining in Musberg gebe. Dies sei damals zur Förderung des Talents Frank Stäbler beschlossen worden, der auch jetzt in Sachen WM-Vorbereitung optimale Bedingungen brauche. Die Reaktion des TSV: die sofortige Kündigung der Vereinbarung „aus besonderem Grund“.

TSV Vorstand Beckmann rüffelt öffentlich Stadträte

Prexl wandte sich daraufhin an die Stadt Leinfelden-Echterdingen, bekam aber von Bürgermeister Carl-Gustav Kalbfell die Antwort, dass die Stadt an der Belegungshoheit ihrer Musberger Hallen durch den TSV und an der Regel „alter Verein vor neuer Verein“ festhalte. Auch OB Roland Klenk will sich aus dem Streit heraushalten und nicht an der Belegungshoheit des TSV rütteln, regt aber jetzt eine Abstimmung aller TSV-Mitglieder über den künftigen Umgang mit den Ringern an. Am vergangenen Freitag griff Joachim Beckmann im Amtsblatt der Stadt vier Gemeinderäte an, die eine Diskussion über die Hallenbelegung angeregt hatten. Beckmann bezeichnete die Räte von CDU, Freien Wählern, L.E. Bürger und Freunde der Filderpiraten als „Lobbyisten des KSV“, die zudem emotional befangen und von bemerkenswerter Unwissenheit seien.

Die KSV/TSV Ringer versuchen sich derweil mit Improvisation. Die Eltern der ausgesperrten Jugendlichen protestieren mittlerweile sichtbar mit einem großen Plakat gegen den „Irrsinn des TSV-Vorstands“ und arrangieren Fahrgemeinschaften zum Training nach Vaihingen oder Holzgerlingen. „Wir erfahren viel Solidarität und Unterstützung“, sagt Andreas Stäbler, der auch ein Angebot für Trainingsmöglichkeiten in einer Musberger Schule von einer Narrenzunft hat. Die „Siebenmühlental-Hexen“ hätten, so Stäbler, bei der Stadt angefragt, ob das okay sei, bisher aber keine Antwort erhalten. Frank Stäbler, der in diesen Tagen Vater geworden ist, will sich bis zur Mitgliederversammlung des KSV nicht äußern.

Frank Stäbler denkt über eine Lösung zu Hause nach

Die Vorbereitung auf die Deutschen Meisterschaften im Juni und die WM im Oktober in Budapest sind aber für den Ringer schwierig geworden. Und es gibt wohl auch einen Plan B. Sollte sich die Situation nicht entspannen, wird sich Frank Stäbler wohl eine Art Trainingsraum im elterlichen Hof einrichten, wo er mit seiner Trainingsgruppe arbeiten kann. Der Weltmeister im Stall – das wäre die nächste Stufe im skurrilen Musberger Ringerstreit.