Weltreise statt Handball: Kim Ekdahl du Rietz spielt bald nicht mehr für die Rhein-Neckar Löwen. Foto: dpa

Der Weltklassehandballer Kim Ekdahl du Rietz beendet mit nur 27 Jahren seine Karriere bei den Rhein-Neckar Löwen. Seine nächste Aufgabe: eine Weltreise.

Heidelberg - Die Wohnung in Heidelberg ist gekündigt und eine weitere Entscheidung hat Kim Ekdahl du Rietz schon getroffen. „Ich habe mir in Lund einen Schrebergarten gekauft. Da ist eine Hütte mit 15 Quadratmetern drauf, da kann ich meine Sachen hinbringen“, erzählt der Handballer der Rhein-Neckar Löwen. Am Samstag absolviert der Schwede sein letztes Profispiel als Handballer, nach dem Match gegen die MT Melsungen und der folgenden Meisterfeier mit der Mannschaft beendet er seine Karriere – und das im Alter von 27 Jahren!

Kim Ekdahl du Rietz gehörte viele Jahre zu den besten Spielern im linken Rückraum. Mit der schwedischen Nationalmannschaft gewann er die Silbermedaille bei den Olympischen Spielen. Zuletzt wurde er mit den Löwen zwei Mal Deutscher Meister. Doch erfüllt hat ihn der Sport nicht. Und deshalb hört er jetzt damit auf, seinen Vertrag mit dem Club löste er vorzeitig auf. Er möchte neue Sprachen lernen, die Welt kennenlernen – einfach etwas anderes machen als was ein Handball-Profi tut.

„Das ist ja nicht das wahre Leben“

„Von außen betrachtet ist das schwer zu verstehen, das weiß ich natürlich auch“, sagt Kim Ekdahl du Rietz. Er weiß, dass viele tausend Jugendliche auf der ganzen Welt davon träumen, in einer Situation wie er zu sein. Sie träumen davon, vor 10000 und noch mehr Zuschauern den harzigen Ball mit voller Wucht ins Tor zu werfen, sie träumen davon, für ihr besonderes Talent bewundert und geliebt zu werden – und sie träumen davon, viel Geld mit ihrer Leidenschaft verdienen zu können.

„Das alles ist für mich aber kein Gradmesser für Glück“, versucht der Schwede zu erklären, was schwer verständlich bleibt. Der Mann aus Lund in Südschweden träumte nie davon, Profi-Handballer zu werden. Ekdahl du Rietz begann mit dem Sport, weil es seine Freunde auch taten – und er blieb dabei, weil er halt besser als alle anderen war. Es sind sicher sehr schöne Gefühle, ein entscheidendes Tor zu werfen oder mit seinen Kollegen einen Sieg zu bejubeln. Das war schon früher in Lund so, und das ist es auch heute noch bei den Rhein-Neckar Löwen. „Das sind tolle Momente, aber sie sind immer nur kurz da“, sagt Ekdahl du Rietz.

Der Alltag im Leben eines Handball-Profis ist weniger weit entfernt von der Normalität als das eines Fußballers. Und doch hat es nicht so viel gemein mit der Realität. „Das ist ja nicht das wahre Leben, einmal am Tag ein bisschen mit den Kumpels trainieren und schwitzen“, hat das der einstige deutsche Weltklasse-Torhüter Andreas Thiel einmal passend beschrieben. Ekdahl du Rietz will das wahre Leben spüren, der Status eines Profisportlers hat ihn nie ausgefüllt. Seine Wohnung in Heidelberg sieht aus wie die typische Bude eines Psychologie-Studenten – es herrscht das geordnete Chaos. Das Bild stimmt, schließlich studiert der Schwede Psychologie und wird im Sommer damit fertig sein. Arbeiten will er in diesem Bereich aber nicht, das Studium war für ihn nur ein Zeitvertreib zwischen den Trainingseinheiten.

Ekdahl du Rietz verabschiedet sich in der Halle

„Ich wollte mein Leben sinnvoll füllen“, sagt Ekdahl du Rietz. Im Gegensatz zu vielen seiner Kollegen fährt er kein Auto der Oberklasse, sondern nutzt einen Kleinwagen. Ekdahl du Rietz war schon immer anders, aber als Handballer genauso gut.

Er könnte sich nach dem ursprünglichen Vertragsende im Sommer 2018 seinen neuen Club aussuchen, und vermutlich auch jeden Gehaltswunsch erfüllen lassen. Es gibt im linken Rückraum schließlich nur sehr wenige Spieler, die ähnliche Qualitäten besitzen. Doch darum geht es Ekdahl du Rietz nicht mehr. „Ich möchte in Bewegung bleiben, viel reisen und Eindrücke sammeln“, sagt er. Der Handball war für ihn kein Vehikel dabei, eher ein Bremsklotz.

Den ist er nach Samstag los, und darauf freut er sich. Mit Respekt sieht er seinem Abschied in der Halle entgegen. „Vermutlich werden bei mir ein paar Tränen fließen“, blickt Ekdahl du Rietz voraus. 50 Karten hat er für seine Freunde gekauft, 15 davon kommen aus seiner Heimat in Schweden. Sie alle wollen ihn Handball spielen sehen, ein letztes Mal noch.