Die vom Rastatter Tunneleinsturz betroffenen Bahnunternehmen warten seit August 2017 auf eine Entschädigung – und auf das Ende der seit 2013 dauernden Arbeiten.
Die Tunnelhavarie an der Rheintalbahn bei Rastatt war der GAU für den Schienenverkehr: Sieben Wochen lang war kein Güterverkehr möglich, alleine den Eisenbahnunternehmen sei damals unter anderem durch Umsatzausfälle ein Schaden von rund 100 Millionen Euro entstanden, sagt Peter Westenberger, Chef des Verbands Die Güterbahnen. Und wie ist die Lage heute, fünf Jahre nach dem Desaster?
Gleise sackten am 12. August 2017 ab
„Fünf Jahre seit der Rastattsperre – Bis heute kein Tunnel und keine Entschädigung“, steht auf der Lok, die am Gleis 1 am Bahnhof Rastatt einfährt. Der Verband Die Güterbahnen trägt – direkt am Bahnsteig – seine Kritik an der Deutschen Bahn vor. „Fünf Jahre keine Entschädigung, das ist viel zu lange“, sagt Westenberger. Doch den Güterverkehrexperten treibt neben den Entschädigungen auch noch die Frage nach der Zukunft um.
Am 12. August 2017 hatte es beim Bau der Unterquerung der bestehenden Rheintalbahn eine Havarie im Tunnel gegeben. Die Gleise darüber sackten ab. Um den Schaden zu begrenzen, pumpten Arbeiter große Mengen Beton auf 160 Meter Länge in die Röhre, in der noch die Tunnelbohrmaschine Wilhelmine steckte. 2013 war mit dem Tunnelbau begonnen worden, normalerweise hätte dieser nach fünf bis sechs Jahren fertig sein können. Nun dauert es wohl mehr als doppelt so lang – die Fertigstellung der beiden zusätzlichen Gleise im Tunnel ist nun für Ende 2026 geplant.
Auch fünf Jahre nach dem Unfall ist die Ursache weiterhin nicht bekannt. Westenberger kritisiert auch, dass es fast vier Jahre dauerte, bis die Bahn sich entscheiden konnte, eine Baugrube zu erstellen – zur Bergung der 80 Meter langen Vortriebsmaschine. Lange hatte die Bahn den Untergrund untersuchen lassen, Probebohrungen gemacht, ehe nun im vergangenen April die Gleistrasse verschwenkt und die nach dem Unfall gegossene 200 Meter lange Betonplatte über der Unfallstelle entfernt werden konnte.
Tausende und Abertausende Kubikmeter Beton wurden seit 2017 in den Untergrund gepumpt. Etwa 10 500 Kubikmeter, so die damaligen Angaben, waren es in dem beschädigten Tunnelteil. Für die Erstellung der Baugrube zur Hebung der Wilhelmine werden erneut 27 000 Kubikmeter Aushub anfallen. Danach kommt die in etwa gleiche Menge Beton in den Untergrund. Auf einer Länge von 200 Metern wird eine 1,5 Meter dicke Schlitzwand aus Stahlbeton 45 Meter tief in die Erde gerammt. Sie soll die künftige Baugrube vor Eindringen von Grundwasser schützen. Die Vortriebsmaschine Wilhelmine liegt in etwa 20 Metern Tiefe.
Vortriebsmaschine wird 2023 geborgen
All das braucht Zeit: etwa neun Monate, bis Mitte 2023, werden die Arbeiten andauern. Baubeginn ist im September, wie eine Sprecherin der Bahn ankündigt. Im April wurden Anlieger in Rastatt mit einer dicken Broschüre über Details informiert. Die Hebung der Vortriebsmaschine, die in Einzelteile zersägt werden soll, nimmt wohl den Rest des Jahres 2023 in Anspruch. Erst dann kann in offener Bauweise das fehlende, circa 200 Meter lange Stück der Oströhre des Tunnels in Angriff genommen werden.
Aus Sicht des Güterverkehrsverbands könne man doch zumindest jetzt schon – als eingleisige Trasse – die nicht havarierte Weströhre des Tunnels in Betrieb nehmen. Die Bahn äußert sich nicht dazu. Sven Flore, der stellvertretende Vorsitzende des Verbands, zeigt sich erschüttert über die unvorstellbar langen Zeiträume: „Die Bahn rechnet nun mit einer Inbetriebnahme der vier Kilometer langen Tunnelstrecke im Dezember 2026“, sagt er. Das seien neuneinhalb Jahre nach der Havarie, mehr als 13 Jahre nach Baubeginn und sage und schreibe immerhin „28 Jahre nach dem Planfeststellungsbeschluss“.