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Die Werkrealschüler der achten Klasse der Riedseeschule lernen, wie man Bewerbungen schreibt, Ein Betreuer der SSB gibt ihnen dazu wertvolle Tipps.

Möhringen - Alfred Hess schüttelt den Kopf. „Das sieht zwar gut aus“, sagt der Ausbilder der Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) und deutet auf die extravagante Schriftart, die auf dem Bildschirm zu sehen ist, „aber in einer seriösen Bewerbung hat so etwas nichts verloren“. Adrian, 14 Jahre alt, Schüler der Möhringer Riedseeschule fährt mit der Maus über die fetten und verschnörkelten Buchstaben, in denen er seinen Namen unter die Bewerbung setzen wollte. Zwei Mausklicks – und alles ist wieder in herkömmlicher Schrift. Eine Bewerbung, sagt Hess, solle herausstechen, aber eben durch ihren Inhalt und nicht durch eine besonders poppige Schrift.

Gerade sind Bewerbungstage an der Riedseeschule in Möhringen. Die Schüler der Klasse 8a brüten im Computerraum über ihren Anschreiben. Als Unterstützung haben die SSB, mit denen die Werkrealschule durch eine Bildungspartnerschaft verbunden ist, einen ihrer Ausbilder ins Haus geschickt. „Wir können den Schülern den ganzen Tag sagen, worauf sie achten sollen. Aber wenn sie es von jemandem aus der Praxis hören, hat das noch mal ein ganz anderes Gewicht“, schildert die Klassenlehrerin Elisabeth Fischbach ihre Erfahrung. Sie geht zusammen mit Ausbilder Alfred Hess von Schüler zu Schüler.

Zeile für Zeile gehen sie das Schreiben gemeinsam durch

Hess nimmt sich Zeit. Gemeinsam geht er mit Adrian Zeile für Zeile durch, kein fehlendes Leerzeichen entgeht seinem Blick. „Du schreibst hier in deiner Anlage, dass du Zeugnisse beilegen willst. Welche Zeugnisse denn?“ Adrian schaut ihn mit großen Augen an. „Mein Zeugnis aus der achten Klasse meine ich.“ Hess nickt und erklärt dem Schüler kurz den Unterschied zwischen Einzahl und Mehrzahl – und was dies im konkreten Fall für seine Bewerbung bedeutet. Adrian nickt und korrigiert. Erst vor zwei Jahren ist er aus Rumänien nach Deutschland gekommen. Er spricht bereits gut Deutsch, nur das Schreiben fällt ihm noch etwas schwer.

Aber Adrian hat in den vergangenen zwei Wochen bereits ein Praktikum in einer Möhringer Schreinerei gemacht. Und er bringt Erfahrung aus der Schreinerei seines Onkels mit. „Prima“, sagt Hess. „Dann schreib’ das in die Bewerbung.“ Und noch genauer will es der Ausbilder wissen. „Wie hast du das Holz bearbeitet? Hast du Maschinen bedient?“ Adrian hat sogar bereits einen Tisch gebaut. „Genau das interessiert den Schreinerbetrieb, bei dem du dich bewirbst“, sagt Hess. Denn persönlich soll sie werden, die Bewerbung. Kein 08/15-Schrieb. „Das ist für unsere Schüler das Schwerste“, sagt Elisabeth Fischbach.

„Ihr arbeitet eng zusammen, oder?“

Weiter geht es. Kim will sich bei einer Degerlocher Bäckerei für eine Ausbildung zur Konditorin bewerben. Dort hat sie in den vergangenen zwei Wochen ihr Schulpraktikum gemacht und bereits eine Zusage, nach der zehnten Klasse anfangen zu können. Das bremst ihren Drang, jetzt eine tolle Bewerbung zu verfassen. Hess schaut auf den Text auf ihrem Bildschirm und liest laut vor: „Mit großem Interesse habe ich Ihre Anzeige in der Jobbörse gelesen.“ Der Ausbilder schaut auf den Nachbarbildschirm – dort steht buchstabengenau der gleiche Text. „Ihr beide arbeitet eng zusammen, oder?“, flachst Hess. Beide Schülerinnen haben die Textvorlage für Bewerbungen von der Jobbörse der Agentur für Arbeit übernommen. „Die kennen die Betriebe, bei denen ihr euch bewerbt, natürlich auch“, sagt er. Und im Falle der Degerlocher Bäckerei ist er zusätzlich misstrauisch. Hat das Unternehmen wirklich in der Jobbörse einen freien Ausbildungsplatz inseriert? Kim schüttelt den Kopf. Nein, den Kontakt für das Praktikum hat sie über eine Bekannte ihrer Mutter bekommen. „Der Satz klingt halt gut“, sagt sie. Hess schaut freundlich. „Ja, aber er stimmt nicht. Und Unwahrheiten haben in der Bewerbung nichts verloren.“

Am Ende des Morgens hat jeder Schüler eine Bewerbungsmappe. Im Mai geht es weiter – dann geht es um das Bewerbungsgespräch.