Im Januar richtete der KSV Musberg ein Schautraining an der Schönbuchschule in Leinfelden aus. In der Heimstätte in Musberg ist das Training derweil nicht möglich. Foto: Bergmann

Jahrelang hat die Rathausspitze dem Ringer-Streit in Musberg nur zugeschaut. Nun hat die Stadt ein Machtwort gesprochen und sich aus Sicht des KSV auf die Seite des TSV geschlagen. Das sorgt für noch mehr Ärger.

Musberg - Andreas Stäbler ist aufgebracht und traurig zugleich. Der Vorsitzende des Kraftsportvereins Musberg (KSV) sagt: „Die Stadtverwaltung wird zum Erfüllungsgehilfe des TSV.“ Und: „Sie hat sich gegen die Ringer entschieden.“ Nun müsse man schauen, ob der Sport in Musberg überleben könne. Eines sei aber sicher: „Ringen in Musberg – das geht fortan nur außerhalb des TSV.“

In einer Pressemitteilung des KSV steht: „Eine über 100-jährige Tradition geht zu Ende, weil der TSV Musberg nicht bereit ist, den Ringerraum mit den Ringern zu teilen.“ Dieser Umgang mit den Sportlern sei beispiellos, heißt es. „Das Vereinstraining fällt ins Wasser“, sagt KSV-Sprecher Roland Droll unserer Zeitung. „Das gibt es sonst nirgends in Deutschland.“

Der Streit schwelt seit Jahren

Ein Brief der Verwaltungsspitze hat den KSV erreicht. Darin steht, dass den Musberger Ringern von Sonntag, 31. März, an untersagt ist, einen Trainingsraum in Musberg – den sogenannten Gymnastikraum – zu betreten. Dieses Verbot soll für Ringer gelten, die noch TSV-Mitglied sind, genauso wie für jene, die mittlerweile nur dem KSV angehören. Zum Verständnis: Einige haben eine doppelte Mitgliedschaft, zahlen also zweimal Vereinsbeitrag.

Dazu muss man wissen, dass seit Jahren ein Konflikt zwischen dem TSV Musberg und dem KSV schwelt, der sich vom Turn- und Sportverein losgesagt hat. Dabei handelt es sich auch um eine persönliche Fehde zwischen den Vorstandsfunktionären. Es geht unter anderem um gekränkte Eitelkeiten und Geld. Anwälte sind eingeschaltet.

Ringer hätten Hausfriedensbruch begangen, heißt es

Die Parteien streiten sich dabei auch um einen etwa 100 Quadratmeter großen Raum. Dieser gehört der Stadt, der TSV hat die Schlüsselgewalt. Joachim Beckmann, der TSV-Vorsitzende, sagt, dass er Stäbler vor langer Zeit darauf hingewiesen hat, dass diese Halle für den Mannschaftssport des KSV als Übungsort nicht zur Verfügung steht, weil der KSV ein Konkurrenzverein des TSV sei. „Die Ringer haben sich allerdings nicht daran gehalten“, sagt Beckmann unserer Zeitung. „Sie haben permanent Hausfriedensbruch betrieben.“

Die Stadt hat bei diesem Streit lange zugeschaut – „vielleicht zu lange“, wie Oberbürgermeister Roland Klenk nun sagt. Man hat versucht, schlichtend auf die beiden Parteien einzuwirken – ohne Erfolg. „Ich habe immer wieder gesagt, wenn ihr euch nicht einigen könnt, wird es einen Verlierer geben“, sagt der Rathauschef. Die Stadt habe eine „Eselsgeduld“ bewiesen. Nun aber sei es Zeit gewesen, durchzugreifen. Auch wenn es ihm persönlich weh tue, dass die Ringer nun einen solch schweren Schlag erhalten. Der Rathauschef hofft, dass so Besinnung eintritt und die Parteien wieder zusammenfinden.

Nur für den Weltmeister wird Ausnahme gemacht

Die Stadtverwaltung hat die Ringer nun also schriftlich dazu aufgefordert, das vom TSV ausgesprochene Zutrittsverbot zu dem Gymnastikraum auch einzuhalten. Von Anfang Juni an soll auch der Ringerjugend des KSV ein Training dort nicht mehr erlaubt sein. Die einzige Ausnahme wird für Ringerweltmeister Frank Stäbler gemacht. Er darf gemeinsam mit einer ausgewählten, begrenzten Anzahl von Trainingspartnern montag- und donnerstagabends den Raum nutzen. Diese Regelung gilt bis zu seiner Teilnahme bei den Olympischen Spielen im Jahr 2020.

Für alle anderen Ringer des KSV bedeutet dies, dass sie wohl auf das Angebot von benachbarten Sportvereinen zurückgreifen müssen, um ihrem Sport auch künftig nachzukommen. Denn auch darüber informiert das Schreiben der Stadt. Dort heißt es: „Derzeit sind alle städtischen Hallen und Liegenschaften durchgehend belegt, sodass wir keine Alternativen anbieten können.“

Alte Vereine haben Vorrang vor neuen Vereinen

Der Unmut der Ringer ist entsprechend groß. Zahlreich sind sie am Dienstag zur Gemeinderatssitzung in die Echterdinger Zehntscheuer gekommen, um ihrem Ärger Luft zu machen. Karsten Heimerdinger war einer der Männer, die zum Mikrofon gegriffen haben. Er stellte den Vertretern der Stadt zwei Fragen: „Wollen sie wirklich der Ringerjugend keine Trainingsmöglichkeiten stellen?“ Und: „Warum findet nur eine einseitige Bestrafung statt?“

Dazu sagt Oberbürgermeister Klenk unserer Zeitung: „Es gilt nach wie vor die Regelung Alt vor Neu.“ Will heißen: Die Kommune gibt alteingesessenen Vereinen bei der Belegung städtischer Räume den Vorrang vor jüngeren Vereinen. Klenk beruft sich auch auf ein entsprechendes Votum einer Mitgliederversammlung des TSV vom Sommer vergangenen Jahres, an das sich beide Vereine halten wollten.

Stadträte wollen sich kümmern

Der TSV Musberg hatte von der Stadt zudem den Auftrag erhalten, das Ringen in Musberg zu erhalten. Vereinschef Beckmann bemüht sich auch derzeit, die Ringerabteilung in seinem Verein weiterzuentwickeln. „Wir wollen im TSV eine Kampfsportart anbieten“, sagt er. Bisher hat er aber keinen Trainer gefunden. Dafür habe der KSV gesorgt: „Man würgt uns, dass wir mit einem Ringen keine Chance haben“, sagt er.

Die jüngste Entwicklung im Ringerstreit lässt auch die Stadträte nicht kalt. Eine erste Reaktion: Mandatsträger der CDU sowie der L.E. Bürger/FDP haben sich zusammengetan, um „Schaden vom Sport abzuwenden“, wie es in einer gemeinsamen Stellungnahme heißt. Sie arbeiten an einem Vorschlag, der es beiden Vereinen ermöglich, sich in städtischen Räumen weiter zu entwickeln.