Mit Beton werden die abgesenkten Bahngleise an der Baustelle des Rastatter Tunnels stabilisiert Foto: dpa

Die Probleme nach der Bahn-Panne bei Rastatt sind gravierender als gedacht. Betroffen sind nicht nur Fahrgäste, sondern auch der Güterverkehr und der Handel.

Stuttgart/Rastatt - Auf einer Länge von 50 Metern fließt inzwischen Beton unter die abgesenkten Bahngleise bei Rastatt. Sie sollen den Untergrund wieder stabilisieren. Die Deutsche Bahn (DB) AG arbeitet mit Hochdruck daran, die Schäden zu beheben. Doch das könnte noch Monate dauern. Hier die wichtigsten Fragen und Antworten:

Wie wird der Verkehr kurzfristig organisiert?
Für die Fahrgäste der Fern- und Regionalzüge auf der Rheintalbahn heißt es umsteigen. Auf andere Züge oder auf Ersatzbusse, die zwischen Rastatt und Baden-Baden pendeln. Manche Züge werden auch über Mannheim umgeleitet. Beim Güterverkehr ist die Lage nicht minder kompliziert. Teilweise wird die Fracht auf Lastwagen und Binnenschiffe umgelenkt. Wo dies nicht möglich ist, müssen die Güterzüge über Ausweichstrecken geleitet werden. Eine davon führt auf der benachbarten Rheinseite über französisches Terrain. Eine andere Ausweichstrecke ist die Neckar-Alb-Bahn. Die Zulaufstrecke führt von Singen nach Horb. Dort geht es dann weiter nach Tübingen, Reutlingen, Metzingen, Nürtingen, Wendlingen und Plochingen. In Plochingen ist der Anschluss zur Strecke Stuttgart-Ulm hergestellt. Das hat auch Auswirkungen auf den Fahrplan der Regionalzüge auf der Neckar-Alb-Bahn. Die DB wirbt bei den Anliegern und Fahrgästen „für die aufretenden Beeinträchtigungen um Verständnis“.
Welche Folgen drohen?
Bis der aus Lärmschutzgründen erfolgte Tunnelbau bei Rastatt weitergehen kann, wird es wohl noch Monate dauern. Zuerst muss die Bahn die bisherige Strecke wiederherstellen. Erst dann kann die versenkte Tunnelbohrmaschine geborgen werden. Das ist Voraussetzung, um mit dem Bau des Tunnels für die Neubaustrecke fortfahren zu können. Für Personen- und Güterzüge wird es also noch lange Beeinträchtigungen geben. Dazu kommen weitere Probleme: Wegen der Unterbrechung auf der Rheintalbahn müssen sich Verbraucher auf mögliche Engpässe bei Lebensmittel und Arzneien einstellen. Dies teilte der Verband Spedition und Logisitik (VSL) am Donnerstag mit. Es könne durchaus sein, dass der Lieblingsjoghurt oder ein bestimmter Wein nicht rechtzeitig im Regal ankomme. Auch für die Westhäfen wie Rotterdam, Antwerpen oder den Binnenhafen Duisburg droht Ungemach. Aus den Niederlanden fahren an jedem Werktag Dutzende Direktzüge in Richtung Schweiz und weiter nach Italien. „Wir machen uns große Sorgen“, so ein Sprecher der Rotterdamer Hafengesellschaft. Es werde „mit Sicherheit Auswirkungen geben“. Erich Staake, Chef der Hafengesellschaft Duisburg, sagte zudem gegenüber der Tageszeitung Die Welt: „Bei uns sind täglich mindestens fünf Güterzüge nach Italien betroffen.“
Welche Forderungen gibt es?
Der Interessenverband Gäubahn bringt erneut eine ertüchtigte Strecke Stuttgart-Zürich (Gäubahn) als Alternative zur Rheintalbahn ins Gespräch und fordert einen zügigen Ausbau. Dieser sei im Bundesverkehrswegeplan vorgesehen und mit 550 Millionen Euro hinterlegt. „Jetzt geht es darum, den Bau der geplanten drei Doppelspurinseln auch wirklich umzusetzen“, betont der Verbandsvorsitzende Guido Wolf (CDU). Die Baugenehmigung für den fünf Kilometer langen zweigleisigen Abschnitt zwischen Horb und dem Stadtteil Neckarhausen erwarte er nun in „absehbarer Zeit“. Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) fordert vom Bund zudem eine „unbürokratische finanzielle Hilfe für betroffene Eisenbahnunternehmen“. VDV-Geschäftsführer Martin Henke: „Der Streckenabschnitt ist ein neuralgischer Punkt für das gesamte europäische Eisenbahnnetz. Eine wochenlange Sperrung hat katastrophale Folgen insbesondere für die umfangreichen betroffenen Güterbahnen!“ Henke betont: „Es gibt praktisch keine Umleitungsstrecke, auf der die Verkehre wirtschaftlich durchgeführt werden könnten.“ In der Folge würden die Transportgüter auf andere Verkehrsträger, vor allem auf Lkw, abwandern. Dies könnte für einige Eisenbahnunternehmen existenzbedrohend werden.