Der Gemeinderat hat sich für einen großen neuen Konzertsaal ausgesprochen, ein Standort war auch schon gefunden. Doch nun muss das Vorhaben nochmals betrachtet werden.
Das in Bad Cannstatt auf dem früheren Gelände der Sektkellerei Rilling für das Stuttgarter Kammerorchester (SKO) vorgesehene Konzertforum kann nicht wie geplant umgesetzt werden. Auf dem Areal am Neckar sollen nach bisheriger Planung ein Konzertsaal für 1100 Zuhörer, Proben- und Büroräume für das SKO und womöglich auch die Stuttgarter Philharmoniker und die Bachakademie entstehen. Der Grundstückseigentümer Trias GmbH hatte der Stadt 2023 den Bau angeboten und eine detaillierte Ausarbeitung für den Standort vorgelegt. Doch nun gibt es Konkurrenz.
Kulturtempel für 100 Millionen Euro
Der Gemeinderat hatte 2024 vor der Kommunalwahl mit großer Mehrheit einen Grundsatzbeschluss für den Kulturtempel gefasst, der vorläufig auf 100 bis 120 Millionen Euro veranschlagt worden war. Ein Architektenwettbewerb sollte umgangen werden, Ziel waren eine Direktbeauftragung des Grundstückseigentümers und der rasche Bau – außerhalb der Verwaltungsstrukturen. Davon versprach man sich Zeitgewinn und womöglich günstigere Kosten. Für Finanzbürgermeister Thomas Fuhrmann (CDU) hatte das Projekt allerdings schon 2024 keine Priorität. „Es steht auf der Liste sicher ganz weit unten“, so Fuhrmann jetzt auf Anfrage, es gebe „keine zwingende Notwendigkeit“ für diese Investition.
Auch städtische Grundstücke im Angebot
Kulturbürgermeister Fabian Mayer (CDU) wird dem Vernehmen nach an diesem Donnerstag den Gemeinderat darüber informieren, dass eine Direktvergabe an die Trias GmbH, die unter anderem von dem Architekten Cemal Isin vertreten wird, rechtlich nicht mehr möglich ist. Denn auf die von der Kommune ausgelobte Markterkundung, die von einer auf öffentliche Vergaben spezialisierten Kanzlei begleitet worden war, haben sich mehrere Interessenten gemeldet. Darunter auch das Liegenschaftsamt, heißt es im Rathaus. Es hat zwei städtische Grundstücke als möglicherweise geeignete Bauflächen identifiziert.
Das ist erstaunlich, weil vor der Markterkundung keine adäquaten städtischen Flächen benannt werden konnten. „Wir haben lange gesucht und nichts Vergleichbares gefunden“, so SKO-Intendant Markus Korselt. Er glaube weiter an das Projekt, auch wenn nun formal ein neuer Weg begangen werden müsse. Aus dem Gemeinderat vernehme er mehrheitlich Unterstützung. „Ich persönlich gehe davon aus, dass das Konzertforum auf dem Rilling-Areal weiter möglich ist“, so Korselt. Die für 2028 vorgesehene Fertigstellung werde sich aber verzögern.
Nun ist doch eine Ausschreibung nötig
Bei der im Februar beendeten Markterkundung, die insgesamt eine Handvoll Flächen erbracht haben soll, wurde zum Beispiel nach Größe, Lage, Bebaubarkeit und öffentlicher Erreichbarkeit gefragt. Und ob ein Verkauf an die Stadt oder ein Miet- und eigenes Betreibermodell in Betracht gezogen werde. Mit der Abfrage war allerdings keine Gewichtung verbunden. Städtische Flächen müssen, weil die Stadt hier keine Grundstücksinvestition mehr tätigen würde, im Wettbewerb nicht automatisch nach vorn rücken.
Folge der Markterkundung wird voraussichtlich eine europaweite Ausschreibung für das Konzertforum sein, wo auch immer im Stadtgebiet es gebaut werden würde. An dieser könnte sich dann auch die Trias beteiligen. Auf dem Gelände der früheren Sektkellerei war vor den Konzertforum-Plänen von Wohnungsbau die Rede.
Zu hohe Kreditaufnahme im Haushalt
Die Liste der Wunsch-Kulturprojekte in der Landeshauptstadt ist lang und teuer. Sie muss abgespeckt werden, weil dem städtischen Haushalt eine zu hohe Kreditaufnahme droht. In der jüngsten Übersicht über nicht finanzierte Großinvestitionen der Stadt summierten sich Kulturbauten auf 1,4 Milliarden Euro. Als gesetzt gelten die Sanierung des Staatstheaters samt Interimsbau. Als städtischer Anteil (das Land übernimmt 50 Prozent) werden hier bisher 530 Millionen Euro angenommen. Bald im Bau sein wird das Haus für Film und Medien zwischen Hauptstätter und Esslinger Straße. Es entsteht zusammen mit dem neuen Breuninger-Parkhaus und soll rund 120 Millionen Euro kosten.