Richy Müller in der Rolle des Bamberger Bürgermeisters Johannes Junius, der gegen Hexenverbrennungen und Enteignungen aufbegehrt Foto: ZDF

In dem Fernsehfilm „Die Seelen im Feuer“ spielt Richy Müller den Bamberger Bürgermeister Junius, der verzweifelt gegen Hexenverbrennungen kämpft und dafür alles opfert.

Stuttgart - Herr Müller, warum dreht man heutzutage einen Fernsehfilm über Hexenverbrennungen im Mittelalter?
Der Film ist der Versuch aufzuzeigen, wie einfach es damals war, Leute zu denunzieren und Menschen, die unliebsam waren, loszuwerden, indem behauptet wurde: Der ist mit dem Teufel im Bunde. Und in Bamberg wurde am heftigsten gewütet. Jeder Zehnte in der Stadt wurde Opfer von Denunziation und Willkür. Ich spiele Johannes Junius, den Bürgermeister von Bamberg, der sein Leben dafür gibt, die Untaten der Katholischen Kirche aufzudecken. Diese Rolle war eine Herausforderung, die ich sofort angenommen habe. Der Authentizität des Films hat geholfen, dass die Hexenprozesse gut dokumentiert sind. So ist auch der Brief des auf dem Scheiterhaufen verbrannten Junius erhalten geblieben wie auch viele Protokolle von Verhören und Folterungen. Dieser Brief von Junius hat letztlich dazu beigetragen, dass die Grausamkeit der Hexenverfolgungen offenkundig wurde und immer mehr Menschen erkannten, dass der Klerus die Scheiterhaufen instrumentalisierte.
Auch um sich zu bereichern?
Letztendlich geht es immer um Bereicherung. Ob das nun Religionskriege sind oder Kämpfe um Bodenschätze – es geht um Macht und Einfluss. Das war in der Menschheitsgeschichte immer so und wird sich wahrscheinlich auch nicht ändern. Zu allen Zeiten werden in Gemeinschaften bestimmte Gruppen zum Feindbild erklärt. Das sieht man im Nahen Osten, wo der IS Andersgläubige brutal köpft. Bei uns werden Andersdenkende so lange stigmatisiert, bis die Mehrheit der Menschen wirklich glaubt, jene seien eine Gefahr für sie. Aktuellstes Beispiel ist die sogenannte Pegida-Bewegung, die versucht, mit Schreckensbildern möglichst viele Deutsche von ihrem Feindbild zu überzeugen. Eine engstirnige Idee zu glauben, dass wir zu viele Ausländer in unserem Land haben, ohne die aber bei uns nicht mehr alles so stattfinden würde, wie es läuft. So gesehen hat der Film neben seinem Unterhaltungswert vielleicht doch eine Botschaft: Zeigt Zivilcourage und wehret den Anfängen, wenn Böses auftaucht.
Sie spielen gerade in Karlsruhe am Kammertheater den Rain Man. Brauchen Sie den Applaus, den Sie im Kino nicht bekommen?
Natürlich ist es ist schön, Applaus zu bekommen, aber ich brauche ihn nicht – und ich muss auch nicht auf der Straße erkannt werden, um mich gut zu fühlen. Es passiert, es ist schön, und ich gehe damit um, aber wenn es ausbleiben würde, wäre ich nicht enttäuscht. Ich mache den Beruf natürlich gerne, und ich bin froh, dass ich mit dem, was ich gut kann, meinen Lebensunterhalt verdiene. Ich bin mir auch sehr wohl bewusst, dass ich privilegiert lebe, und weiß das zu schätzen. Aber wenn man mir meinen Beruf nimmt, dann darf ich nicht untergehen. Und zur Bedeutung von Applaus: Ich habe in den vergangenen fast 40 Jahren so viel Theater gespielt, wo es eben keinen Applaus gab, sondern Buhs und Pfiffe. Will heißen, Beifall ist kein Elixier, das mich am Leben hält.
Gibt es Rollen, die Sie nie spielen würden?
Nicht wirklich, und es gibt auch keine Rollen, die ich unbedingt spielen möchte. Ich spiele das, was mir zufällt. Das ist Fügung, die wir nicht vorbestimmen können. Ich bin glücklich mit den Dingen, die an mich rangetragen werden, das heißt: Ich bin nicht auf der Suche.
Stichwort „Tatort“. Was hat Sie an dem Stuttgarter Kriminalhauptkommissar Thorsten Lannert gereizt?
Es ist nicht an der Tagesordnung, so etwas angeboten zu kriegen. Da konnte ich gar nicht Nein sagen, zumal mich das Vertrauen in mich auch ehrte. Jetzt versuche ich, eine gute Figur zu gestalten und gute Geschichten zu erzählen. Und das mache ich, solange es gut funktioniert. Und bisher klappt die Symbiose zwischen dem SWR und mir sehr gut. Letztlich ist diese Aufgabe des Thorsten Lannert in einem Beruf, der nie Sicherheit bietet, auch eine kleine Bank.
Sie haben schon 17 Folgen im Kasten. Wann wissen Sie, dass es nicht mehr funktioniert?
Keine Ahnung. Ich weiß ja auch nicht, wann ich sterbe. Ich glaube, das nahende Ende spürt man dann, wenn es so weit ist.
Was ist Ihnen neben dem Beruf wichtig im Leben?
Mein Privatleben. Dass ich ein Dach über dem Kopf habe und dass es Menschen gibt, die mich lieben und die ich liebe, und dass ich mit diesem Wissen entspannt arbeiten kann.

„Die Seelen im Feuer“, Montag, 20.15 Uhr, ZDF