Die Hundeführerin Lea Klaiber mit Clooney, die Staffelleiterin Claudia Welisch mit Betty und die Hundeführerin Bettina Elsasser mit Flo (von links) trainieren regelmäßig den Ernstfall in unterschiedlichen Gegenden. Foto: factum/Simon Granville

Werden Vermisste im Gelände gesucht, kommt oft die Rettungshundestaffel der Johanniter zum Einsatz. Seit diesem Sommer hat die Staffel in Böblingen eine neue Leiterin.

Böblingen/Schönaich - Bettina Elsasser hockt im Dunkeln hinterm Haus des Schützenvereins Schönaich. Ihre kleine Lampe, die ihr gerade noch den Weg geleuchtet hat, ist ausgeschaltet. Aus der Ferne ist ein Glöckchen zu hören, das näherkommt. Dann taucht ein Labrador Retriever vor Elsassers Gesicht auf und bellt sie aus voller Kehle an. Beim achten Mal holt die 57-Jährige einen mit Futter gefüllten Stoffbeutel hervor und wirft ihn der Hündin vor die Füße, sie trägt die Belohnung schwanzwedelnd davon. Wenige Sekunden später kommt Claudia Welisch um die Ecke des Vereinsheim.

Sie trägt orangefarbene Einsatzkleidung mit Lichtreflektoren. Auf ihrem Rücken steht „Johanniter“ – und „Rettungshundestaffel“. Doch Welisch ist nicht nur eine ausgebildete Hundeführerin in der Rettungshundestaffel Württemberg, die ihren Sitz in Böblingen hat. Seit diesem Sommer ist sie auch die neue Staffelleiterin. Die 38-Jährige hat damit Osman Ecevit abgelöst, der sein Amt nach 22 Jahren Staffelzugehörigkeit und 17 Jahren als Leiter der Hundestaffel abgegeben hat. Welisch ist seit mehr als sieben Jahren in der Rettungshundestaffel aktiv, zuerst in Göppingen, seit knapp drei Jahren in Böblingen.

Die Staffel trainiert zweimal pro Woche

Zurück hinter das Schützenhaus: Elsasser ist nicht verletzt, die Suche diente der Übung. Die Frau trägt selbst Einsatzkleidung, sie ist Teil der Staffel und bildet ihren dreieinhalbjährigen Border Collie Flo zum Rettungshund aus. Wer gerade nicht selbst sucht, spielt verletzt – oder schaut zu. So läuft das immer ab, wenn die Staffel dienstags und sonntags in unterschiedlichen Waldgebieten für den Ernstfall trainiert. Das ist immer dann der Fall, wenn vermisste Personen schnellstmöglich gefunden werden müssen: ältere, verwirrte Menschen; Kinder, die sich beim Spielen verlaufen haben; Jogger, die nach einem Unfall hilflos im Wald liegen.

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„Wir haben ungefähr einen Einsatz im Monat“, schätzt Welisch. In den meisten Fällen tauchten die Vermissten einfach wohlbehalten wieder auf. Oft würden sie auch durch die Polizei gefunden. Trotzdem komme es immer wieder vor, dass Rettungshunde Menschen fänden – lebend und tot.

Fordert die Polizei die Hundestaffel an, dürfen nur geprüfte Hunde zum Einsatz ausrücken. Bei der Staffel in Böblingen sind das derzeit vier der insgesamt 13 Staffelmitglieder. Alle anderen unterstützen als Einsatzhelfer in der Suchkette.

Belohnt wird mit Spielzeug oder Futter

Zweieinhalb bis drei Jahre dauert die Ausbildung zum sogenannten Flächensuchhund, die mit einer Prüfung für Mensch und Hund abgeschlossen wird. Die Hunde lernen dabei, ein bestimmtes Gebiet nach Menschen zu durchsuchen. Finden sie eine Person, die sitzt oder liegt, oder eine, deren Bewegungen unnatürlich sind, zeigen sie ihrem Hundeführer den Fund auf ganz unterschiedliche Arten an. „Wichtig ist, dass man positiv bestätigt und nicht mit Gewalt arbeitet“, sagt die Staffelleiterin. Das kann mithilfe eines Spielzeugs passieren, mit Futter oder einer Kombination aus beidem.

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Welisch weiß: Es gibt Rassen, wie den Border Collie oder den Labrador, die sich besser als Rettungshunde eignen als andere. „Ein Beagle hat die Nase am Boden, der wäre dann eher für das Mantrailing geeignet.“ Dabei wird der Hund mithilfe eines Gegenstands des Vermissten auf die Suche geschickt und nimmt dessen Geruch auf. Solche Hunde werden in Böblingen nicht ausgebildet, auch die Ausbildung zum Trümmersuchhund, die in eingestürzten Gebäuden nach Verschütteten suchen, bietet Welisch nicht an. Das hat zwei Gründe, erklärt Welisch. Weil man das hier in Deutschland selten anwenden könne, und weil einem bewusst sein müsse, dass der Hund vielleicht nicht aus den Trümmern zurückkomme. „Wir wollen unsere Hunde nicht verlieren.“

Das jüngste Staffelmitglied ist erst 21 Jahre alt

„Super, Betty, super!“, lobt Welisch ihre siebeneinhalbjährige Hündin noch Minuten nach dem Fund. Dann ist der Mini-Australian Shepherd Clooney an der Reihe. Seine Besitzerin Lea Klaiber ist das jüngste Staffelmitglied. Die 21-Jährige beginnt bald ihr Studium. Ein Vorteil in der Rettungshundearbeit, wie Welisch findet. Denn: „Da kann man einfacher aus einer Vorlesung rausgehen, wenn ein Einsatz reinkommt.“ Bei anderen sei das nicht so einfach. Und selbst wenn der Arbeitgeber kulant sei, müsse man in Kauf nehmen, dass man Minusstunden mache, um für die Johanniter unbezahlte Arbeit zu leisten. „Ich sage immer, Rettungshundearbeit ist mehr als ein Hobby, es ist eine Lebenseinstellung“, sagt Welisch.