Der Beschluss der CDU-Führung zum Umgang mit der AfD soll ein Machtwort sein – aber seine Durchsetzung könnte schwierig werden. Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer muss an immer mehr Fronten kämpfen.

Berlin - Der am Montag von Präsidium und Bundesvorstand der CDU verabschiedete Text liest sich wie ein glasklares Machtwort: keinerlei Zusammenarbeit mit der AfD, keine Annäherung. Klare Kante.

Dass mit dem Papier die Richtungskämpfe in der Partei eingehegt werden können, ist allerdings überaus fraglich. Dazu glimmen in der CDU zu viele kleine Brandherde. Der vergleichsweise kleinste wurde in der 2800-Seelen-Gemeinde Penzlin im Landkreis Mecklenburgische-Seenplatte angefacht. Dort hat die bei den Kommunalwahlen gerupfte CDU eine „Zählgemeinschaft“ mit der AfD gebildet, um so mehr Ausschuss-Sitze zu bekommen. Je höher man in der Hierarchie der CDU kommt, desto peinlicher wird der Vorfall empfunden. Mecklenburg-Vorpommerns Generalsekretär Wolfgang Waldmüller nannte die Kooperation „unschön“. Die Zählgemeinschaft sei aber nicht mehr als ein „Zweckbündnis für einen Tag“. Im Beschluss der Bundesspitze heißt es allerdings, dass „jegliche Koalitionen oder ähnliche Formen der Zusammenarbeit“ abgelehnt werden.

Der Parteiführung macht die Werte-Union Sorgen

Aber es sind andere Konflikte, die Parteichefin Annegret Kramp-Karenbauer umtreiben müssen. Sorgen macht ihr vor allem die Werte-Union, eine konservative Gruppierung in der Partei. Wie hier gerade die Kommunikation entgleist, zeigt das Beispiel des Disputs von Ex-Generalsekretär Peter Tauber mit dem ausgetretenen CDU-Mitglied Erika Steinbach. Tauber wirft ihr ganz offen eine Mitschuld an der Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke vor, weil sie im Februar auf Facebook durch einen Link erneut die Aufmerksamkeit auf eine vier Jahre alte umstrittene Äußerung Lübckes gelenkt habe, was Ausgangspunkt weiterer Hass-Posts und Tweets gewesen war. Erstaunlicherweise fühlt sich die Werte-Union aufgerufen, Steinbach beiseite zu springen. „Wenn Peter Tauber eine Linie zieht, die von konservativen Positionen in der Union bis zum Mord an Walter Lübcke führt, dann ist das ein bewusster Versuch zu diskreditieren und Vertreter anderer Meinungen mundtot zu machen“, sagte Alexander Mitsch, der Vorsitzende der Werte-Union unserer Zeitung. Auch der Ex-Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen, der der Werte-Union nahe steht, nannte es „absurd, eine Verbindung vom Mord an einem CDU-Politiker zu regierungskritischen Positionen in der CDU zu konstruieren“.

Im Hintergrund ist Friedrich Merz allgegenwärtig

Auch das müsste die CDU-Führung nicht unbedingt beunruhigen. Die Werte-Union ist eine vernehmliche, aber kleine Gruppe innerhalb der Union. Aber so einfach ist die Sache keineswegs. Da sind auch noch gewichtigere Namen im Hintergrund. Friedrich Merz ist hinter den Kulissen allgegenwärtig. Gerade hat er davor gewarnt, die CDU verliere Teile der Bundeswehr und der Polizei an die AfD. Die CDU müsse jedoch eine Partei sein, „die ohne Wenn und Aber hinter unseren Sicherheitsorganen steht“. Natürlich ist das auch im eigenen Interesse gesagt. Merz sieht sich als den Mann, der das konservative Image der CDU wieder aufpolieren könnte. Insofern ist Merz’ Bemerkung auch eine Kampfansage an seine Konkurrenten im Kampf um eine kommende Kanzlerkandidatur.

Abweichende Sichtweisen in der Ost-CDU

Das wären allmählich genug Probleme für Kramp-Karrenbauer. Aber die AfD-Debatte ist noch komplizierter. Es geht nämlich nicht nur ein inhaltlicher Riss durch die Union, es gibt auch zwischen West- und Ost-Union höchst abweichende Sichtweisen. So ist es durchaus nicht klar, ob das Machtwort aus Berlin ostdeutsche Landesverbände dauerhaft von Bündnissen mit der AfD abschrecken wird. Gerade erst haben die beiden CDU-Fraktionsvizes im Landtag von Sachsen-Anhalt mit einer Denkschrift eine Debatte zu genau diesem Thema losgetreten, deren Ergebnisse nicht absehbar sind.

Ohnehin beäugen die ostdeutschen CDU-Ministerpräsidenten ihre Westkollegen zunehmend kritisch. Dass Bayerns Markus Söder nun einen schnelleren Kohleausstieg will, sorgt im Osten aktuell für helle Empörung.