Das bisherige Rathaus ist nicht mehr zeitgemäß, ein Neubau ist geplant, der aber viel Geld kosten würde. Foto: Archiv (Werner Kuhnle)

Die Stadt im Landkreis Ludwigsburg hat ein neues Rathaus für fast 30 Millionen und den Neubau von Flüchtlingsunterkünften für 7 Millionen Euro auf der Agenda. Doch die Kassen sind leer.

Der frühere Steinheimer Kämmerer Martin Pauleit wurde bisweilen für seinen Hang zur Schwarzmalerei bei der Vorstellung der Haushaltszahlen belächelt. Wie sich nun zeigt, traf Pauleit mit seinen Prognosen, wonach der Kommune schwere finanzielle Zeiten bevorstehen könnten, aber ziemlich ins Schwarze. „Wir stehen in den nächsten Jahren vor Herausforderungen, die es in den letzten Jahrzehnten in so einer Konzentration nicht gab“, sagte der jetzige Stadtrechner und Erste Beigeordnete Stephan Retter am Dienstag im Gemeinderat bei der Einbringung des Etats für 2024 – und sorgte damit für betretene Gesichter in der Runde.

 

Einnahmen können mit den Ausgaben nicht Schritt halten

Retter hatte zuvor das Grundproblem erläutert, das Steinheim keinesfalls exklusiv hat, aber in vergleichsweise gravierender Ausprägung. Die Ausgaben, insbesondere wegen steigender Personal- und Energiekosten, galoppieren davon. Die Einnahmen können damit nicht Schritt halten. Das führt zu einem strukturellen Defizit im Haushalt. Und zwar schon seit Jahren, wenn man Einmaleffekte herausrechne, wie Retter hervorhob. Aktuell weise das bereinigte Ergebnis ein Minus von 3,5 Millionen Euro aus. Dabei habe man mit den Stadträten schon mehrere Beratungsrunden gedreht und an verschiedenen Stellen den Rotstift angesetzt, um zumindest einen genehmigungsfähigen Haushalt für 2024 hinzubekommen.

Gestrichen wurden fürs Erste unter anderem die Sanierungen der Kelter in Höpfigheim, des Wasserrads an der Haller’schen Mühle und des Dorfplatzes in Kleinbottwar. Umgekehrt hat die Stadt an mehreren Stellschrauben gedreht, damit zügig mehr Geld in die Kasse fließt. Verwaltungsgebühren und die Hundesteuer wurden erhöht, sagte Retter. Zudem solle der Gewerbesteuersatz 2024 von 360 auf 380 Prozentpunkte angehoben werden. „Durch diese Maßnahmen konnte der städtische Haushalt um über zwei Millionen Euro verbessert werden“, resümierte der Erste Beigeordnete. Dennoch bleibe ein Millionendefizit, verursacht durch externe Faktoren wie Tarifsteigerungen.

Unvorhergesehenes ist auch ein Faktor

Verschärft wird die Situation dadurch, dass die Kommune bis 2027 mehrere Großprojekte vor der Brust hat. Allen voran der geplante Neubau des Rathauses, der mit fast 30 Millionen Euro veranschlagt wird. In der Bürgerschaft wird längst gemunkelt, dass selbst diese Summe kaum reichen werde. Für die Schaffung neuer Flüchtlingsunterkünfte sind etwa 7 Millionen Euro vorgemerkt. Wobei dieser Betrag laut Bürgermeister Thomas Winterhalter eher ein Platzhalter ist. Wo Heime entstehen könnten, sei nicht fix. Aber perspektivisch brauche man dauerhafte Lösungen für die Geflüchteten. Größere Ausgaben sind überdies für die Anschaffung von Feuerwehrfahrzeugen angedacht.

Und das muss noch nicht einmal das letzte Wort sein. Stephan Retter gab zu bedenken, dass auch Unvorhergesehenes dazwischenkommen könnte, wie der Bau eines dreizügigen Gymnasiums im Bottwartal, den der Marbacher Bürgermeister Jan Trost vehement fordert, weil das eigene Gymnasium überfüllt ist, und für den das Land auch grundsätzlich einen Bedarf erkannt hat. „Es ist nicht klar, ob das Gymnasium kommt und wo es entstehen würde. Aber wenn es kommt, müssten wir als größte Kommune am meisten dafür bezahlen“, sagt Retter. Grob geschätzt müsse man samt Sporthalle bei so einem Projekt von einem mittleren zweistelligen Millionenbetrag ausgehen. Seines Wissens nach seien in der Sache aber zuletzt keine Gespräche geführt worden.

Wege aus der Krise

Angesichts dieser Gemengelage stellt sich die Frage, ob es überhaupt einen Weg aus der Notlage gibt. Auf die Schnelle werde sich die Situation nicht ändern, sagt Retter. Aber perspektivisch glaubt er an den Turnaround. Man könne die Erträge erhöhen und die Aufwendungen reduzieren. Alle Freiwilligenleistungen wie das Freibad oder die Bücherei werde man anschauen, bewerten und sich fragen: Können wir uns das leisten?

Ein weiterer Ansatz sei, effizienter zu werden. Das zielt insbesondere auf die kommunalen Liegenschaften ab, die zuletzt auf ihre Belegung und ihren Zustand hin überprüft wurden. Nun habe man einen genauen Überblick, welche Gebäude vielleicht halb oder ganz leer stehen und wie hoch der Sanierungsbedarf ist. Auf der Basis könne man Nutzungen bündeln, einzelne Gebäude abstoßen und so kurzfristig Erlöse erzielen und dauerhaft den Unterhalt sparen. „Das ist nicht unerheblich“, betont Stephan Retter.