Pfarrer Dieter Foto: Julia Barnerßoi

Pfarrer Dieter Koch verlässt nach 20 Jahren seine Gemeinde. Vorfreude und Wehmut mischen sich. Jetzt übernimmt er eine neue Aufgabe.

Riedenberg - Die Uhr an der evangelischen Emmauskirche in Riedenberg steht noch immer still. Für Pfarrer Dieter Koch ist die Zeit hingegen nicht stehen geblieben. Für ihn und seine Familie ist sie in Riedenberg gekommen, ist sich der Pfarrer sicher. Zum 1. April wird er deshalb seine Gemeinde nach 20 Jahren verlassen und übernimmt eine geschäftsführende Pfarrstelle in einer größeren Gemeinde in Korb im Remstal.

„Meine beiden Kinder sind jetzt groß und studieren“, sagt Koch. Und er sei nun Anfang 50. „Das ist der Moment, in dem man entscheiden kann, ob man noch mal etwas ganz neues beginnt oder weitere gut zehn Jahre das gleiche macht“, erzählt er. Er hat sich für das Neue entschieden.

Dieter Koch sitzt in einem gemütlichen Korbstuhl in seinem Pfarrbüro direkt hinter der Kirche. Die Vorfreude überwiegt, doch er verlässt Riedenberg auch mit wehmütigen Gedanken, sagt er. „Vor 20 Jahren hätte ich selbst nicht gedacht, dass ich so lange bleibe“. Es habe sich eben so entwickelt. „Ich habe von den Menschen in Riedenberg viel Wertschätzung erfahren, konnte viele verschiedene Dinge ausprobieren und tolle Aufgaben übernehmen“, sagt der 53-Jährige.

„Was man tut, kann sehr wertvoll sein.“

Zu diesen zählten neben sehr vielen Vorträgen, die er regelmäßig hielt, und der Einführung der Kirbe 1993 auch seine Arbeit als Notfallseelsorger, die er vor rund zehn Jahren begann. „Die Arbeit als Pfarrer fordert viel, aber was man tut, kann sehr wertvoll sein. Das motiviert.“ Neben der Betreuung seiner Gemeinde mit all den unterschiedlichen Menschen und ihren Problemen in ihren individuellen Lebensphasen bildet Koch auch seine Pfarrer-Kollegen in Seminaren aus. Dies will er auch weiter beibehalten. Die Notfallseelsorge in Stuttgart wird er hingegen aufgeben müssen. „Es ist schade, aber das gehört zu einem Abschied dazu“, sagt Koch, der während seiner gesamten Zeit in Riedenberg auch Religionsunterricht am Geschwister-Scholl-Gymnasium gab.

Bevor Dieter Koch nach Riedenberg kam, hatte er eine Pfarrstelle in Schweigheim inne. Diese folgte direkt auf seine Promotion am evangelischen Stift in Tübingen. Koch schrieb damals über den katholischen Theologen Karl Rahner, dessen Lehre ihn bis heute fasziniert, und den er häufig in Predigten zitiert. Eine harte Trennlinie zwischen katholischem und evangelischem Glauben zieht der Pfarrer dabei nicht. Ganz im Gegenteil. „Ökumenische Zusammenarbeit ist mir sehr wichtig“, sagt der gebürtige Marbacher. Er bedaure sogar, dass nicht noch mehr Austausch zwischen den Glaubensrichtungen möglich ist. Karl Rahner ist nur einer der Autoren, die in Dieter Kochs üppiger Büchersammlung in seinem Büro zu finden sind. „Literatur präsentiert und durchdenkt die Lebensfragen“, erklärt Koch seine Leidenschaft für das geschriebene Wort. Triviales kommt ihm selten unter. „Es muss schon gute Literatur sein, nicht die einfachste Kost“, sagt er und lächelt.

Er interessiert sich für das Innerste des Menschen

Auch sehr viel Literatur aus der Psychologie füllt die raumhohen Regale. „Wenn ich nicht Pfarrer geworden wäre, wäre ich wohl Seelenarzt geworden“, sagt Dieter Koch. Er interessiert sich für das Innerste des Menschen und versucht, ihr Leiden zu verstehen und vielleicht auch ein Stück weit zu heilen – darum auch die Notfallseelsorge. Das Interesse an der Psychologie sowie die Entscheidung, Pfarrer zu werden, stammen aus persönlichen traurigen Erfahrungen. „Schon als Kind bin ich mit sehr großem Leid in Berührung gekommen“, erzählt Koch. Er wählt seine Worte wohlüberlegt, macht Denkpausen, sagt nur so viel, wie er möchte. Eine weitere Nachfrage wäre sinnlos, spürt das Gegenüber sogleich.

Vieles aus Riedenberg wird Dieter Koch vermissen, vor allem aber die Weihnachtsgottesdienste in der Emmauskirche. „Die Atmosphäre dort ist ganz besonders. Es war immer sehr bewegend“, sagt er.

Ein großer Meilenstein in seiner Riedenberger Zeit war auch die Renovierung der Kirche. „Ich bin froh, dass diese erfolgreich abgeschlossen wurde“, sagt Koch. Fast. Jetzt fehlt nur noch die letzte Reparatur – die der Kirchturmuhr. Dann vergeht die Zeit bald auch in Riedenberg wieder. Allerdings mit einem neuen Pfarrer in der evangelischen Gemeinde.