Wirt und Küchenchef in einer Person: Apostolos Kelesoglu Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

In dem griechischen Lokal Tolis Cooking an der Hohenheimer Straße kocht der Chef selbst – und das ist gut so.

Stuttgart - Zu gern hätte man geschrieben, dass draußen der Verkehr vorbeirauscht und man drinnen bei Speis und Trank ans Mittelmeer denkt. Aber dem ist nicht so. Draußen vor der Tür kommt der Verkehr an diesem Abend zum Erliegen. Wie gut, dass man mit der Stadtbahn ans Mittelmeer gereist ist.

Selbst wenn die Autos vorbeirauschen würden, man könnte sie nicht hören, denn der Wirt Apostolos Kelesoglu hat die Musik eine kleine Spur zu laut aufgedreht – alles sattsam bekannte Weisen, die auch ein Nichtgriechenlandfahrer dem Land der Hellenen zuordnen kann. Spätestens beim Betreten des gemütlichen Lokals gleich neben dem Bethesda-Krankenhaus an der Hohenheimer Straße ist also klar, woher der Wind weht und dass der Name Tolis Cooking nichts mit Übersee zu tun hat. Tolis ist die Kurzform für Apostolos – und der Wirt nicht nur Gastronom, sondern als Küchenchef auch ein alter Hase am Herd.

Zur Not hilft der Chef als Übersetzer

Kelesoglu ist in Nordrhein-Westfalen aufgewachsen, seine Lehrjahre als Koch und Restaurantleiter verbrachte er in der Heimat seiner Eltern. Zuletzt betrieb er ein Lokal auf der Ferieninsel Kos. Aber die Winter dort waren wenig erquicklich fürs Geschäft und auch das Flüchtlingsproblem aus touristischer Sicht kein Segen.

Eigentlich wollte er zurück nach NRW, aber ein Freund habe ihn überredet, sein Glück in Stuttgart zu versuchen, erzählt der Chef. Unterstützt wird er im Service von seiner Frau und seinem Cousin. „Sie lernen noch Deutsch“, sagt Apostolos Kelesoglu, „aber sie lernen schnell.“ Und wenn wirklich mal Not am Mann ist, kommt der Chef gern aus der Küche und übersetzt.

Alles selbst gemacht

Wir lernen auch einiges, etwa dass die typisch griechische Vorspeisenplatte eigentlich gar nicht typisch griechisch sei – und deshalb auf der Karte fehlt. Also bestellen wir gebackene Riesenbohnen in einer feinen Tomatensoße (4 Euro), ein Schüsselchen Bekri meze (6 Euro, eine Art griechisches Gulasch) und in Olivenöl gebratene, zarte Auberginenwürfelchen (5 Euro), die fast wie Tatar auf der Zunge zergehen. „Alles, was bei uns auf den Tisch kommt, wird auch von uns gemacht“, sagt der Koch. Man glaubt das gern – und daran soll auch der Hauptgang nichts ändern.

Der Oktopus hat Biss

Ein mit Käse gefülltes Bifteki ist kross angebraten (9,60 Euro), das Hackfleisch auf den Punkt gegart. Die Calamariringe (11,90 Euro) sind nur von einer leichten Mehlschicht umhüllt. Auch an dem Oktopus vom Grill (11,20 Euro), der lauwarm auf den Tisch kommt, gibt es nichts auszusetzen. Er hat noch Biss, ist keineswegs zäh.

Höchstens Restaurantbesucher, die am Ende des Mahls auf einen Anisschnaps warten, werden enttäuscht sein. Dafür gibt es bei Tolis Cooking ungefragt zum Dessert eine Nachtischplatte mit zuckersüßen, mit Walnüssen und Pistazien gefüllten griechischen Spezereien, die uns zu der Erkenntnis bringt: Es muss nicht immer Ouzo sein.

Bewertung und Adresse

Die Bewertung:

Küche: 3,5 von 5 Sternen

Service: 3 Sterne

Ambiente: 3 Sterne

Die Beurteilung berücksichtigt auch das Preis-Leistungs-Verhältnis. Das günstige Lokal um die Ecke wird nach anderen Kriterien bewertet als ein Sternerestaurant. Der Test gibt Aufschluss über die Tagesform der Küche.