Peta erstattete Anzeigen gegen einen Rinderhaltungsbetrieb in Spiegelberg. Foto: Peta

Im Mai hat die Tierrechtsorganisation Peta Anzeige gegen einen Betrieb in Spiegelberg gestellt, in dem Rinder gehalten wurden. Das Veterinäramt im Kreis nimmt Stellung zu den Vorwürfen. Die Ermittlungen dauern laut Staatsanwaltschaft weiter an.

Rinder, die in einem maroden, einsturzgefährdeten Anbindestall und in feuchtem, teils schimmligem Heu in ihren eigenen Exkrementen ausharren müssen, eines davon stark unterernährt – so lauteten Vorwürfe, die die Tierrechtsorganisation Peta vor einigen Wochen gegen einen Betrieb in Spiegelberg erhoben und daraufhin Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Stuttgart erstattet hat. „Es besteht der Verdacht, dass der Halter seine Fürsorgepflicht vernachlässigt und das Rind nicht ausreichend mit Nahrung versorgt hat“, so Peta seinerzeit. „Wir sind fassungslos, dass die Straße vor der maroden Scheune wegen der Gefahr von herunterfallenden Dachziegeln gesperrt wurde, aber die Rinder in dem Gebäude weiter in ihren eigenen Exkrementen ausharren mussten“, teilte Lisa Kainz, Fachreferentin für Tiere in der Agrarindustrie bei Peta mit.

Auf Nachfrage äußert sich Gerd Holzwarth, Dezernent beim Landratsamt unter anderem für die Bereiche Veterinärwesen und Lebensmittelüberwachung, zu den Vorwürfen. In dem konkreten Betrieb hätten bereits vor der Anzeige Kontrollen stattgefunden und es seien auch kritische Punkte angesprochen worden, etwa das Thema Einstreu. „Ursprünglich wurde dort Heu verwendet, aber Stroh ist besser, weil es eine größere Saugkraft hat“, erklärt der Dezernent. „Darauf haben wir die Betriebsleitung hingewiesen, und das wurde dann auch geändert.“ Bei Nachkontrollen drei Wochen später seien alle angesprochenen Punkte in Bezug auf die Tierhaltung behoben gewesen.

„Keine Gefährdung der Tiere“

Das Veterinäramt des Rems-Murr-Kreises habe die Gemeinde Spiegelberg am 14. Mai über den Zustand des Gebäudes sowie einer davon ausgehenden eventuellen Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung informiert. Nur zwei Tage später, am 16. Mai, erfolgte daraufhin eine Kontrolle vom Baurechtsamt des Landratsamtes. „Bei der Kontrolle wurde niemand angetroffen, sodass das Gebäude nur von außen besichtigt werden konnte“, teilt die Behörde mit. „Der Landwirt erhielt im Anschluss eine baurechtliche Anordnung, nach der er die losen Teile der Dacheindeckung des Scheunen- und Stallgebäudes entfernen und ausreichend sturmsicher befestigen sollte. Zur Sicherheit wurde bis zur Umsetzung dieser Maßnahmen die Straße im Bereich des Stall- und Scheunengebäudes durch die Gemeinde Spiegelberg gesperrt.“

Für die Tiere im Stall habe keine Gefährdung, etwa durch herunterfallende Ziegel, bestanden. Im Stall habe es eine durchgängige Zwischendecke über den Kühen gegeben, sodass ausgeschlossen war, dass die Tiere von herabfallenden Ziegeln getroffen werden konnten. Beim Gebäude handle es sich um einen typischen Stall aus 1950er Jahren: klein und dunkel, mit wenig Fenstern. Mittlerweile gebe es neue Erkenntnisse zur Rinderhaltung, und Ställe würden eher offen, hell und luftig gebaut, auch sei es darin nicht mehr so warm wie früher, erklärt Holzwarth. „Heute baut man große Ställe für hundert Rinder und mehr.“ Die Zahl der Kleinbetriebe hingegen gehe schon seit Jahren zurück, schon aus wirtschaftlichen Gründen, erklärt der Dezernent.

Tiere sollen nicht zum Metzger

Der Tierhalter in Spiegelberg habe eingesehen, dass sich die Investitionen in den Stall nicht mehr lohnten und daraufhin aus freien Stücken entschieden, dass die Tiere in anderen Betrieben untergebracht werden sollten. Mithilfe des Amtes sei eine gute Lösung für die Tiere gefunden worden, sagt Holzwarth. „Dem Halter war auch sehr wichtig, dass seine Tiere nicht zum Metzger gehen, und das konnten wir realisieren.“ Im betroffenen Stall bestehe mittlerweile keine Tierhaltung mehr und sei seitens des Besitzers auch dort nicht mehr vorgesehen. Das Veterinäramt sei daher nicht mehr zuständig. „Grundsätzlich achten unsere Mitarbeitenden des Veterinäramtes bei Kontrollen in Rinderhaltungen unter anderem auf den baulichen Zustand des Stalles und auf ausreichendes Licht, auf die Liegeflächen, Fressplätze, die Wasser-, Futter- und Mineralstoffversorgung, die Entmistung, den Ernährungs- und Pflegezustand der Tiere sowie mögliche Krankheitsanzeichen. Zudem ist eine trockene Liegefläche erforderlich.“

Nach der Anzeige durch Peta habe man sich den Betrieb und den Viehbestand genau angeschaut. „Allen Tieren ging es gut, eines war zwar schlanker als die anderen, aber nicht unterernährt oder vernachlässigt“, sagt Holzwarth. Auch sei keines der Rinder verhaltensauffällig oder nervös gewesen. „Die Tierärztin konnte alle problemlos anfassen, was unter anderem auch für ein gutes Verhältnis zwischen Besitzer und seinen Tieren spricht.“

Gute Zusammenarbeit mit Peta

Was die von Peta kritisierte Anbindehaltung betreffe, so sei diese gesetzlich zugelassen. Auch in diesem Punkt hätten keine tierschutzrechtlichen Verstöße vorgelegen. „Wir wissen, dass Peta generell gegen die Anbindehaltung ist“, erklärt Holzwarth. „Unsere Tierärzte sehen diese Haltungsform ambivalent.“ Sie habe gegenüber Laufställen Vor- und Nachteile. „Man kann nicht sagen, sie sei grundsätzlich schlecht, es ist nach wie vor eine gesetzlich zugelassene Form der Haltung.“ Freilich dürften keine Ketten verwendet werden, und die Tiere dürften auch nicht eingeschnürt sein. Sie bräuchten die nötige Bewegungsfreiheit. „Auch diese Punkte wurden in dem Betrieb geprüft und waren eingehalten.“

Holzwarth betont, dass man gut mit Peta zusammenarbeite, auch wenn man mit der Tierrechtsorganisation nicht immer einer Meinung sei. „Ganz gleich, ob von Peta oder von Tierärzten, Mitarbeitern der Tierbeseitigung oder anderen Personen – wir gehen jedem Hinweis sofort nach“, sagt Holzwarth.

Sollten bei Kontrollen Mängel festgestellt werden, die das Tierwohl unmittelbar gefährden oder sollten Tiere gar verletzt sein, müssten Betriebsleiter stets unverzüglich reagieren oder die Tiere würden ihnen weggenommen. Wenn das Tierwohl nicht unmittelbar gefährdet ist, sei es üblich, dass das Amt den Betriebsleitern eine Frist setzt, innerhalb welcher die Missstände zu beseitigen sind, so Holzwarth.

Es folge dann immer auch eine Nachkontrolle, und wenn die geforderten Maßnahmen nicht erfolgt seien, gebe es entsprechende Konsequenzen. „Es kam bei anderen Betrieben auch schon vor, dass die Anordnungen nicht eingehalten und daraufhin die Tiere weggenommen wurden.“

387 rinderhaltende Betriebe

Alle 387 rinderhaltende Betriebe im Landkreis regelmäßig zu kontrollieren, sei aufgrund der personellen Situation nicht möglich, sagt Holzwarth. Es gebe nur fünf Amtstierärztinnen, die in Teilzeit beschäftigt seien, sodass sich ihr Deputat auf 2,75 Vollzeitkräfte reduziere. Und: Zu ihren Aufgaben gehören nicht nur die Rinder, sie müssen darüber hinaus auch Heimtierhaltungen kontrollieren.

Welche Konsequenzen die Anzeige von Peta letztlich für den Spiegelberger Betriebsleiter haben wird, ist noch offen, wie die Staatsanwaltschaft Stuttgart mitteilt: „Die Ermittlungen zu diesem Sachverhalt dauern noch an.“