Caroline Walther behebt einige Schäden, die sich im Laufe der Jahre am großen Kruzifix ergeben haben. Foto: Kuhn

Die Grieshaberwand, das Kruzifix und Gemälde der Stadtkirche werden restauriert.

Untertürkheim - Wattebausch, Tupfer, Pinzetten, feine Pinsel und viele Farbtöpfchen – viele Handwerkzeuge, mit denen Ursula Fuhrer und ihr Team seit Wochen in der Stadtkirche arbeiten, finden sich auch in ähnlicher Form in den Kosmetiktäschchen mancher Frauen. Doch die vier Restauratorinnen benötigen die Hilfsmittel nicht zum Eigengebrauch. Mit viel Fingerspitzengefühl, Geduld und Erfahrung frischen sie die Kunstschätze der Stadtkirche auf.

Ihre größte Herausforderung ist die Grieshaberwand. Neun Meter breit, sieben Meter hoch – ein monumentales sowie einzigartiges Kunstwerk. Mitglieder der evangelischen Kirchengemeinde hatten den bekannten Holzschnitt-Künstler von der Reutlinger Achalm vor fast 50 Jahren überzeugt, dass Grieshabers Werk in die Stadtkirche passt. Es sollte die neue Trennwand verzieren. Die verschiebbare Chorwand sollte bei Bedarf wie ein großer Paravent die Kirche von dem dahinter liegenden Raum trennen können. Grieshaber entschied sich, die Josephslegende darzustellen. „Auf 36 Tafeln, die auf sechs Paneelen aufgetragen sind“, sagt Restauratorin Ursula Fuhrer. Er fertigte 36 Motive der alttestamentarischen Geschichte per Linolschnitt an und druckte sie schwarz auf Japanpapier. Die Drucke kolorierte er dann farbig mit Pastellkreide.

Leichte Schäden

In den vergangenen Jahrzehnten hat das Kunstwerk – beispielsweise durch das Verschieben der Wandtafeln – leichte Schäden erlitten. Die Kirchengemeinde nutzte die Umgestaltung der Kirche, um auch die Grieshaberwand und die anderen Kunstwerke in der St. Germanus-Kirche auffrischen zu lassen. Schließlich konnten die Restauratorinnen die 36 Tafeln dank des Gerüsts genauer unter die Lupe nehmen. „An einigen Stellen hat sich das Papier gelöst, zudem haben wir Fingerabdrücke und Fremdkörper wie Farbe, Überreste von Insekten und Klebstoffen oder Spinnweben entdeckt. An einigen Stellen gibt es Stoßverletzungen und es fehlen Schrauben, mit denen das Papier an die Aluminiumplatten befestigt waren“, erzählt Fuhrer. Akribisch wurden die „Schäden“ dokumentiert und dann vorsichtig der erste Grobschmutz entfernt. „Mit Watte und Spezialmitteln haben wir das Papier von größeren Fremdkörper befreit“, sagt Fuhrer. Eine mühevolle Arbeit. Für die Restauratorinnen bedeutet das: Zentimeter um Zentimeter der 63 Quadratmeter mächtigen Wand einzeln abtupfen oder mit Pinseln reinigen. Erst danach konnten die Restauratorinnen sich um die anspruchsvolleren Makel wie Risse im Japanpapier kümmern. Für jeden einzelnen Schaden wurde ein „individueller“ Therapieplan entwickelt. Auf einem wackligen Gerüst stehend, trägt Annette Kessler mit einem kleinen Pinsel ein Spezialklebemittel auf die Alu-Platte hinter dem Japanpapier auf. Doch wie presst man das Papier anschließend gegen die Platte einer senkrecht stehenden Wand? Fuhrer und ihre Kolleginnen behelfen sich mit einer Schraubstock -Holz-Konstruktion. „Natürlich ist dies aufwendig, doch es ist auch eine Ehre, solch ein Kunstwerk restaurieren zu dürfen“, freut sich Fuhrer.

Es ist nicht der einzige Auftrag. Im Raum hinter der Grieshaberwand liegt das Kreuz mit der Jesusfigur. Caroline Walther sorgt fürs „Make up“ des Gekreuzigten. „Der Strahl und die Dornenkrone waren abgebrochen, es gibt einige Risse, die geklebt werden müssen“, sagt die Restauratorin. Wenige Meter dahinter beschäftigt sich Christina von Buchholtz mit der Pfarrertafel. Auch sie hatte große Risse, die gefestigt und gekittet werden müssen. Die anderen Kunstwerke und Gemälde hat Fuhrers Team bereits in den vergangenen Monaten im eigenen Atelier restauriert. Sie werden wie die Grieshaberwand, die historischen Wandgemälde, die dann wieder eingebaute und frisch „gestimmte“ Orgel sowie das veränderte Ambiente im Herbst die Stadtkirche zu einem Gesamtkunstwerk machen. Im Herbst ist die feierliche Wiedereröffnung des Untertürkheimer Wahrzeichens geplant.