Finnley hat eine „Vermisste“ auf dem Schulgelände aufgespürt und seinen Hundeführer Uwe Heck zu ihr geführt. Foto: Gottfried Stoppel

Wenn etwa ein Demenzkranker aus einem Pflegeheim entläuft, sind sie gefragt: Mantrailer. Immer öfter fordert die Polizei solche speziell ausgebildeten Suchhunde an. Ein Trainingsbesuch in Waiblingen.

Waiblingen - Für Menschen ist es nur eine Kunststofftüte mit einem getragenen Kleidungsstück darin, doch für Finnley ist der daraus entströmende Duft eine heiße Spur. Ein kurzes Schnuppern und der vierjährige Golden Retriever weiß, was zu tun ist. Der Rüde reckt seine Schnauze in die Luft, wittert und zieht dann zielstrebig los, taucht ab in die Welt der unzähligen Gerüche, die sich auf dem Gelände der Friedensschule in dem Waiblinger Teilort Neustadt befinden.

Uwe Heck, sein Hundeführer am anderen Ende der mehrere Meter langen Leine, folgt ihm. Das, was Finnley in seiner feinen Nase hat, kann er allenfalls erahnen. Aber mit jeder seiner Bewegungen informiert ihn der Rüde gewissermaßen darüber. Uwe Hecks Job ist, das Verhalten seines Hundes richtig zu deuten. Erfüllt Finnley noch seine Aufgabe oder ist ihm inzwischen eventuell anderes in den Sinn gekommen, etwa eine läufige Hündin? Doch der Goldie lässt sich von seinem Trail, wie eine individuelle Geruchsspur in der Fachsprache genannt wird, durch nichts abbringen. Rasch hat er die „Vermisste“ aufgestöbert, von der er dann Leckerlis zur Belohnung bekommt. Denn noch ist alles nur eine Übung.

Geprüfte Teams sind rar gesät

Zu dieser hat sich die Rettungshundestaffel Rems-Murr Thomas Gölz eingeladen. Gölz ist Mantrailing-Ausbilder bei den Kollegen der Staffel Mittlerer Neckar, die ebenfalls dem Bundesverband Rettungshunde (BRH) angeschlossen ist – und ein gefragter Mann. Seit 14 Jahren ist er im Mantrailing aktiv. Drei eigene Hunde hat er bereits in der Personensuche ausgebildet, bei welcher die Tiere eine Geruchsprobe eines Menschen präsentiert bekommen, um dann allein dessen individuellem Duft zu folgen. Gölz hat mit ihnen schon mehr als 100 Einsätze absolviert. Mehrere Hundert Kilometer legt er oftmals zurück, um an einen Einsatzort zu gelangen, denn Mantrailing-Teams mit bestandener Einsatzprüfung sind rar gesät. Im Rems-Murr-Kreis gibt es noch keines.

Doch das soll sich ändern. „Wir haben derzeit vier Teams in Ausbildung“, sagt der Vorstand der Rettungshundestaffel Rems-Murr, Markus Daiß. Damit reagiere man auf eine zunehmende Nachfrage der Polizei, die neben Flächensuchhunden auch immer öfter Mantrailer anfordere.

Mantrailer aus anderen Landkreisen helfen aus

Diese Tendenz bei den Alarmierungen, die in der Integrierten Leitstelle in Waiblingen eingehen, kann auch Heiko Fischer bestätigen. Er ist der Kreisbereitschaftsleiter des Deutschen Roten Kreuzes Rems-Murr. Bisher bediene man sich in solche Fällen aus dem Pool der Landesarbeitsgemeinschaft, zu der sich DRK, Malteser und der Bundesverband Rettungshunde (BRH) zusammengeschlossen haben. Im Konkreten bedeute das: Wird ein Mantrailer im Kreis gebraucht, müsse auf Teams aus Böblingen oder Schwäbisch Gmünd zurückgegriffen werden. Dazu komme, dass diese alle ehrenamtlich arbeiten und daher tagsüber nicht immer verfügbar seien.

„Die häufigsten Fälle sind, dass jemand wegen Orientierungslosigkeit vom Spaziergang nicht mehr heim kommt oder aus einem Pflegeheim entwischt“, berichtet Fischer. Aber auch wenn Suizidgefährdete vermisst werden, würden Rettungshunde angefordert. Dabei sei es oft so, dass ein Mantrailer die Richtung vorgebe und außerorts dann Flächensuchhunde zum Einsatz kämen.

Es besteht also Bedarf für beiderlei vierbeinige Spezialisten. Auf diesen reagiert auch die Rettungshundestaffel des DRK-Ortsvereins Kernen. Sie verfügt über 26 geprüfte Flächensuchhunde und ist dabei, zusätzlich eine Mantrailing-Gruppe aufzubauen. Aktuell habe man dafür drei Teams in Ausbildung, sagt Michael Filippi, der Bereitschaftsleiter des DRK Kernen. Doch das gehe nicht hoppla hopp. „Die Ausbildung ist langwierig und nicht ganz einfach“ – und die Prüfungsanforderungen seien hoch gesteckt. So müssten die Hunde etwa in der Lage sein, auch einem 24 Stunden alten Trail noch zu folgen.