Der Solar-Deal ist perfekt: Dieter Manz (vorne links im Bild) nach der Vertragsunterzeichnung mit Vertretern von Shanghai Electric und Shenhua. Foto: Manz AG

Der Reutlinger Maschinenbauer setzt auf chinesische Kooperationspartner bei der Weiterentwicklung der Dünnschicht-Photovoltaik und hat bereits Großaufträge über 263 Millionen Euro zum Bau von Solar-Produktionsanlagen abgeschlossen.

Reutlingen - Der Reutlinger Maschinenbauer Manz hat mit 263 Millionen Euro den größten Auftrag der Firmengeschichte erhalten – der toppt sogar den Gesamtumsatz des Unternehmens. Zum Vergleich: 2015 lag der Manz-Umsatz – mit den drei Geschäftsbereichen Solar, Elektronik und Batteriegeschäft – bei 220 Millionen Euro. Der chinesische Manz-Großaktionär Shanghai Electric hat gemeinsam mit dem chinesischen Kohleunternehmen Shenhua die größte Produktionslinie für Dünnschicht-Solarmodule in China und die zweitgrößte weltweit bestellt. Gleichzeitig hat Manz mit den beiden Unternehmen eine strategische Zusammenarbeit bei der Dünnschicht-Solartechnologie – im Fachjargon CIGS-Technologie – vereinbart. „Heute ist ein großer Tag für unser Unternehmen und für die gesamte Solarindustrie“, freute sich Dieter Manz, Gründer und Vorstandschef des Unternehmens, nach der Vertragsunterzeichung. Der Auftragswert von 263 Millionen Euro umfasst im Grund zwei Großaufträge für Manz: die bereits genannte Produktionslinie mit 306 Megawatt Kapazität, die im chinesischen Chongqing errichtet wird, und eine Forschungslinie mit 44 Megawatt Kapazität, die von einem Forschungs-Gemeinschaftsunternehmen betrieben wird und die Entwicklung der CIGS-Dünnschicht-Technologie vorantreiben soll.

Zwei Gemeinschaftsunternehmen mit zwei chinesischen Partnern

Auftraggeber sind zwei verschiedene Gemeinschaftsunternehmen, in denen die Kooperationspartner Shanghai Electric, Shenhua Group und Manz ihre Stärken bündeln. Manz-Aktionär Shanghai Electric ist Chinas größter Maschinenlieferant für Energieerzeugung mit gut zehn Milliarden Euro, Shenua das größte Kohleunternehmen Chinas und gleichzeitig weltgrößter Betreiber von Kohleminen, der angesichts chinesischer Klimaschutzziele auf klimafreundlichere Energien umsteuern will.

Im Einzelnen sehen die Deals folgendermaßen aus: Ein neu gegründetes Forschungs-Joint-Venture übernimmt die bisherige Manz-Forschungsgesellschaft, die Manz CIGS Technology GmbH in Schwäbisch Hall, für 50 Millionen Euro. Manz wiederum übernimmt an dem Joint Venture 15 Prozent für 25 Millionen Euro. Die weiteren Anteile werden durch Shanghai Electric und Shenhua gehalten, die 150 Millionen Euro einbringen. Für Schwäbisch Hall wurde eine Standort- und Arbeitsplatzgarantie für die kommenden fünf Jahre vereinbart. Derzeit sind dort rund 100 Mitarbeiter beschäftigt. Die Zahl werde weiter steigen, sagte Manz. Durch den Einstieg der beiden chinesischen Unternehmen spart sich Manz jährliche Kosten von 15 bis 20 Millionen Euro am Standort Schwäbisch Hall. Zusammen mit der Auftragspipeline und damit weiterem immensen Potenzial bilde dies die Basis für eine profitabele Unternehmensentwicklung von Manz, sagte Dieter Manz. Das zweite Joint Venture bezieht sich auf die Ausrüstung: Bei diesem so genannten Equipment-Joint-Venture ist Manz mit 56 Prozent Mehrheitseigner, wobei Shanghai Electric und Shenhua die übrigen Anteile halten. Dieses Gemeinschaftsunternehmen soll exklusiv für den Vertrieb in China zuständig sein und Ingenieurdienstleistungen erbringen. Umsatz und Erträge werden voll bei Manz in die Bilanz eingehen. Folgeaufträge für weitere Solar-Produktionsanlagen in China sollen über dieses Joint Venture abgewickelt werden. Aufträge außerhalb Chinas werden ausschließlich von der Manz AG bedient.

Möglicher Technologietransfer als Wermutstropfen

Man habe umfangreiche Lizenz- und Know-how-Verträge abgeschlossen, sagte Dieter Manz. Die Gefahr, das Know-how abfließe habe man bei jedem Partner. „Das können Sie nur beeinflussen, wenn Sie die Mehrheit haben, aber das war keine Option“, sagt er. Die eigentliche Maschinenbau-Technologie bleibe in Reutlingen, wo weitere Stellen geschaffen werden sollen. Er verglich den Deal mit einer guten Mahlzeit. „Das Kochrezept kommt vom Joint Venture, den Backofen und Herd machen wir“, sagte Manz. „Das ist der Durchbruch im Solargeschäft, bei dem wir viele Jahre gelitten und Verluste gemacht haben“, sagte der Manz-Gründer, der enormes Potenzial sieht. Beide chinesischen Partner wollten im „Gigawatt-Maßstab“ in China investieren. Die Installation der Produktlinien soll 2017 beginnen und 2018 abgeschlossen werden. Der Großteil werde erst im nächsten Jahr umsatz- und ergebniswirksam, aber schon in diesem Jahr dafür sorgen, dass Manz wieder die Gewinnschwelle erreiche, so Manz weiter.

Großaktionär Shanghai Electric ist seit Frühjahr 2016 an Bord

Mit Shanghai Electric hatte sich Manz im Frühjahr einen neuen Großaktionär an Bord geholt, weil der Mittelständler nach Verschiebungen und Stornierungen verschiedener Großaufträge in Schwierigkeiten geraten war und einen Partner brauchte, um die CIGS-Dünnschicht-Technologie zu kommerzialisieren. Shanghai Electric hält 19,6 Prozent an Manz – mit der Option bis Mai auf über 30 Prozent aufzustocken. Damit könnten die Chinesen Dieter Manz überstimmen, der mit seiner Frau rund 27 Prozent hält.

Die Nachricht von der Kooperation samt Großaufträgen kam an der Börse gut an. Die Manz-Aktie stieg zwischenzeitlich um 13 Prozent. Erkan Aycicek, Energie-Analyst bei der LBBW, wertete den Großauftrag als positiv für Manz, weil der Maschinenbauer die CIGS-Technologie fortführen könne. „Der Auftrag stellt sicher, dass Manz bisherige Verluste vermeiden kann und im Solargeschäft eine mittel- und langfristige Perspektive hat“, sagte Aycicek unserer Zeitung. Es seien auch Folgeaufträge zu erwarten. Ein kleiner Wermutstropfen sei allerdings der Technologietransfer nach China. Der LBBW-Analyst bekräftigte die „Halten“-Empfehlung für die Manz-Aktie und erhöhte das Kursziel von 36 auf 40 Euro.

Manz als Industriepartner des ZSW in Stuttgart

Mit der Manz CIGS Technologie GmbH hatte Manz 2012 das Solargeschäft vom Schraubenkonzern Würth übernommen und die Technologie jahrelang mit dem Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW in Stuttgart) entwickelt. Michael Powalla, ZSW-Vorstand und Leiter des Geschäftsbereichs Fotovoltaik bewertete die nun geschlossenen Vereinbarungen als einen Durchbruch. „Die Investition in die Massenfertigung und Weiterentwicklung der CIGS-Dünnschichtphotovoltaik ist ein großer Erfolg für unser Institut. Die Entwicklung der hoch effizienten Dünnschichttechnologie, die wir vor rund 20 Jahren begonnen haben und seit 2010 mit der Manz AG weiterführen, gewinnt jetzt echte Relevanz für den Markt.“ Nach der Vereinbarung für China erwarten ZSW und Manz nun neuen Schwung und den Einstieg von Investoren in anderen Märkten. Interessenten gebe es bereits, teilten beide mit.