DRK-Mitarbeiter fordern bei einer Streikversammlung in Stuttgart mehr Geld, aber auch bessere Arbeitsbedingungen Foto: dpa

Die Retter in Baden-Württemberg werden selbst zum Notfall: Mit dem vorhandenen Personal lassen sich die vielen Einsätze kaum noch bewältigen. Mancherorts fallen Schichten aus.

Stuttgart - Immer mehr Einsätze, gleichzeitig zu wenige Leute: Dem Rettungsdienst in Baden-Württemberg stehen schwere Zeiten bevor. „Uns droht der Kollaps“, sagte ein Mitarbeiter eines Kreisverbandes des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) in der Region Stuttgart unserer Zeitung. Es fielen bereits Schichten aus, weil Leute fehlen. Das DRK bewältigt im Land die meisten Einsätze.

„Wir haben große Probleme und sehen die Entwicklung mit Sorge“, sagt Udo Bangerter, Sprecher des Landesverbandes Baden-Württemberg. Allein das Rote Kreuz benötige mehrere Hundert zusätzliche Mitarbeiter. Grund ist die neue Ausbildung zum Notfallsanitäter. Weil die länger dauert als die der bisherigen Rettungsassistenten und zuletzt viele Interessenten die Umstellung abgewartet haben, klafft eine große Lücke. „In vier, fünf Jahren haben wir wieder genug Absolventen – aber die Frage ist, wo wir jetzt Mitarbeiter herbekommen“, so Bangerter.

Notruf wegen Fieber

Verschärft wird die Lage dadurch, dass die Zahl der Einsätze seit Jahren kontinuierlich steigt. Deshalb müssen neue Rettungswagen in Betrieb genommen werden, für die ebenfalls Personal gebraucht wird. Der DRK-Kreisverband Baden-Württemberg zählt inzwischen über eine halbe Million Rettungsdiensteinsätze pro Jahr. Beim Badischen Roten Kreuz, das für Südbaden zuständig ist, sind die Zahlen seit 2010 um über 20 Prozent auf 189 000 Einsätze gestiegen. „Manche Leute rufen inzwischen den Notarzt, weil sie Fieber haben“, sagt Sprecherin Karin Bundschuh. In Stuttgart lag der Wert im ersten Halbjahr 2016 bei 32 800 Einsätzen – im gesamten Jahr 2014 waren es 61 200.

Hinzu kommt die psychische Belastung. Viele Mitarbeiter sprechen von fehlendem Respekt der Patienten. Auch die zunehmenden Terrorlagen spielen eine Rolle. Von technischem Schutz wie stichsicheren Westen hält man beim DRK allerdings nichts. Stattdessen setzt man auf Deeskalationstraining.