Der Wasen schläft nachts nicht. Wenn die Besucher zu Hause sind, sammeln die Leute der Abfallwirtschaft tonnenweise Müll ein. Am schlimmsten sieht es aber anderswo aus.
Es ist noch dunkel auf dem Cannstatter Wasen. Eine ungewohnte Ruhe herrscht am frühen Morgen auf dem Volksfest-Gelände. Die Sicherheitsleute sind auf ihren Posten, gelegentlich rollt bereits ein Lastwagen heran, der eine Lieferung für die Festzelte bringt. Ansonsten sind die Gassen zwischen den Buden menschenleer, die meisten Leuchtreklamen ausgeschaltet. Bis ein Fahrzeug um die Ecke biegt.
Wenn die Besucher noch schlafen, haben andere auf dem Volksfest eine wichtige und harte Arbeit zu tun. Um 2 Uhr nachts beginnt der Einsatz der Abfallwirtschaft Stuttgart (AWS) auf dem Gelände. Insgesamt 13 Leute sind damit beschäftigt, den Müll und die Hinterlassenschaften des vorhergegangenen Tages zu beseitigen. Dafür rücken sie mit zwei großen Kehrmaschinen und einer kleinen an, dazu kommt als Unterstützung ein Wasserwagen, der an den Buden den Dreck in Richtung Straßenmitte spritzt. Die Mülleimer werden von Hand geleert.
Und das nicht nur auf dem Festgelände. „Am schlimmsten sieht es drum herum aus“, weiß Bernd Vielhauer. Vom Cannstatter Bahnhof bis zum Wasen zieht sich oft eine Spur der Verwüstung. Oder auf der Mercedesstraße, wenn es zusätzlich noch ein VfB-Spiel gegeben hat. Auf dem Gelände selbst sei der Müll etwas weniger geworden. Das liegt wohl an der Einführung von Pfandsystemen. „In den angrenzenden Bezirken merkt man davon aber nichts“, sagt der Mann, der seit 38 Jahren bei der AWS arbeitet und schon lange bei Volks- und Stuttgarter Frühlingsfest im Einsatz ist.
Eingeteilt werden für den Wasen Leute, die die Arbeit dort machen wollen und können. Denn freie Tage gibt es während der Großveranstaltungen kaum. „Das ist schon anstrengend, zwei bis drei Wochen am Stück Nachtschicht ohne große Pause“, sagt Vielhauers Kollege José Mendes. Das funktioniere nicht ohne gutes Team. „Wir verstehen uns super“, sagt er. Man helfe sich gegenseitig aus, wenn nötig.
Gefunden wird so einiges. Handys zum Beispiel sind eher die Regel als die Ausnahme. „Wenn man draußen auf den angrenzenden Straßen fährt, wo es viele Scherben hat, muss man langsam unterwegs sein“, erzählt Vielhauer. Da habe man auch die Chance, eventuelle Störfälle auszusortieren. Etwa Regenschirme. „Wenn man die in die Maschine bekommt, spannen sie sich auf und blockieren alles.“ Und gelegentlich stößt man auch mal auf eine Schnapsleiche am Straßenrand. Probleme mit Pöbeleien oder gar Attacken gebe es aber eigentlich nicht.
Auf dem Festgelände selbst, da sind sich die AWS-Beschäftigten einig, fällt der meiste Müll vor den Zelten an. Insgesamt handelt es sich um Riesenmengen. Im vergangenen Jahr hat die AWS beim Volksfest 87,4 Tonnen Abfall eingesammelt und zur Verbrennung zum Kraftwerk in Stuttgart-Münster gebracht.
Am Campingplatz herrscht bis 7 Uhr Ruhe
Als es auf 7 Uhr zu geht, steht noch eine weitere Aufgabe an. Denn vor dieser Uhrzeit dürfen bestimmte Bereiche des Wasens nicht gereinigt werden. Nämlich die neben dem Campingplatz und die, in denen die Schausteller ihre Wohnwagen haben. Schließlich sollen sowohl Besucher als auch Beschicker ein paar Stunden schlafen können, ohne von Kehrmaschinen geweckt zu werden. „Um diese Zeit ändert sich hier ohnehin einiges, dann darf auch der Zulieferverkehr uneingeschränkt reinfahren“, weiß Vielhauer.
Gegen 8 Uhr ist dann alles erledigt auf und neben dem Festgelände. Bis zur nächsten Nacht, wenn die Arbeit von Neuem beginnt. Spaß macht sie den Müllhelden von der AWS trotzdem. Vielhauer etwa hat nicht mehr allzu lang bis zum Ruhestand. „Noch 363 Tage“, sagt er und fügt an, das erwähne er auch mit einem weinenden Auge. Schließlich harmoniere man im Team bestens. Ob er beim nächsten Volksfest noch dabei ist? Das steht noch nicht genau fest. „Aber das Frühlingsfest nehmen wir noch gemeinsam mit“, sagt Mendes und lacht. Damit andere tagsüber auf einem sauberen Gelände feiern können.