Der Rheinneckarblog hatte absichtlich Fakenews veröffentlicht Foto: dpa (Symbolbild)

Ein Bericht über einen erfundenen Terroranschlag hat dem „Rheinneckarblog“ aus Mannheim massive Kritik eingehandelt und die Staatsanwaltschaft auf den Plan gerufen. Sie prüft, ob eine Straftat vorliegt.

Mannheim -

Der Bericht in einem Internet-Blog über einen angeblichen Terroranschlag beschäftigt die Staatsanwaltschaft Mannheim. Sie prüft, ob ein Anfangsverdacht für eine Straftat besteht, wie eine Sprecherin am Montag sagte. Details dazu nannte sie nicht. Zuvor hatte auch der „Mannheimer Morgen“ darüber berichtet.

Das „Rheinneckarblog“ hatte am Sonntag einen Text über einen angeblichen Anschlag mit 136 Toten in Mannheim publiziert - die örtliche Polizei in Baden-Württemberg hatte per Twitter widersprochen. In dem Blog war die Rede von 50 Angreifern, die für ein „Blutbad apokalyptischen Ausmaßes“ verantwortlich seien.

Der Deutsche Presserat teilte am Montag auf Anfrage mit, es seien vier Beschwerden gegen den Bericht eingegangen. Die Kritik am „Rheinneckarblog“ laute, er habe eine massive Unwahrheit verbreitet und die Bevölkerung mit Absicht verunsichert. Außerdem kritisierten die Beschwerdeführer, dass die Aufklärung der Sachlage hinter einer Bezahlschranke verborgen bleibe.

„Wir prüfen jetzt, ob wir ein Verfahren gegen Rheinneckarblog einleiten“, so eine Presserats-Sprecherin. „Grundlage für unsere Prüfung ist, ob ein Verstoß gegen Ziffer 1 Pressekodex und das Wahrhaftigkeitsgebot der Presse vorliegt.“ Darin heißt es: „Die Achtung vor der Wahrheit, die Wahrung der Menschenwürde und die wahrhaftige Unterrichtung der Öffentlichkeit sind oberste Gebote der Presse. Jede in der Presse tätige Person wahrt auf dieser Grundlage das Ansehen und die Glaubwürdigkeit der Medien.“

Staatsanwaltschaft prüft

Der Redaktionsleiter des Blogs, Hardy Prothmann, erklärte in einem Beitrag am Montag: „Wir haben Fake News veröffentlicht, die morgen schon Realnews sein könnten.“ Die „Story“ sei erfunden und der Autor ein „Gonzo-Reporter, der Fiktion und Fakten mischt“. Als „Gonzo“-Journalismus, eine Erfindung des US-Autors Hunter S. Thompson, wird der Mix von Realem und Erdachtem bezeichnet. „Wir wollten definitiv keine Massenpanik erzeugen, wohl aber Aufmerksamkeit - für mögliche Bedrohungslagen, aber auch für Fake News.“

Der Deutschen Presse-Agentur sagte Prothmann: „Ich habe einen fürchterlichen Beweis geführt über die Inkompetenz der Gesellschaft im Umgang mit Informationen.“ Vernünftige Menschen hätten innerhalb kürzester Zeit merken können, dass das Ganze nicht stimmt. „Ich habe Leute vorgeführt - aber die allermeisten haben sich vorführen lassen.“ Er habe außerdem niemandem Schaden zufügen wollen.

Eine Sprecherin der Stadt Mannheim teilte mit: „Oberbürgermeister Peter Kurz wurde im Dezember von Herrn Hardy Prothmann über seine Absicht informiert, einen fiktionalen Text zu veröffentlichen. Er hat Herrn Prothmann darauf hingewiesen, dass der Text hoch problematisch sei, und bat Herrn Prothmann, diesen nicht zu veröffentlichen.“ Der Bitte sei Prothmann zunächst nachgekommen. Deshalb sei die Veröffentlichung am Sonntag für die Stadt überraschend gewesen.

Für den Vorsitzenden des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV), Frank Überall, sind Prothmanns Rechtfertigungen nicht überzeugend: „Den Namen eines journalistischen Mediums zu nutzen, um Desinformation zu verbreiten - und sei es nur probehalber - halte ich für falsch“, sagte er. „Ich kann nachvollziehen, wenn das Blog das Ansinnen hat, Debatten über Desinformation zu führen. Aber der Text kommt als seriöser Artikel daher, nicht als Gonzo oder Satire.“ Die Argumentation, das sei von vorneherein erkennbar gewesen, halte er für falsch, sagte Überall. „Das hat mit Journalismus nichts zu tun.“