Pfarrer Foto: Sägesser

Die eine Gemeinde begrüßt einen Pfarrer, die andere verabschiedet ihren.

Stuttgart-Sillenbuch/Heumaden - Die Leute sollen verstehen, was gepredigt wird. So sieht das Stefan Jooß. „Ich halte nichts von Kanzel-Singsang“, sagt er. Deshalb will der 36-Jährige ein Pfarrer sein, der seine Botschaft überbringt „wie eine gut erzählte Kindergeschichte“, sagt er. „Wir bemühen uns, uns nicht hinter Formeln zu verstecken.“

Mit „uns“ meint Stefan Jooß sich und seine Frau Elisabeth. Die beiden sind die Neuen im Riedenberger Pfarrhaus. Sie teilen sich die Stelle. Ob ihnen gelingt, was sie sich vorgenommen haben, wird sich ab sofort herausstellen. Am gestrigen Sonntag ist Stefan Jooß offiziell eingeführt worden. Seine Frau ist gerade in Elternzeit.

Das Paar hat vier Kinder, bald sind es fünf. „Das ist gesamtgesellschaftlich betrachtet sicher eher ungewöhnlich“, sagt er. Seine Frau und er hatten sich gesagt: entweder gar keine Kinder oder richtig viele. Der Nachwuchs hilft den Eltern nun, sich in Riedenberg einzugewöhnen. „Über den Kindergarten und die Schule haben wir schon ein paar Leute kennengelernt“, sagt der neue Pfarrer.

Joachim Schäfer zieht es indes weg von Stuttgart

Abgesehen davon würden es ihnen die Leute vor Ort leicht machen. Jooß kommen die Riedenberger offen und aufgeschlossen vor. „Sie sind geübt darin, Kontakte zu knüpfen“, sagt er. Vielleicht, weil sie selbst rumgekommen sind. Das sei anders als auf dem Dorf, „wo die Kinder in die Gärten ihrer Eltern bauen“.

Elisabeth und Stefan Jooß haben sich beim Studium in Tübingen kennengelernt. Er war als Student außerdem in Basel und Zürich, sie in Marburg und Jerusalem. Die erste Stelle nach dem Vikariat haben sie in Künzelsau angetreten, wo sie dreieinhalb Jahre verbracht haben. In Stuttgart wollen die beiden nun für eine längere Zeit bleiben. „Wir mögen den großstädtischen Raum sehr gern“, sagt er. „Es gibt ein lebendiges kulturelles Leben.“

Joachim Schäfer zieht es indes weg von Stuttgart – hinaus in die Welt. Nach 21 Dienstjahren als Pfarrer der evangelischen Gnadenkirche in Heumaden tauscht er Kanzel gegen Kleinbus. Der 60-Jährige hat am Sonntag in seiner Gemeinde bei einem großen Erntedankgottesdienst Abschied gefeiert. „Ich muss gestehen, ich bin doch etwas wehmütig. Nun stehe ich hier also das letzte Mal vor Ihnen“, sagte Schäfer und freute sich über ein volles Gotteshaus. Zusammen mit der Kinderkirche hatte er einen sehr bunten Gottesdienst mit musikalischer Untermalung und einer Darbietung seiner Konfirmanden organisiert.

Schäfer: „Die Welt bereisen – das wollte ich schon immer“

Am Samstag ist Schäfer 60 Jahre alt geworden. Über einen vorzeitigen Ruhestand hat er lange nachgedacht. Vor einem Jahr hatte die evangelische Landeskirche seinen Geistlichen eine frühzeitige Ruhestandsoption angeboten, die rund 100 Pfarrer aus Württemberg wahrgenommen haben. So auch Schäfer. Er ist in den Bezirken unter dem Fernsehturm aber eine Ausnahme.

Doch nun ist er froh über diesen Schritt, auch wenn er mit einem lachenden und einem weinenden Auge geht. „Natürlich werde ich meine Arbeit hier in schöner Erinnerung behalten. Es ist gerade das Miteinander, die Menschen, die ich sicher vermissen werde“, sagte er. Es mache ihn schon ein wenig stolz, dass er es geschafft habe, mit seiner Gemeinde Gemeinschaft zu leben, fügte er hinzu.

Viele der Kirchenmitglieder nutzten nach dem Gottesdienst die Möglichkeit, mit kleinen Präsenten noch einmal persönlich Abschied zu nehmen von ihrem Pfarrer. „Trotzdem war ein Wechsel jetzt notwendig“, meint Schäfer. Nach Weihnachten will er deshalb in seinen Kleinbus steigen und sich auf den Weg nach Westafrika machen. Jetzt kann er sich endlich einen großen Wunsch erfüllen: „Die Welt bereisen – das wollte ich schon immer.“